Maler, von dem man sagt, daß er alle die unge- heuren Summen, welche ihm seine Kunst einbringt, regelmäßig im Billardspiel verliert, weil er sich irrig darin ein Meister zu seyn einbildet. Es ist ein Mann von interessantem Aeußern, mit etwas Mittelaltri- gem in seinen Zügen, was auffallend an Bilder aus der venetianischen Schule erinnert.
Noch mehr zogen mich indeß die portugiesischen Augen der Marquise P ... an, denn portugiesische und spanische Augen übertreffen alle andern.
Die Niece des Fürsten Polignac erzählte mir, daß ihr Onkel, der bei einem noch ganz jugendlichen und angenehmen Aussehen doch einen ganz weißen Kopf hat, diesen in den französischen Revolutions- Gefängnissen, noch nicht 25 Jahre alt, in wenigen Wochen vor Kummer und Angst ergrauen gesehen hätte. Er mag den jetzigen Contrast mit damals gar wohlthätig finden, aber die Haare kann ihm leider die Restauration doch nicht wieder schwarz machen!*) Mich interessirte dieser Gegenstand, besonders deß- halb, gute Julie, weil die meinigen leider auch, mit zu viel Patriotismus, hie und da unsre National- farben, schwarz und weiß, anzunehmen anfangen.
*) Wie wenig mochte mein verstorbener Freund damals ver- muthen, daß dieser schlecht organisirte Kopf noch solches Unheil über die Welt zu bringen bestimmt war! Auch aus ihm wird zwar, wie aus allem Uebel, einmal Gutes her- vorgehen, aber schwerlich werden wir diese Früchte ärndten. A. d. H.
Maler, von dem man ſagt, daß er alle die unge- heuren Summen, welche ihm ſeine Kunſt einbringt, regelmäßig im Billardſpiel verliert, weil er ſich irrig darin ein Meiſter zu ſeyn einbildet. Es iſt ein Mann von intereſſantem Aeußern, mit etwas Mittelaltri- gem in ſeinen Zügen, was auffallend an Bilder aus der venetianiſchen Schule erinnert.
Noch mehr zogen mich indeß die portugieſiſchen Augen der Marquiſe P … an, denn portugieſiſche und ſpaniſche Augen übertreffen alle andern.
Die Niece des Fürſten Polignac erzählte mir, daß ihr Onkel, der bei einem noch ganz jugendlichen und angenehmen Ausſehen doch einen ganz weißen Kopf hat, dieſen in den franzöſiſchen Revolutions- Gefängniſſen, noch nicht 25 Jahre alt, in wenigen Wochen vor Kummer und Angſt ergrauen geſehen hätte. Er mag den jetzigen Contraſt mit damals gar wohlthätig finden, aber die Haare kann ihm leider die Reſtauration doch nicht wieder ſchwarz machen!*) Mich intereſſirte dieſer Gegenſtand, beſonders deß- halb, gute Julie, weil die meinigen leider auch, mit zu viel Patriotismus, hie und da unſre National- farben, ſchwarz und weiß, anzunehmen anfangen.
*) Wie wenig mochte mein verſtorbener Freund damals ver- muthen, daß dieſer ſchlecht organiſirte Kopf noch ſolches Unheil uͤber die Welt zu bringen beſtimmt war! Auch aus ihm wird zwar, wie aus allem Uebel, einmal Gutes her- vorgehen, aber ſchwerlich werden wir dieſe Fruͤchte aͤrndten. A. d. H.
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Maler, von dem man ſagt, daß er alle die unge-
heuren Summen, welche ihm ſeine Kunſt einbringt,
regelmäßig im Billardſpiel verliert, weil er ſich irrig
darin ein Meiſter zu ſeyn einbildet. Es iſt ein Mann
von intereſſantem Aeußern, mit etwas Mittelaltri-
gem in ſeinen Zügen, was auffallend an Bilder aus
der venetianiſchen Schule erinnert.
Noch mehr zogen mich indeß die portugieſiſchen
Augen der Marquiſe P … an, denn portugieſiſche
und ſpaniſche Augen übertreffen alle andern.
Die Niece des Fürſten Polignac erzählte mir, daß
ihr Onkel, der bei einem noch ganz jugendlichen und
angenehmen Ausſehen doch einen ganz weißen
Kopf hat, dieſen in den franzöſiſchen Revolutions-
Gefängniſſen, noch nicht 25 Jahre alt, in wenigen
Wochen vor Kummer und Angſt ergrauen geſehen
hätte. Er mag den jetzigen Contraſt mit damals gar
wohlthätig finden, aber die Haare kann ihm leider
die Reſtauration doch nicht wieder ſchwarz machen! *)
Mich intereſſirte dieſer Gegenſtand, beſonders deß-
halb, gute Julie, weil die meinigen leider auch, mit
zu viel Patriotismus, hie und da unſre National-
farben, ſchwarz und weiß, anzunehmen anfangen.
*) Wie wenig mochte mein verſtorbener Freund damals ver-
muthen, daß dieſer ſchlecht organiſirte Kopf noch ſolches
Unheil uͤber die Welt zu bringen beſtimmt war! Auch aus
ihm wird zwar, wie aus allem Uebel, einmal Gutes her-
vorgehen, aber ſchwerlich werden wir dieſe Fruͤchte
aͤrndten. A. d. H.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/45>, abgerufen am 16.07.2024.
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