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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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ich daher gegen 2 Uhr wieder bei den Hausgöttern
anlangte. -- Dieses Theater hat das Eigenthümliche,
daß es unter wirkliches Wasser gesetzt werden kann,
in welchem Element die Schauspieler oft Stunden
lang gleich Wasserthieren umherplätschern. Uebrigens
geht nichts über den Unsinn der hier aufgeführten
Melodrame, und über den horriblen Gesang, von
dem sie begleitet werden.



Man hat noch einen Fancyball arrangirt, der mir
aber nur einen traurigen Eindruck zurückließ. Ich
bemerkte einen blassen, in einen einfachen schwarzen
Domino gehüllten Mann, in dessen Gesicht ein un-
nennbarer Zug des bittersten Seelenleidens schmerz-
lich anzog. Er blieb nicht lange, und als ich mich
bei L. nach ihm erkundigte, gab dieser mir folgende
Auskunft: Dieser beklagenswerthe Sterbliche, Obrist
S ..., sagte er, würde den Helden zu einem schauer-
lichen Roman abgeben können. Wenn man von Je-
mand sagen kann, er sey unglücklich geboren, so ist
er es. Sein großes Vermögen verlor er früh durch
den frauduleusen Banquerott eines Freundes. Hun-
dertmal kam ihm seitdem das Glück entgegen, aber
immer nur, um ihn im entscheidenden Augenblick mit
dem Verschwinden aller Hoffnung zu äffen, und fast
jedesmal waren es nur die unbedeutendsten Kleinig-
keiten, ein verspäteter Brief, eine leicht mögliche Ver-

ich daher gegen 2 Uhr wieder bei den Hausgöttern
anlangte. — Dieſes Theater hat das Eigenthümliche,
daß es unter wirkliches Waſſer geſetzt werden kann,
in welchem Element die Schauſpieler oft Stunden
lang gleich Waſſerthieren umherplätſchern. Uebrigens
geht nichts über den Unſinn der hier aufgeführten
Melodrame, und über den horriblen Geſang, von
dem ſie begleitet werden.



Man hat noch einen Fancyball arrangirt, der mir
aber nur einen traurigen Eindruck zurückließ. Ich
bemerkte einen blaſſen, in einen einfachen ſchwarzen
Domino gehüllten Mann, in deſſen Geſicht ein un-
nennbarer Zug des bitterſten Seelenleidens ſchmerz-
lich anzog. Er blieb nicht lange, und als ich mich
bei L. nach ihm erkundigte, gab dieſer mir folgende
Auskunft: Dieſer beklagenswerthe Sterbliche, Obriſt
S …, ſagte er, würde den Helden zu einem ſchauer-
lichen Roman abgeben können. Wenn man von Je-
mand ſagen kann, er ſey unglücklich geboren, ſo iſt
er es. Sein großes Vermögen verlor er früh durch
den frauduleuſen Banquerott eines Freundes. Hun-
dertmal kam ihm ſeitdem das Glück entgegen, aber
immer nur, um ihn im entſcheidenden Augenblick mit
dem Verſchwinden aller Hoffnung zu äffen, und faſt
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[376/0396] ich daher gegen 2 Uhr wieder bei den Hausgöttern anlangte. — Dieſes Theater hat das Eigenthümliche, daß es unter wirkliches Waſſer geſetzt werden kann, in welchem Element die Schauſpieler oft Stunden lang gleich Waſſerthieren umherplätſchern. Uebrigens geht nichts über den Unſinn der hier aufgeführten Melodrame, und über den horriblen Geſang, von dem ſie begleitet werden. Den 20ſten. Man hat noch einen Fancyball arrangirt, der mir aber nur einen traurigen Eindruck zurückließ. Ich bemerkte einen blaſſen, in einen einfachen ſchwarzen Domino gehüllten Mann, in deſſen Geſicht ein un- nennbarer Zug des bitterſten Seelenleidens ſchmerz- lich anzog. Er blieb nicht lange, und als ich mich bei L. nach ihm erkundigte, gab dieſer mir folgende Auskunft: Dieſer beklagenswerthe Sterbliche, Obriſt S …, ſagte er, würde den Helden zu einem ſchauer- lichen Roman abgeben können. Wenn man von Je- mand ſagen kann, er ſey unglücklich geboren, ſo iſt er es. Sein großes Vermögen verlor er früh durch den frauduleuſen Banquerott eines Freundes. Hun- dertmal kam ihm ſeitdem das Glück entgegen, aber immer nur, um ihn im entſcheidenden Augenblick mit dem Verſchwinden aller Hoffnung zu äffen, und faſt jedesmal waren es nur die unbedeutendſten Kleinig- keiten, ein verſpäteter Brief, eine leicht mögliche Ver-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/396>, abgerufen am 24.11.2024.