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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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7) Carolinger im Verfall 814-888.

Nach Lothars des II. Tode wurde damals imXXI.
Jahre 870. das solchergestalt erledigte Lothringische870
Königreich zwischen Ludewig dem Teutschen und
Carl dem Kahlen in zwey Hälften nach Osten und
Westen zu vertheilet. Es währte aber nicht lange,
als nach dieser beiden Herren Tode ihre Söhne
in neue Zwistigkeiten geriethen, und darüber im
Jahre 880. auch die westliche Hälfte des Lothrin-880
gischen Reichs durch einen neuen Tractat von
Frankreich an Teutschland kam, dessen Gränzen
also nunmehr über den Rhein bis an die vier
Gränzströhme von Frankreich erweitert wurden.

Nur an der Rhone und Saone gab es umXXII.
eben diese Zeit eine wichtige Veränderung, da in
dem Striche Landes von diesen Ströhmen an bis
an die Juraischen Gebirge die dortigen geistlichen
und weltlichen Stände von den damaligen Fran-
zösischen Königen gegen die Normännischen Strei-
fereyen sich nicht gnug gedeckt hielten, und lieber
879. einen eignen König Namens Boso über sich
wehlten. Daher diese Gegend vom heutigen Pro-
vence und Dauphine damals nicht mit an das Teut-
sche Reich kam, sondern ein eignes Burgundi-
sches Königreich
ausmachte.

Nicht lange hernach folgten dem BeyspieleXXIII.
auch die Einwohner an der andern Seite der Ju-
raischen Gebirge in dem heutigen Savoyen und in
der Schweiz, und wehlten Rudolfen von der Wel-
fischen Familie zu ihrem Könige. So entstanden
zwey Burgundische Königreiche diesseits und jenseits
der Juraischen Gebirge. Sie wurden aber bald
in der Welfischen Familie mit einander vereiniget,

und
7) Carolinger im Verfall 814-888.

Nach Lothars des II. Tode wurde damals imXXI.
Jahre 870. das ſolchergeſtalt erledigte Lothringiſche870
Koͤnigreich zwiſchen Ludewig dem Teutſchen und
Carl dem Kahlen in zwey Haͤlften nach Oſten und
Weſten zu vertheilet. Es waͤhrte aber nicht lange,
als nach dieſer beiden Herren Tode ihre Soͤhne
in neue Zwiſtigkeiten geriethen, und daruͤber im
Jahre 880. auch die weſtliche Haͤlfte des Lothrin-880
giſchen Reichs durch einen neuen Tractat von
Frankreich an Teutſchland kam, deſſen Graͤnzen
alſo nunmehr uͤber den Rhein bis an die vier
Graͤnzſtroͤhme von Frankreich erweitert wurden.

Nur an der Rhone und Saone gab es umXXII.
eben dieſe Zeit eine wichtige Veraͤnderung, da in
dem Striche Landes von dieſen Stroͤhmen an bis
an die Juraiſchen Gebirge die dortigen geiſtlichen
und weltlichen Staͤnde von den damaligen Fran-
zoͤſiſchen Koͤnigen gegen die Normaͤnniſchen Strei-
fereyen ſich nicht gnug gedeckt hielten, und lieber
879. einen eignen Koͤnig Namens Boſo uͤber ſich
wehlten. Daher dieſe Gegend vom heutigen Pro-
vence und Dauphine damals nicht mit an das Teut-
ſche Reich kam, ſondern ein eignes Burgundi-
ſches Koͤnigreich
ausmachte.

Nicht lange hernach folgten dem BeyſpieleXXIII.
auch die Einwohner an der andern Seite der Ju-
raiſchen Gebirge in dem heutigen Savoyen und in
der Schweiz, und wehlten Rudolfen von der Wel-
fiſchen Familie zu ihrem Koͤnige. So entſtanden
zwey Burgundiſche Koͤnigreiche dieſſeits und jenſeits
der Juraiſchen Gebirge. Sie wurden aber bald
in der Welfiſchen Familie mit einander vereiniget,

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[95/0129] 7) Carolinger im Verfall 814-888. Nach Lothars des II. Tode wurde damals im Jahre 870. das ſolchergeſtalt erledigte Lothringiſche Koͤnigreich zwiſchen Ludewig dem Teutſchen und Carl dem Kahlen in zwey Haͤlften nach Oſten und Weſten zu vertheilet. Es waͤhrte aber nicht lange, als nach dieſer beiden Herren Tode ihre Soͤhne in neue Zwiſtigkeiten geriethen, und daruͤber im Jahre 880. auch die weſtliche Haͤlfte des Lothrin- giſchen Reichs durch einen neuen Tractat von Frankreich an Teutſchland kam, deſſen Graͤnzen alſo nunmehr uͤber den Rhein bis an die vier Graͤnzſtroͤhme von Frankreich erweitert wurden. XXI. 870 880 Nur an der Rhone und Saone gab es um eben dieſe Zeit eine wichtige Veraͤnderung, da in dem Striche Landes von dieſen Stroͤhmen an bis an die Juraiſchen Gebirge die dortigen geiſtlichen und weltlichen Staͤnde von den damaligen Fran- zoͤſiſchen Koͤnigen gegen die Normaͤnniſchen Strei- fereyen ſich nicht gnug gedeckt hielten, und lieber 879. einen eignen Koͤnig Namens Boſo uͤber ſich wehlten. Daher dieſe Gegend vom heutigen Pro- vence und Dauphine damals nicht mit an das Teut- ſche Reich kam, ſondern ein eignes Burgundi- ſches Koͤnigreich ausmachte. XXII. Nicht lange hernach folgten dem Beyſpiele auch die Einwohner an der andern Seite der Ju- raiſchen Gebirge in dem heutigen Savoyen und in der Schweiz, und wehlten Rudolfen von der Wel- fiſchen Familie zu ihrem Koͤnige. So entſtanden zwey Burgundiſche Koͤnigreiche dieſſeits und jenſeits der Juraiſchen Gebirge. Sie wurden aber bald in der Welfiſchen Familie mit einander vereiniget, und XXIII.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/129>, abgerufen am 24.11.2024.