Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ben, welches nicht übel dem Lokal eines Schützen-
balles in unsern großen Städten gleicht, und mit
dem übrigen englischen Prunk und Luxus so lächer-
lich kontrastirt.



Bei Est ... fand ich gestern Morgen den Fürsten
S ......, der erst vor wenigen Monaten, von der
Krönung in Moskau kommend, hierdurch nach Bra-
silien gegangen war, und jetzt bereits von dort zu-
rück kam. Wie schnell man doch in unsern Zeiten
die größten Reisen mit Leichtigkeit zurücklegt! Von
allem, was er gesehen, gab er, für Naturschönheiten,
der Insel Madeira den Vorzug. Er hatte von da
kaum 8 Tage bis London gebraucht, was mir große
Lust macht, die Excursion auch zu versuchen, sobald
die Season vorüber ist.

Von 4 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Abends saß
ich im Hause der Gemeinen, gedrängt, in fürchter-
licher Hitze, höchst unbequem, und dennoch mit so
angespannter Aufmerksamkeit, so hingerissen, daß die
6 Stunden mir wie ein Augenblick vergingen.

Es ist in der That etwas Großes um eine solche
Landesrepräsentation! Diese Einfachheit in der Er-
scheinung, diese Würde und Erfahrung, diese unge-
heure Macht nach Außen, und dieses prunklose Fa-
milienverhältniß im Innern. --

Briefe eines Verstorbenen IV. 2

ben, welches nicht übel dem Lokal eines Schützen-
balles in unſern großen Städten gleicht, und mit
dem übrigen engliſchen Prunk und Luxus ſo lächer-
lich kontraſtirt.



Bei Eſt … fand ich geſtern Morgen den Fürſten
S ......, der erſt vor wenigen Monaten, von der
Krönung in Moskau kommend, hierdurch nach Bra-
ſilien gegangen war, und jetzt bereits von dort zu-
rück kam. Wie ſchnell man doch in unſern Zeiten
die größten Reiſen mit Leichtigkeit zurücklegt! Von
allem, was er geſehen, gab er, für Naturſchönheiten,
der Inſel Madeira den Vorzug. Er hatte von da
kaum 8 Tage bis London gebraucht, was mir große
Luſt macht, die Excurſion auch zu verſuchen, ſobald
die Seaſon vorüber iſt.

Von 4 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Abends ſaß
ich im Hauſe der Gemeinen, gedrängt, in fürchter-
licher Hitze, höchſt unbequem, und dennoch mit ſo
angeſpannter Aufmerkſamkeit, ſo hingeriſſen, daß die
6 Stunden mir wie ein Augenblick vergingen.

Es iſt in der That etwas Großes um eine ſolche
Landesrepräſentation! Dieſe Einfachheit in der Er-
ſcheinung, dieſe Würde und Erfahrung, dieſe unge-
heure Macht nach Außen, und dieſes prunkloſe Fa-
milienverhältniß im Innern. —

Briefe eines Verſtorbenen IV. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0033" n="17"/>
ben, welches nicht übel dem Lokal eines Schützen-<lb/>
balles in un&#x017F;ern großen Städten gleicht, und mit<lb/>
dem übrigen engli&#x017F;chen Prunk und Luxus &#x017F;o lächer-<lb/>
lich kontra&#x017F;tirt.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 1&#x017F;ten May.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Bei E&#x017F;t &#x2026; fand ich ge&#x017F;tern Morgen den Für&#x017F;ten<lb/>
S ......, der er&#x017F;t vor wenigen Monaten, von der<lb/>
Krönung in Moskau kommend, hierdurch nach Bra-<lb/>
&#x017F;ilien gegangen war, und jetzt bereits von dort zu-<lb/>
rück kam. Wie &#x017F;chnell man doch in un&#x017F;ern Zeiten<lb/>
die größten Rei&#x017F;en mit Leichtigkeit zurücklegt! Von<lb/>
allem, was er ge&#x017F;ehen, gab er, für Natur&#x017F;chönheiten,<lb/>
der In&#x017F;el Madeira den Vorzug. Er hatte von da<lb/>
kaum 8 Tage bis London gebraucht, was mir große<lb/>
Lu&#x017F;t macht, die Excur&#x017F;ion auch zu ver&#x017F;uchen, &#x017F;obald<lb/>
die Sea&#x017F;on vorüber i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Von 4 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Abends &#x017F;<lb/>
ich im Hau&#x017F;e der Gemeinen, gedrängt, in fürchter-<lb/>
licher Hitze, höch&#x017F;t unbequem, und dennoch mit &#x017F;o<lb/>
ange&#x017F;pannter Aufmerk&#x017F;amkeit, &#x017F;o hingeri&#x017F;&#x017F;en, daß die<lb/>
6 Stunden mir wie ein Augenblick vergingen.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t in der That etwas Großes um eine <hi rendition="#g">&#x017F;olche</hi><lb/>
Landesreprä&#x017F;entation! Die&#x017F;e Einfachheit in der Er-<lb/>
&#x017F;cheinung, die&#x017F;e Würde und Erfahrung, die&#x017F;e unge-<lb/>
heure Macht nach Außen, und die&#x017F;es prunklo&#x017F;e Fa-<lb/>
milienverhältniß im Innern. &#x2014;</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Briefe eines Ver&#x017F;torbenen <hi rendition="#aq">IV.</hi> 2</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0033] ben, welches nicht übel dem Lokal eines Schützen- balles in unſern großen Städten gleicht, und mit dem übrigen engliſchen Prunk und Luxus ſo lächer- lich kontraſtirt. Den 1ſten May. Bei Eſt … fand ich geſtern Morgen den Fürſten S ......, der erſt vor wenigen Monaten, von der Krönung in Moskau kommend, hierdurch nach Bra- ſilien gegangen war, und jetzt bereits von dort zu- rück kam. Wie ſchnell man doch in unſern Zeiten die größten Reiſen mit Leichtigkeit zurücklegt! Von allem, was er geſehen, gab er, für Naturſchönheiten, der Inſel Madeira den Vorzug. Er hatte von da kaum 8 Tage bis London gebraucht, was mir große Luſt macht, die Excurſion auch zu verſuchen, ſobald die Seaſon vorüber iſt. Von 4 Uhr Nachmittags bis 10 Uhr Abends ſaß ich im Hauſe der Gemeinen, gedrängt, in fürchter- licher Hitze, höchſt unbequem, und dennoch mit ſo angeſpannter Aufmerkſamkeit, ſo hingeriſſen, daß die 6 Stunden mir wie ein Augenblick vergingen. Es iſt in der That etwas Großes um eine ſolche Landesrepräſentation! Dieſe Einfachheit in der Er- ſcheinung, dieſe Würde und Erfahrung, dieſe unge- heure Macht nach Außen, und dieſes prunkloſe Fa- milienverhältniß im Innern. — Briefe eines Verſtorbenen IV. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/33
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/33>, abgerufen am 13.11.2024.