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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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7) Carolinger im Verfall 814-888.
jeden Angriff zu dienen, oder als Burgmän-
ner in Besatzung einer angegriffenen oder bedro-
heten Burg zu fechten, oder auch ihre eigne
Burge in vorkommenden Nothfällen ihm und sei-
nen Leuten zu öffnen. Durch solche Mittel konnte
manche Kirche oder manche große Familie ihr Ei-
genthum und ihren Vorrath an Vieh, Früchten
und anderen Habseligkeiten unter noch so gefähr-
lichen feindlichen Einfällen retten. So darf man
sich aber auch nicht wundern, wenn Frankreich
und Teutschland darüber nach und nach so voll
Bergschlösser wurde, daß in der Folge wieder
nicht anders als üble Folgen davon zu erwarten
waren, wenn es dem Besitzer eines solchen Berg-
schlosses einfiel, sich obrigkeitlichen Vorschriften zu
widersetzen, oder mit Ausfällen und Plackereyen
die öffentliche Ruhe und Sicherheit zu stöhren.
In der That war ein jedes Bergschloß eine Art
von Festung, die wider Willen ihres Inhabers
nicht anders als mit förmlicher Belagerung und
Eroberung bezwungen werden konnte. So billig
nach richtigen Grundsätzen des allgemeinen Staats-
rechts niemanden als der höchsten Gewalt selbsten
das Recht gestattet wird, Festungswerke anzule-
gen; so maßte sich dieses Recht damals ein jeder
an, der nur die Kräfte dazu hatte. War es aber
einmal erlaubt, zu seiner Vertheidigung Festungen
zu bauen, und sich der Waffen zu bedienen; wie
leicht war nun der Schritt, von beiden auch in
Streitigkeiten mit Nachbaren Gebrauch zu ma-
chen, oder gar Vorbeyreisende zu überfallen, und
anzugreifen, zu plündern, zu berauben, gefangen
weg zu schleppen u. s. w.!


So
F 2

7) Carolinger im Verfall 814-888.
jeden Angriff zu dienen, oder als Burgmaͤn-
ner in Beſatzung einer angegriffenen oder bedro-
heten Burg zu fechten, oder auch ihre eigne
Burge in vorkommenden Nothfaͤllen ihm und ſei-
nen Leuten zu oͤffnen. Durch ſolche Mittel konnte
manche Kirche oder manche große Familie ihr Ei-
genthum und ihren Vorrath an Vieh, Fruͤchten
und anderen Habſeligkeiten unter noch ſo gefaͤhr-
lichen feindlichen Einfaͤllen retten. So darf man
ſich aber auch nicht wundern, wenn Frankreich
und Teutſchland daruͤber nach und nach ſo voll
Bergſchloͤſſer wurde, daß in der Folge wieder
nicht anders als uͤble Folgen davon zu erwarten
waren, wenn es dem Beſitzer eines ſolchen Berg-
ſchloſſes einfiel, ſich obrigkeitlichen Vorſchriften zu
widerſetzen, oder mit Ausfaͤllen und Plackereyen
die oͤffentliche Ruhe und Sicherheit zu ſtoͤhren.
In der That war ein jedes Bergſchloß eine Art
von Feſtung, die wider Willen ihres Inhabers
nicht anders als mit foͤrmlicher Belagerung und
Eroberung bezwungen werden konnte. So billig
nach richtigen Grundſaͤtzen des allgemeinen Staats-
rechts niemanden als der hoͤchſten Gewalt ſelbſten
das Recht geſtattet wird, Feſtungswerke anzule-
gen; ſo maßte ſich dieſes Recht damals ein jeder
an, der nur die Kraͤfte dazu hatte. War es aber
einmal erlaubt, zu ſeiner Vertheidigung Feſtungen
zu bauen, und ſich der Waffen zu bedienen; wie
leicht war nun der Schritt, von beiden auch in
Streitigkeiten mit Nachbaren Gebrauch zu ma-
chen, oder gar Vorbeyreiſende zu uͤberfallen, und
anzugreifen, zu pluͤndern, zu berauben, gefangen
weg zu ſchleppen u. ſ. w.!


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F 2
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[83/0117] 7) Carolinger im Verfall 814-888. jeden Angriff zu dienen, oder als Burgmaͤn- ner in Beſatzung einer angegriffenen oder bedro- heten Burg zu fechten, oder auch ihre eigne Burge in vorkommenden Nothfaͤllen ihm und ſei- nen Leuten zu oͤffnen. Durch ſolche Mittel konnte manche Kirche oder manche große Familie ihr Ei- genthum und ihren Vorrath an Vieh, Fruͤchten und anderen Habſeligkeiten unter noch ſo gefaͤhr- lichen feindlichen Einfaͤllen retten. So darf man ſich aber auch nicht wundern, wenn Frankreich und Teutſchland daruͤber nach und nach ſo voll Bergſchloͤſſer wurde, daß in der Folge wieder nicht anders als uͤble Folgen davon zu erwarten waren, wenn es dem Beſitzer eines ſolchen Berg- ſchloſſes einfiel, ſich obrigkeitlichen Vorſchriften zu widerſetzen, oder mit Ausfaͤllen und Plackereyen die oͤffentliche Ruhe und Sicherheit zu ſtoͤhren. In der That war ein jedes Bergſchloß eine Art von Feſtung, die wider Willen ihres Inhabers nicht anders als mit foͤrmlicher Belagerung und Eroberung bezwungen werden konnte. So billig nach richtigen Grundſaͤtzen des allgemeinen Staats- rechts niemanden als der hoͤchſten Gewalt ſelbſten das Recht geſtattet wird, Feſtungswerke anzule- gen; ſo maßte ſich dieſes Recht damals ein jeder an, der nur die Kraͤfte dazu hatte. War es aber einmal erlaubt, zu ſeiner Vertheidigung Feſtungen zu bauen, und ſich der Waffen zu bedienen; wie leicht war nun der Schritt, von beiden auch in Streitigkeiten mit Nachbaren Gebrauch zu ma- chen, oder gar Vorbeyreiſende zu uͤberfallen, und anzugreifen, zu pluͤndern, zu berauben, gefangen weg zu ſchleppen u. ſ. w.! So F 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/117>, abgerufen am 24.11.2024.