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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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6) Carolinger im Flor 752-814.
pter unterworfenen Völker, insonderheit der Teut-
schen, auf eine höhere Stuffe zu bringen. Der
Geist dieser Gesetzgebung ruhet zwar vorzüglich
auf Gegenständen, die in das Kriegswesen ein-
schlagen; wie es auch heutiges Tages noch gnug
in die Augen fällt, daß in manchen Staaten das
Kriegswesen den größten Einfluß in die Gesetzge-
bung hat. So bestimmte damals Carl der Große,
wie nicht nur jeder Lehnmann, sondern auch jeder
freyer Güterbesitzer, wenn er nur drey Hufen Lan-
des zum Eigenthum habe, sich selbst zum Kriege
gerüstet halten, oder in anderen Fällen fünf zusam-
men einen sechsten Mann ausrüsten sollten (e).
Diese Rüstung verstand man aber so, daß ein jeder
auf eigne Kosten nicht nur mit Kleidung und Waf-
fen, sondern auch mit Lebensmitteln auf drey Mo-
nathe versehen seyn mußte, und zwar letzteres von
einem vorgeschriebenen Ziele an zu rechnen, wie
z. B. für Rheinländer nach Spanien zu von der
Loire an, oder für Franzosen nach Teutschland zu
vom Rheine, oder gegen Sachsen zu gar von der
Elbe an zu rechnen (f), woraus man abnehmen
mag, wie beschwerlich damals die Kriegszüge für
die ganze Nation gewesen seyn müßen.

Inzwischen ließ Carl es auch nicht an anderenXXVIII.
wohlthätigen Anstalten fehlen; unter denen wohl
die erste Stelle verdient, wie er überall Schulen
zu errichten verordnete, damit die Jugend durch-

gän-
(e) Capitulare Car. M. 807. in Georgisch
corp. iur. Germ. p. 733. sq.
(f) Capitulare Car. M. 812. cap. 8. Geor-
gisch
l. c. p.
764.
E 4

6) Carolinger im Flor 752-814.
pter unterworfenen Voͤlker, inſonderheit der Teut-
ſchen, auf eine hoͤhere Stuffe zu bringen. Der
Geiſt dieſer Geſetzgebung ruhet zwar vorzuͤglich
auf Gegenſtaͤnden, die in das Kriegsweſen ein-
ſchlagen; wie es auch heutiges Tages noch gnug
in die Augen faͤllt, daß in manchen Staaten das
Kriegsweſen den groͤßten Einfluß in die Geſetzge-
bung hat. So beſtimmte damals Carl der Große,
wie nicht nur jeder Lehnmann, ſondern auch jeder
freyer Guͤterbeſitzer, wenn er nur drey Hufen Lan-
des zum Eigenthum habe, ſich ſelbſt zum Kriege
geruͤſtet halten, oder in anderen Faͤllen fuͤnf zuſam-
men einen ſechſten Mann ausruͤſten ſollten (e).
Dieſe Ruͤſtung verſtand man aber ſo, daß ein jeder
auf eigne Koſten nicht nur mit Kleidung und Waf-
fen, ſondern auch mit Lebensmitteln auf drey Mo-
nathe verſehen ſeyn mußte, und zwar letzteres von
einem vorgeſchriebenen Ziele an zu rechnen, wie
z. B. fuͤr Rheinlaͤnder nach Spanien zu von der
Loire an, oder fuͤr Franzoſen nach Teutſchland zu
vom Rheine, oder gegen Sachſen zu gar von der
Elbe an zu rechnen (f), woraus man abnehmen
mag, wie beſchwerlich damals die Kriegszuͤge fuͤr
die ganze Nation geweſen ſeyn muͤßen.

Inzwiſchen ließ Carl es auch nicht an anderenXXVIII.
wohlthaͤtigen Anſtalten fehlen; unter denen wohl
die erſte Stelle verdient, wie er uͤberall Schulen
zu errichten verordnete, damit die Jugend durch-

gaͤn-
(e) Capitulare Car. M. 807. in Georgisch
corp. iur. Germ. p. 733. ſq.
(f) Capitulare Car. M. 812. cap. 8. Geor-
gisch
l. c. p.
764.
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[71/0105] 6) Carolinger im Flor 752-814. pter unterworfenen Voͤlker, inſonderheit der Teut- ſchen, auf eine hoͤhere Stuffe zu bringen. Der Geiſt dieſer Geſetzgebung ruhet zwar vorzuͤglich auf Gegenſtaͤnden, die in das Kriegsweſen ein- ſchlagen; wie es auch heutiges Tages noch gnug in die Augen faͤllt, daß in manchen Staaten das Kriegsweſen den groͤßten Einfluß in die Geſetzge- bung hat. So beſtimmte damals Carl der Große, wie nicht nur jeder Lehnmann, ſondern auch jeder freyer Guͤterbeſitzer, wenn er nur drey Hufen Lan- des zum Eigenthum habe, ſich ſelbſt zum Kriege geruͤſtet halten, oder in anderen Faͤllen fuͤnf zuſam- men einen ſechſten Mann ausruͤſten ſollten (e). Dieſe Ruͤſtung verſtand man aber ſo, daß ein jeder auf eigne Koſten nicht nur mit Kleidung und Waf- fen, ſondern auch mit Lebensmitteln auf drey Mo- nathe verſehen ſeyn mußte, und zwar letzteres von einem vorgeſchriebenen Ziele an zu rechnen, wie z. B. fuͤr Rheinlaͤnder nach Spanien zu von der Loire an, oder fuͤr Franzoſen nach Teutſchland zu vom Rheine, oder gegen Sachſen zu gar von der Elbe an zu rechnen (f), woraus man abnehmen mag, wie beſchwerlich damals die Kriegszuͤge fuͤr die ganze Nation geweſen ſeyn muͤßen. Inzwiſchen ließ Carl es auch nicht an anderen wohlthaͤtigen Anſtalten fehlen; unter denen wohl die erſte Stelle verdient, wie er uͤberall Schulen zu errichten verordnete, damit die Jugend durch- gaͤn- XXVIII. (e) Capitulare Car. M. 807. in Georgisch corp. iur. Germ. p. 733. ſq. (f) Capitulare Car. M. 812. cap. 8. Geor- gisch l. c. p. 764. E 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/105>, abgerufen am 24.11.2024.