und man hört aus ihrem Gespräch, daß sie eben ei- nen Hauptfang zu machen gedenken.
Ihr schöner junger Hauptmann ist erkenntlich durch gebietenden Anstand und sein prächtiges Costume, im Geschmack der italienischen Banditi. Nach kurzem Zwischenraum sieht man in der Ferne die Schloßthore sich öffnen, eine Zugbrücke wird heruntergelassen, und eine Staatskutsche mit sechs Maulthieren be- spannt, rollt dem Gebirge zu. Einigemal verliert man sie hinter den Bergen, immer größer kömmt sie wieder zum Vorschein (welches durch mechanische Figuren von verschiedener Dimension sehr artig und geschickt bewerkstelligt wird) und gelangt endlich im raschen Trabe auf die Scene, wo sogleich von den versteckten Räubern einige Schüsse fallen, deren ei- ner den Kutscher tödtet, worauf die Beraubung des Wagens unter Lärm und Getümmel vor sich geht. Während diesem Tumulte fällt der Vorhang.
Beim Anfang des zweiten Akts erblickt man zwar wieder dieselbe Dekoration, aber sie erweckt ganz verschiedene Empfindungen. Die Lichter im Schloß sind verlöscht, der Mond ist hinter Wolken getreten. In der Dämmerung unterscheidet man nur undeut- lich die Kutsche, mit aufgerißnen Thüren, auf dem Bocke liegt der getödtete Diener hingestreckt, aus ei- nem steinigten Graben sieht man das blasse Haupt eines gefallenen Räubers hervorragen, und an ei- nem Stamme lehnt der sterbende, schöne Haupt- mann, dessen fliehende Lebensgeister der Knabe
und man hört aus ihrem Geſpräch, daß ſie eben ei- nen Hauptfang zu machen gedenken.
Ihr ſchöner junger Hauptmann iſt erkenntlich durch gebietenden Anſtand und ſein prächtiges Coſtume, im Geſchmack der italieniſchen Banditi. Nach kurzem Zwiſchenraum ſieht man in der Ferne die Schloßthore ſich öffnen, eine Zugbrücke wird heruntergelaſſen, und eine Staatskutſche mit ſechs Maulthieren be- ſpannt, rollt dem Gebirge zu. Einigemal verliert man ſie hinter den Bergen, immer größer kömmt ſie wieder zum Vorſchein (welches durch mechaniſche Figuren von verſchiedener Dimenſion ſehr artig und geſchickt bewerkſtelligt wird) und gelangt endlich im raſchen Trabe auf die Scene, wo ſogleich von den verſteckten Räubern einige Schüſſe fallen, deren ei- ner den Kutſcher tödtet, worauf die Beraubung des Wagens unter Lärm und Getümmel vor ſich geht. Während dieſem Tumulte fällt der Vorhang.
Beim Anfang des zweiten Akts erblickt man zwar wieder dieſelbe Dekoration, aber ſie erweckt ganz verſchiedene Empfindungen. Die Lichter im Schloß ſind verlöſcht, der Mond iſt hinter Wolken getreten. In der Dämmerung unterſcheidet man nur undeut- lich die Kutſche, mit aufgerißnen Thüren, auf dem Bocke liegt der getödtete Diener hingeſtreckt, aus ei- nem ſteinigten Graben ſieht man das blaſſe Haupt eines gefallenen Räubers hervorragen, und an ei- nem Stamme lehnt der ſterbende, ſchöne Haupt- mann, deſſen fliehende Lebensgeiſter der Knabe
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und man hört aus ihrem Geſpräch, daß ſie eben ei-
nen Hauptfang zu machen gedenken.
Ihr ſchöner junger Hauptmann iſt erkenntlich durch
gebietenden Anſtand und ſein prächtiges Coſtume,
im Geſchmack der italieniſchen Banditi. Nach kurzem
Zwiſchenraum ſieht man in der Ferne die Schloßthore
ſich öffnen, eine Zugbrücke wird heruntergelaſſen,
und eine Staatskutſche mit ſechs Maulthieren be-
ſpannt, rollt dem Gebirge zu. Einigemal verliert
man ſie hinter den Bergen, immer größer kömmt
ſie wieder zum Vorſchein (welches durch mechaniſche
Figuren von verſchiedener Dimenſion ſehr artig und
geſchickt bewerkſtelligt wird) und gelangt endlich im
raſchen Trabe auf die Scene, wo ſogleich von den
verſteckten Räubern einige Schüſſe fallen, deren ei-
ner den Kutſcher tödtet, worauf die Beraubung des
Wagens unter Lärm und Getümmel vor ſich geht.
Während dieſem Tumulte fällt der Vorhang.
Beim Anfang des zweiten Akts erblickt man zwar
wieder dieſelbe Dekoration, aber ſie erweckt ganz
verſchiedene Empfindungen. Die Lichter im Schloß
ſind verlöſcht, der Mond iſt hinter Wolken getreten.
In der Dämmerung unterſcheidet man nur undeut-
lich die Kutſche, mit aufgerißnen Thüren, auf dem
Bocke liegt der getödtete Diener hingeſtreckt, aus ei-
nem ſteinigten Graben ſieht man das blaſſe Haupt
eines gefallenen Räubers hervorragen, und an ei-
nem Stamme lehnt der ſterbende, ſchöne Haupt-
mann, deſſen fliehende Lebensgeiſter der Knabe
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/42>, abgerufen am 24.11.2024.
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