Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

nur lachten, und so unmenschlich es war, muß ich
mich doch anklagen, selbst unter diesen letztern gewe-
sen zu seyn, denn es war doch gar zu spaßhaft, so
etwas Gesellschaft nennen zu hören. In der That
hatte ich es aber auch so arg bisher noch nicht erlebt.

Früh am andern Morgen ritt ich nach C ... hall,
um einige Tage dort zuzubringen, auf eine Einla-
dung zu Lord D. Geburtstag, der heute ländlich
und anspruchslos gefeiert wurde. Die Familie befand
sich, ausser mir, ganz allein noch durch den ältesten
Sohn mit seiner schönen und lieblichen Frau ver-
mehrt, welche gewöhnlich in Irland residiren. Häus-
lichkeit war überall an der Tagesordnung. Man aß
früh, um gegen Abend dem Soupe im Freien bei-
wohnen zu können, welches Lord D . . . . allen sei-
nen Lohnarbeitern gab, ohngefähr 100 an der Zahl.
Es ging dabei höchst anständig zu. Wir saßen im
pleasure ground am eisernen Zaun, und auf der ge-
mähten Wiese waren die Tische für die Leute gedeckt.
Erst bekamen ohngefähr 50 junge Mädchen aus der
Lankaster'schen Schule, die Lady D . . . . im Park
gestiftet, Thee und Kuchen. Alle waren egal ange-
zogen, und mitunter recht hübsch, Kinder von 6 -- 14
Jahren. Nach diesen erschienen die Arbeiter und setz-
ten sich an eine lange Tafel, die reichlich mit unge-
heuern Schüsseln voll Braten, Gemüse und Pudding
besetzt war. Jeder brachte sein Besteck und seinen
irdenen Becher selbst mit. Die Diener des Hauses
legten vor, machten überhaupt die Honneurs und
schenkten das Bier aus großen Gartengießkannen ein.

nur lachten, und ſo unmenſchlich es war, muß ich
mich doch anklagen, ſelbſt unter dieſen letztern gewe-
ſen zu ſeyn, denn es war doch gar zu ſpaßhaft, ſo
etwas Geſellſchaft nennen zu hören. In der That
hatte ich es aber auch ſo arg bisher noch nicht erlebt.

