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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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die er ihm anthut, und übergiebt ihn dann den her-
zugekommenen Polizey-Beamten. Die Sache war
klar vor vielen Zeugen, und der Delinquent würde,
wenn bei den Assisen die Klage angebracht worden
wäre, ohne Rettung entweder gehangen, oder auf
lange Jahre nach Botanybay transportirt worden seyn.
Seine Frau suchte indeß den Gentleman auf, und
flehte auf ihren Knieen um Gnade, der Dieb selbst,
ein nicht ungebildeter Mensch, schrieb die beweglich-
sten Briefe, und -- wer wird sich darüber wundern,
daß er endlich Mitleid und Erhörung fand, an dem
bestimmten Tag der Kläger ausblieb, und folglich der
Schuldige nach englischen Gesetzen frei gesprochen
wurde.

Dem Gentleman bekam jedoch dies unzeitige Mit-
leid übel genug. Vierzehn Tage nach dem Vorgefal-
lenen ward er von demselben Manne, der sein Schnupf-
tuch gestohlen, für Assault und gewaltsamen Angriff
auf offener Straße verklagt, und dieser durch Zeugen
bewiesen. Allerdings erwiederte Beklagter, daß dies
nur statt gefunden, weil ihm der Kläger sein Schnupf-
tuch gestohlen habe. Da Delinquent aber hierüber
bereits freigesprochen war, und Niemand derselben
Sache wegen zweimal vor Gericht gezogen werden
kann, so ward auf seinen Einwand gar keine Rück-
sicht genommen. Kurz, mit Schmerzensgeld und
Kosten mußte der zu großmüthige Bestohlne dem
Diebe und den Gerichten dafür noch gegen 100 L. St.
bezahlen.

Die ganze Gesellschaft fand diese Gerichtspflege ab-

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die er ihm anthut, und übergiebt ihn dann den her-
zugekommenen Polizey-Beamten. Die Sache war
klar vor vielen Zeugen, und der Delinquent würde,
wenn bei den Aſſiſen die Klage angebracht worden
wäre, ohne Rettung entweder gehangen, oder auf
lange Jahre nach Botanybay transportirt worden ſeyn.
Seine Frau ſuchte indeß den Gentleman auf, und
flehte auf ihren Knieen um Gnade, der Dieb ſelbſt,
ein nicht ungebildeter Menſch, ſchrieb die beweglich-
ſten Briefe, und — wer wird ſich darüber wundern,
daß er endlich Mitleid und Erhörung fand, an dem
beſtimmten Tag der Kläger ausblieb, und folglich der
Schuldige nach engliſchen Geſetzen frei geſprochen
wurde.

Dem Gentleman bekam jedoch dies unzeitige Mit-
leid übel genug. Vierzehn Tage nach dem Vorgefal-
lenen ward er von demſelben Manne, der ſein Schnupf-
tuch geſtohlen, für Aſſault und gewaltſamen Angriff
auf offener Straße verklagt, und dieſer durch Zeugen
bewieſen. Allerdings erwiederte Beklagter, daß dies
nur ſtatt gefunden, weil ihm der Kläger ſein Schnupf-
tuch geſtohlen habe. Da Delinquent aber hierüber
bereits freigeſprochen war, und Niemand derſelben
Sache wegen zweimal vor Gericht gezogen werden
kann, ſo ward auf ſeinen Einwand gar keine Rück-
ſicht genommen. Kurz, mit Schmerzensgeld und
Koſten mußte der zu großmüthige Beſtohlne dem
Diebe und den Gerichten dafür noch gegen 100 L. St.
bezahlen.

Die ganze Geſellſchaft fand dieſe Gerichtspflege ab-

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[323/0341] die er ihm anthut, und übergiebt ihn dann den her- zugekommenen Polizey-Beamten. Die Sache war klar vor vielen Zeugen, und der Delinquent würde, wenn bei den Aſſiſen die Klage angebracht worden wäre, ohne Rettung entweder gehangen, oder auf lange Jahre nach Botanybay transportirt worden ſeyn. Seine Frau ſuchte indeß den Gentleman auf, und flehte auf ihren Knieen um Gnade, der Dieb ſelbſt, ein nicht ungebildeter Menſch, ſchrieb die beweglich- ſten Briefe, und — wer wird ſich darüber wundern, daß er endlich Mitleid und Erhörung fand, an dem beſtimmten Tag der Kläger ausblieb, und folglich der Schuldige nach engliſchen Geſetzen frei geſprochen wurde. Dem Gentleman bekam jedoch dies unzeitige Mit- leid übel genug. Vierzehn Tage nach dem Vorgefal- lenen ward er von demſelben Manne, der ſein Schnupf- tuch geſtohlen, für Aſſault und gewaltſamen Angriff auf offener Straße verklagt, und dieſer durch Zeugen bewieſen. Allerdings erwiederte Beklagter, daß dies nur ſtatt gefunden, weil ihm der Kläger ſein Schnupf- tuch geſtohlen habe. Da Delinquent aber hierüber bereits freigeſprochen war, und Niemand derſelben Sache wegen zweimal vor Gericht gezogen werden kann, ſo ward auf ſeinen Einwand gar keine Rück- ſicht genommen. Kurz, mit Schmerzensgeld und Koſten mußte der zu großmüthige Beſtohlne dem Diebe und den Gerichten dafür noch gegen 100 L. St. bezahlen. Die ganze Geſellſchaft fand dieſe Gerichtspflege ab- 21*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/341>, abgerufen am 24.11.2024.