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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.

X.

So zeigt sich hier der wahre Ursprung des bar-
barischen Faustrechts des mittlern Zeitalters, da
nicht nur ein jeder sich zur Selbsthülfe berechtiget
hielt, um sich mit eignen Kräften Recht zu schaf-
fen, sondern da auch niemand sicher war, ohne
allen Grund und Schein von einem Mächtigern
oder mehreren verbundenen überfallen und berau-
bet zu werden. Dagegen mochten nun Könige in
Gesetzen oder in Vorschriften auf Veranlaßung
einzelner Fälle eifern, wie sie wollten (l), so war
unter solchen Umständen an keine Aenderung zu
denken.


XI.

Merkwürdig ist es insonderheit, wie gleich in
diesen ersten Zeiten, da die Gefahr und Noth we-
gen der öfteren Einbrüche fremder Völker bald all-
gemein wurde, die damaligen Fränkischen Könige,
ihrer Vertheilungen ungeachtet, doch nöthig fan-
den, gemeine Sache zu machen, und deswegen in
den Jahren 847. und 851. zu Mersen an der Maas,
und 860. zu Coblenz eigne Zusammenkünfte anzu-
stellen. Hier fühlten schon die Könige, wie sehr
sie Ursache hatten, eben so sehr gegen das einhei-
mische Faustrecht, als gegen die Einbrüche frem-
der Völker auf ihrer Hut zu seyn. Sie eiferten
deswegen gemeinschaftlich gegen solche Räubereyen

und
(l) So hieß es z. B. in einem capitulari Ca-
roli calui in Balvzii capitul. reg. Franc.
tom. 2. p. 195.: "expresse mandamus, vt, quicum-
que istis temporibus castella et firmitates et hajas
sine nostro verbo fecerunt, Calendis Augusti
omnes tales firmitates disfactas habeant, quia vi-
cini et circum manentes exinde multas depraedatio-
nes et impedimenta sustinent."
etc.
Struben
Nebenstunden Th. 5. S. 158.
I. Alte Zeiten bis 888.

X.

So zeigt ſich hier der wahre Urſprung des bar-
bariſchen Fauſtrechts des mittlern Zeitalters, da
nicht nur ein jeder ſich zur Selbſthuͤlfe berechtiget
hielt, um ſich mit eignen Kraͤften Recht zu ſchaf-
fen, ſondern da auch niemand ſicher war, ohne
allen Grund und Schein von einem Maͤchtigern
oder mehreren verbundenen uͤberfallen und berau-
bet zu werden. Dagegen mochten nun Koͤnige in
Geſetzen oder in Vorſchriften auf Veranlaßung
einzelner Faͤlle eifern, wie ſie wollten (l), ſo war
unter ſolchen Umſtaͤnden an keine Aenderung zu
denken.


XI.

Merkwuͤrdig iſt es inſonderheit, wie gleich in
dieſen erſten Zeiten, da die Gefahr und Noth we-
gen der oͤfteren Einbruͤche fremder Voͤlker bald all-
gemein wurde, die damaligen Fraͤnkiſchen Koͤnige,
ihrer Vertheilungen ungeachtet, doch noͤthig fan-
den, gemeine Sache zu machen, und deswegen in
den Jahren 847. und 851. zu Merſen an der Maas,
und 860. zu Coblenz eigne Zuſammenkuͤnfte anzu-
ſtellen. Hier fuͤhlten ſchon die Koͤnige, wie ſehr
ſie Urſache hatten, eben ſo ſehr gegen das einhei-
miſche Fauſtrecht, als gegen die Einbruͤche frem-
der Voͤlker auf ihrer Hut zu ſeyn. Sie eiferten
deswegen gemeinſchaftlich gegen ſolche Raͤubereyen

und
(l) So hieß es z. B. in einem capitulari Ca-
roli calui in Balvzii capitul. reg. Franc.
tom. 2. p. 195.: ”expreſſe mandamus, vt, quicum-
que iſtis temporibus caſtella et firmitates et hajas
ſine noſtro verbo fecerunt, Calendis Auguſti
omnes tales firmitates disfactas habeant, quia vi-
cini et circum manentes exinde multas depraedatio-
nes et impedimenta ſustinent.”
etc.
Struben
Nebenſtunden Th. 5. S. 158.
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[84/0118] I. Alte Zeiten bis 888. So zeigt ſich hier der wahre Urſprung des bar- bariſchen Fauſtrechts des mittlern Zeitalters, da nicht nur ein jeder ſich zur Selbſthuͤlfe berechtiget hielt, um ſich mit eignen Kraͤften Recht zu ſchaf- fen, ſondern da auch niemand ſicher war, ohne allen Grund und Schein von einem Maͤchtigern oder mehreren verbundenen uͤberfallen und berau- bet zu werden. Dagegen mochten nun Koͤnige in Geſetzen oder in Vorſchriften auf Veranlaßung einzelner Faͤlle eifern, wie ſie wollten (l), ſo war unter ſolchen Umſtaͤnden an keine Aenderung zu denken. Merkwuͤrdig iſt es inſonderheit, wie gleich in dieſen erſten Zeiten, da die Gefahr und Noth we- gen der oͤfteren Einbruͤche fremder Voͤlker bald all- gemein wurde, die damaligen Fraͤnkiſchen Koͤnige, ihrer Vertheilungen ungeachtet, doch noͤthig fan- den, gemeine Sache zu machen, und deswegen in den Jahren 847. und 851. zu Merſen an der Maas, und 860. zu Coblenz eigne Zuſammenkuͤnfte anzu- ſtellen. Hier fuͤhlten ſchon die Koͤnige, wie ſehr ſie Urſache hatten, eben ſo ſehr gegen das einhei- miſche Fauſtrecht, als gegen die Einbruͤche frem- der Voͤlker auf ihrer Hut zu ſeyn. Sie eiferten deswegen gemeinſchaftlich gegen ſolche Raͤubereyen und (l) So hieß es z. B. in einem capitulari Ca- roli calui in Balvzii capitul. reg. Franc. tom. 2. p. 195.: ”expreſſe mandamus, vt, quicum- que iſtis temporibus caſtella et firmitates et hajas ſine noſtro verbo fecerunt, Calendis Auguſti omnes tales firmitates disfactas habeant, quia vi- cini et circum manentes exinde multas depraedatio- nes et impedimenta ſustinent.” etc. Struben Nebenſtunden Th. 5. S. 158.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/118>, abgerufen am 24.11.2024.