wurde, daß keine ohne kaiserliche Genehmigung gelten sollte. Nun ward der päbstliche Stuhl so gar viermal nach einander mit Teutschen Bischö- fen besetzt; schien also bald selbst in völlige Ab- hängigkeit vom kaiserlichen Hofe zu kommen.
Bischöfe und Erzbischöfe sollten zwar nachIV. der bisherigen ursprünglichen Verfassung von der Geistlichkeit und dem Volke gewehlt, und vom Kai- ser alsdann nur mit Ring und Stab belehnet werden. Allein die Wahlen geschahen selten anders, als nach dem Sinne des kaiserlichen Hofes; meist bestimmte derselbe gerade zu, wer alleine die Belehnung zu erwarten habe. So behielt der Kaiser es in sei- ner Gewalt, die geistlichen Stellen nur an solche, die ihm angenehm waren, zu vergeben, und nur solche, die ihm zugethan waren, zu jenen Stellen zu befördern, deren Vorzüge auf solche Art selbst zu Unterstützung der kaiserlichen Vorrechte und zum Gleichgewichte gegen weltliche Stände mit Nutzen gebraucht werden konnten. Doch auch mit den weltlichen Ständen suchte Henrich ein ganz anderes Verhältniß aufzubringen.
Bisher war es schon häufig geschehen, daßV. Herzogthümer von Vater auf Sohn vererbt, und beynahe als eigenthümliche Länder behandelt worden waren. Jetzt ließ Henrich ganze Herzog- thümer nach Gefallen mehrere Jahre unbesetzt, wie namentlich mit Kärnthen der Fall war. Oder er setzte ab und ein, wie es ihm gut dünkte. Einem Herzoge von Baiern nahm er sein Herzog- thum, und vergab es an seinen eignen noch ganz
unmün-
6) Henrich der III. 1039-1056.
wurde, daß keine ohne kaiſerliche Genehmigung gelten ſollte. Nun ward der paͤbſtliche Stuhl ſo gar viermal nach einander mit Teutſchen Biſchoͤ- fen beſetzt; ſchien alſo bald ſelbſt in voͤllige Ab- haͤngigkeit vom kaiſerlichen Hofe zu kommen.
Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe ſollten zwar nachIV. der bisherigen urſpruͤnglichen Verfaſſung von der Geiſtlichkeit und dem Volke gewehlt, und vom Kai- ſer alsdann nur mit Ring und Stab belehnet werden. Allein die Wahlen geſchahen ſelten anders, als nach dem Sinne des kaiſerlichen Hofes; meiſt beſtimmte derſelbe gerade zu, wer alleine die Belehnung zu erwarten habe. So behielt der Kaiſer es in ſei- ner Gewalt, die geiſtlichen Stellen nur an ſolche, die ihm angenehm waren, zu vergeben, und nur ſolche, die ihm zugethan waren, zu jenen Stellen zu befoͤrdern, deren Vorzuͤge auf ſolche Art ſelbſt zu Unterſtuͤtzung der kaiſerlichen Vorrechte und zum Gleichgewichte gegen weltliche Staͤnde mit Nutzen gebraucht werden konnten. Doch auch mit den weltlichen Staͤnden ſuchte Henrich ein ganz anderes Verhaͤltniß aufzubringen.
Bisher war es ſchon haͤufig geſchehen, daßV. Herzogthuͤmer von Vater auf Sohn vererbt, und beynahe als eigenthuͤmliche Laͤnder behandelt worden waren. Jetzt ließ Henrich ganze Herzog- thuͤmer nach Gefallen mehrere Jahre unbeſetzt, wie namentlich mit Kaͤrnthen der Fall war. Oder er ſetzte ab und ein, wie es ihm gut duͤnkte. Einem Herzoge von Baiern nahm er ſein Herzog- thum, und vergab es an ſeinen eignen noch ganz
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6) Henrich der III. 1039-1056.
wurde, daß keine ohne kaiſerliche Genehmigung
gelten ſollte. Nun ward der paͤbſtliche Stuhl ſo
gar viermal nach einander mit Teutſchen Biſchoͤ-
fen beſetzt; ſchien alſo bald ſelbſt in voͤllige Ab-
haͤngigkeit vom kaiſerlichen Hofe zu kommen.
Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe ſollten zwar nach
der bisherigen urſpruͤnglichen Verfaſſung von der
Geiſtlichkeit und dem Volke gewehlt, und vom Kai-
ſer alsdann nur mit Ring und Stab belehnet werden.
Allein die Wahlen geſchahen ſelten anders, als nach
dem Sinne des kaiſerlichen Hofes; meiſt beſtimmte
derſelbe gerade zu, wer alleine die Belehnung zu
erwarten habe. So behielt der Kaiſer es in ſei-
ner Gewalt, die geiſtlichen Stellen nur an ſolche,
die ihm angenehm waren, zu vergeben, und nur
ſolche, die ihm zugethan waren, zu jenen Stellen
zu befoͤrdern, deren Vorzuͤge auf ſolche Art ſelbſt
zu Unterſtuͤtzung der kaiſerlichen Vorrechte und
zum Gleichgewichte gegen weltliche Staͤnde mit
Nutzen gebraucht werden konnten. Doch auch
mit den weltlichen Staͤnden ſuchte Henrich ein ganz
anderes Verhaͤltniß aufzubringen.
IV.
Bisher war es ſchon haͤufig geſchehen, daß
Herzogthuͤmer von Vater auf Sohn vererbt,
und beynahe als eigenthuͤmliche Laͤnder behandelt
worden waren. Jetzt ließ Henrich ganze Herzog-
thuͤmer nach Gefallen mehrere Jahre unbeſetzt,
wie namentlich mit Kaͤrnthen der Fall war. Oder
er ſetzte ab und ein, wie es ihm gut duͤnkte.
Einem Herzoge von Baiern nahm er ſein Herzog-
thum, und vergab es an ſeinen eignen noch ganz
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/173>, abgerufen am 24.11.2024.
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