Früh am andern Morgen ritt ich nach C … hall,
um einige Tage dort zuzubringen, auf eine Einla-
dung zu Lord D. Geburtstag, der heute ländlich
und anſpruchslos gefeiert wurde. Die Familie befand
ſich, auſſer mir, ganz allein noch durch den älteſten
Sohn mit ſeiner ſchönen und lieblichen Frau ver-
mehrt, welche gewöhnlich in Irland reſidiren. Häus-
lichkeit war überall an der Tagesordnung. Man aß
früh, um gegen Abend dem Soupé im Freien bei-
wohnen zu können, welches Lord D . . . . allen ſei-
nen Lohnarbeitern gab, ohngefähr 100 an der Zahl.
Es ging dabei höchſt anſtändig zu. Wir ſaßen im
pleasure ground am eiſernen Zaun, und auf der ge-
mähten Wieſe waren die Tiſche für die Leute gedeckt.
Erſt bekamen ohngefähr 50 junge Mädchen aus der
Lankaſter’ſchen Schule, die Lady D . . . . im Park
geſtiftet, Thee und Kuchen. Alle waren egal ange-
zogen, und mitunter recht hübſch, Kinder von 6 — 14
Jahren. Nach dieſen erſchienen die Arbeiter und ſetz-
ten ſich an eine lange Tafel, die reichlich mit unge-
heuern Schüſſeln voll Braten, Gemüſe und Pudding
beſetzt war. Jeder brachte ſein Beſteck und ſeinen
irdenen Becher ſelbſt mit. Die Diener des Hauſes
legten vor, machten überhaupt die Honneurs und
ſchenkten das Bier aus großen Gartengießkannen ein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0403" n="383"/>
nur lachten, und &#x017F;o unmen&#x017F;chlich es war, muß ich<lb/>
mich doch anklagen, &#x017F;elb&#x017F;t unter die&#x017F;en letztern gewe-<lb/>
&#x017F;en zu &#x017F;eyn, denn es war doch gar zu &#x017F;paßhaft, &#x017F;o<lb/>
etwas Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft nennen zu hören. In der That<lb/>
hatte ich es aber auch &#x017F;o arg bisher noch nicht erlebt.</p><lb/>
          <p>Früh am andern Morgen ritt ich nach C &#x2026; hall,<lb/>
um einige Tage dort zuzubringen, auf eine Einla-<lb/>
dung zu Lord D. Geburtstag, der heute ländlich<lb/>
und an&#x017F;pruchslos gefeiert wurde. Die Familie befand<lb/>
&#x017F;ich, au&#x017F;&#x017F;er mir, ganz allein noch durch den älte&#x017F;ten<lb/>
Sohn mit &#x017F;einer &#x017F;chönen und lieblichen Frau ver-<lb/>
mehrt, welche gewöhnlich in Irland re&#x017F;idiren. Häus-<lb/>
lichkeit war überall an der Tagesordnung. Man aß<lb/>
früh, um gegen Abend dem Soup<hi rendition="#aq">é</hi> im Freien bei-<lb/>
wohnen zu können, welches Lord D . . . . allen &#x017F;ei-<lb/>
nen Lohnarbeitern gab, ohngefähr 100 an der Zahl.<lb/>
Es ging dabei höch&#x017F;t an&#x017F;tändig zu. Wir &#x017F;aßen im<lb/><hi rendition="#aq">pleasure ground</hi> am ei&#x017F;ernen Zaun, und auf der ge-<lb/>
mähten Wie&#x017F;e waren die Ti&#x017F;che für die Leute gedeckt.<lb/>
Er&#x017F;t bekamen ohngefähr 50 junge Mädchen aus der<lb/>
Lanka&#x017F;ter&#x2019;&#x017F;chen Schule, die Lady D . . . . im Park<lb/>
ge&#x017F;tiftet, Thee und Kuchen. Alle waren egal ange-<lb/>
zogen, und mitunter recht hüb&#x017F;ch, Kinder von 6 &#x2014; 14<lb/>
Jahren. Nach die&#x017F;en er&#x017F;chienen die Arbeiter und &#x017F;etz-<lb/>
ten &#x017F;ich an eine lange Tafel, die reichlich mit unge-<lb/>
heuern Schü&#x017F;&#x017F;eln voll Braten, Gemü&#x017F;e und Pudding<lb/>
be&#x017F;etzt war. Jeder brachte &#x017F;ein Be&#x017F;teck und &#x017F;einen<lb/>
irdenen Becher &#x017F;elb&#x017F;t mit. Die Diener des Hau&#x017F;es<lb/>
legten vor, machten überhaupt die Honneurs und<lb/>
&#x017F;chenkten das Bier aus großen Gartengießkannen ein.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0403] nur lachten, und ſo unmenſchlich es war, muß ich mich doch anklagen, ſelbſt unter dieſen letztern gewe- ſen zu ſeyn, denn es war doch gar zu ſpaßhaft, ſo etwas Geſellſchaft nennen zu hören. In der That hatte ich es aber auch ſo arg bisher noch nicht erlebt. Früh am andern Morgen ritt ich nach C … hall, um einige Tage dort zuzubringen, auf eine Einla- dung zu Lord D. Geburtstag, der heute ländlich und anſpruchslos gefeiert wurde. Die Familie befand ſich, auſſer mir, ganz allein noch durch den älteſten Sohn mit ſeiner ſchönen und lieblichen Frau ver- mehrt, welche gewöhnlich in Irland reſidiren. Häus- lichkeit war überall an der Tagesordnung. Man aß früh, um gegen Abend dem Soupé im Freien bei- wohnen zu können, welches Lord D . . . . allen ſei- nen Lohnarbeitern gab, ohngefähr 100 an der Zahl. Es ging dabei höchſt anſtändig zu. Wir ſaßen im pleasure ground am eiſernen Zaun, und auf der ge- mähten Wieſe waren die Tiſche für die Leute gedeckt. Erſt bekamen ohngefähr 50 junge Mädchen aus der Lankaſter’ſchen Schule, die Lady D . . . . im Park geſtiftet, Thee und Kuchen. Alle waren egal ange- zogen, und mitunter recht hübſch, Kinder von 6 — 14 Jahren. Nach dieſen erſchienen die Arbeiter und ſetz- ten ſich an eine lange Tafel, die reichlich mit unge- heuern Schüſſeln voll Braten, Gemüſe und Pudding beſetzt war. Jeder brachte ſein Beſteck und ſeinen irdenen Becher ſelbſt mit. Die Diener des Hauſes legten vor, machten überhaupt die Honneurs und ſchenkten das Bier aus großen Gartengießkannen ein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/403
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/403>, abgerufen am 24.11.2024.