rolltes Segeltuch an sie befestigt. Kommen Schloßen, so wird durch eine leichte und schnelle Vorrichtung dieses Segeltuch, vermittelst angezogener Schnüre, stramm aufgespannt, so daß es gleichsam ein doppel- tes Dach bildet, und alle Schloßen davon abprallen müssen, ohne das Glas berühren zu können.
Ohne mich in das Detail der unzähligen Ananas- sorten, Rosen etc. einzulassen, bemerke ich nur, daß im Departement der Gemüse 435 Arten Sallat, 261 Erbsen und 240 Kartoffeln zu haben waren, und so fort im gleichen Verhältniß fast mit allen Gegen- ständen des Gartenhandels.
Auf dem Rückwege begegnete ich den Tyrolern, die sich einen freien Tag gemacht hatten, und frug das Mädchen, meine alte Bekannte, wie sie denn alle mit ihrem hiesigen Aufenthalt zufrieden wären? Sie versicherten enthusiastisch, "daß ihr Heiliger sie hier- her geführt haben müsse, denn wenige Monate hät- ten ihnen nun schon 7000 L. St. eingebracht, die sie sich baar mit ihren zwölf Liedern ersungen."
Der Fürst Esterhazy hat dies Gejodle hier Mode gemacht, und Mode ist hier Alles. Die Sontag und Pasta, ohngeachtet ihres herrlichen Talents, haben doch eigentlich auch nur diesem Umstande: daß sie Mode wurden, ihr Glück in London zu verdanken; denn Weber, der sich zu diesem Ende nicht zu beneh- men wußte, erhielt bekanntlich fast nichts, die beiden
rolltes Segeltuch an ſie befeſtigt. Kommen Schloßen, ſo wird durch eine leichte und ſchnelle Vorrichtung dieſes Segeltuch, vermittelſt angezogener Schnüre, ſtramm aufgeſpannt, ſo daß es gleichſam ein doppel- tes Dach bildet, und alle Schloßen davon abprallen müſſen, ohne das Glas berühren zu können.
Ohne mich in das Detail der unzähligen Ananas- ſorten, Roſen ꝛc. einzulaſſen, bemerke ich nur, daß im Departement der Gemüſe 435 Arten Sallat, 261 Erbſen und 240 Kartoffeln zu haben waren, und ſo fort im gleichen Verhältniß faſt mit allen Gegen- ſtänden des Gartenhandels.
Auf dem Rückwege begegnete ich den Tyrolern, die ſich einen freien Tag gemacht hatten, und frug das Mädchen, meine alte Bekannte, wie ſie denn alle mit ihrem hieſigen Aufenthalt zufrieden wären? Sie verſicherten enthuſiaſtiſch, „daß ihr Heiliger ſie hier- her geführt haben müſſe, denn wenige Monate hät- ten ihnen nun ſchon 7000 L. St. eingebracht, die ſie ſich baar mit ihren zwölf Liedern erſungen.“
Der Fürſt Eſterhazy hat dies Gejodle hier Mode gemacht, und Mode iſt hier Alles. Die Sontag und Paſta, ohngeachtet ihres herrlichen Talents, haben doch eigentlich auch nur dieſem Umſtande: daß ſie Mode wurden, ihr Glück in London zu verdanken; denn Weber, der ſich zu dieſem Ende nicht zu beneh- men wußte, erhielt bekanntlich faſt nichts, die beiden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0410"n="390"/>
rolltes Segeltuch an ſie befeſtigt. Kommen Schloßen,<lb/>ſo wird durch eine leichte und ſchnelle Vorrichtung<lb/>
dieſes Segeltuch, vermittelſt angezogener Schnüre,<lb/>ſtramm aufgeſpannt, ſo daß es gleichſam ein doppel-<lb/>
tes Dach bildet, und alle Schloßen davon abprallen<lb/>
müſſen, ohne das Glas berühren zu können.</p><lb/><p>Ohne mich in das Detail der unzähligen Ananas-<lb/>ſorten, Roſen ꝛc. einzulaſſen, bemerke ich nur, daß<lb/>
im Departement der Gemüſe 435 <hirendition="#g">Arten</hi> Sallat,<lb/>
261 Erbſen und 240 Kartoffeln zu haben waren, und<lb/>ſo fort im gleichen Verhältniß faſt mit allen Gegen-<lb/>ſtänden des Gartenhandels.</p><lb/><p>Auf dem Rückwege begegnete ich den Tyrolern, die<lb/>ſich einen freien Tag gemacht hatten, und frug das<lb/>
Mädchen, meine alte Bekannte, wie ſie denn alle<lb/>
mit ihrem hieſigen Aufenthalt zufrieden wären? Sie<lb/>
verſicherten enthuſiaſtiſch, „daß ihr Heiliger ſie hier-<lb/>
her geführt haben müſſe, denn wenige Monate hät-<lb/>
ten ihnen nun ſchon 7000 L. St. eingebracht, die ſie<lb/>ſich baar mit ihren zwölf Liedern erſungen.“</p><lb/><p>Der Fürſt Eſterhazy hat dies Gejodle hier Mode<lb/>
gemacht, und Mode iſt hier Alles. Die Sontag und<lb/>
Paſta, ohngeachtet ihres herrlichen Talents, haben<lb/>
doch eigentlich auch nur dieſem Umſtande: daß ſie<lb/>
Mode wurden, ihr Glück in London zu verdanken;<lb/>
denn Weber, der ſich zu dieſem Ende nicht zu beneh-<lb/>
men wußte, erhielt bekanntlich faſt nichts, die beiden<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[390/0410]
rolltes Segeltuch an ſie befeſtigt. Kommen Schloßen,
ſo wird durch eine leichte und ſchnelle Vorrichtung
dieſes Segeltuch, vermittelſt angezogener Schnüre,
ſtramm aufgeſpannt, ſo daß es gleichſam ein doppel-
tes Dach bildet, und alle Schloßen davon abprallen
müſſen, ohne das Glas berühren zu können.
Ohne mich in das Detail der unzähligen Ananas-
ſorten, Roſen ꝛc. einzulaſſen, bemerke ich nur, daß
im Departement der Gemüſe 435 Arten Sallat,
261 Erbſen und 240 Kartoffeln zu haben waren, und
ſo fort im gleichen Verhältniß faſt mit allen Gegen-
ſtänden des Gartenhandels.
Auf dem Rückwege begegnete ich den Tyrolern, die
ſich einen freien Tag gemacht hatten, und frug das
Mädchen, meine alte Bekannte, wie ſie denn alle
mit ihrem hieſigen Aufenthalt zufrieden wären? Sie
verſicherten enthuſiaſtiſch, „daß ihr Heiliger ſie hier-
her geführt haben müſſe, denn wenige Monate hät-
ten ihnen nun ſchon 7000 L. St. eingebracht, die ſie
ſich baar mit ihren zwölf Liedern erſungen.“
Der Fürſt Eſterhazy hat dies Gejodle hier Mode
gemacht, und Mode iſt hier Alles. Die Sontag und
Paſta, ohngeachtet ihres herrlichen Talents, haben
doch eigentlich auch nur dieſem Umſtande: daß ſie
Mode wurden, ihr Glück in London zu verdanken;
denn Weber, der ſich zu dieſem Ende nicht zu beneh-
men wußte, erhielt bekanntlich faſt nichts, die beiden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/410>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.