schnelle Abwechselung von Wald und Berg und Thal, das Geschrei und Gejauchze. Es ist beinahe wie ein kleiner Krieg.
Die hiesige Gegend ist sehr hüglich, und einmal ging die Jagd einen so langen und steilen Berg hin- an, daß die meisten Pferde nicht mehr fortkonnten, und auch die besten wie Blasebälge in der Schmiede stöhnten. Aber oben einmal angekommen, war der Coup d'oeil auch wahrhaft prachtvoll. Man übersah das Ganze, vom Fuchs bis zum letzten Traineur in voller Bewegung, mit einem Blick, und außerdem links ein reiches Thal, sich bis gegen London aus- dehnend, rechts das Meer im schönsten Sonnenglanz.
Den ersten Fuchs bekamen wir, der zweite aber er- reichte Malapartus vor uns, und entging auf diese Art seinen Verfolgern. Fast alle diese Jagden wer- den auf Subscription gehalten. Die hiesige Meute z. B., aus achtzig Hunden und drei Piqueurs mit neun Pferden bestehend, kostet jährlich 1050 L. St., wozu fünf und zwanzig Theilnehmer sind, die be- zahlen. Jeder der Lust hat, kann aber auch unent- geldlich mitreiten. Es kömmt also für die Entrepre- neurs auf den Mann nicht mehr als 42 L. St. jähr- lich. Diese sind jedoch nichts weniger als gleich ver- theilt. Die Reichen geben viel, die Armen wenig. Mancher zweihundert jährlich, ein anderer nur zehn, und ich glaube, dieses Arrangement wäre auch recht gut bei uns nachzuahmen, besonders von Seiten der Ar- men. Am auffallendsten sind bei diesen Jagden für unsre verwöhnten Augen die in schwarzen Röcken
Briefe eines Verstorbenen. IV. 20
ſchnelle Abwechſelung von Wald und Berg und Thal, das Geſchrei und Gejauchze. Es iſt beinahe wie ein kleiner Krieg.
Die hieſige Gegend iſt ſehr hüglich, und einmal ging die Jagd einen ſo langen und ſteilen Berg hin- an, daß die meiſten Pferde nicht mehr fortkonnten, und auch die beſten wie Blaſebälge in der Schmiede ſtöhnten. Aber oben einmal angekommen, war der Coup d’oeil auch wahrhaft prachtvoll. Man überſah das Ganze, vom Fuchs bis zum letzten Traineur in voller Bewegung, mit einem Blick, und außerdem links ein reiches Thal, ſich bis gegen London aus- dehnend, rechts das Meer im ſchönſten Sonnenglanz.
Den erſten Fuchs bekamen wir, der zweite aber er- reichte Malapartus vor uns, und entging auf dieſe Art ſeinen Verfolgern. Faſt alle dieſe Jagden wer- den auf Subſcription gehalten. Die hieſige Meute z. B., aus achtzig Hunden und drei Piqueurs mit neun Pferden beſtehend, koſtet jährlich 1050 L. St., wozu fünf und zwanzig Theilnehmer ſind, die be- zahlen. Jeder der Luſt hat, kann aber auch unent- geldlich mitreiten. Es kömmt alſo für die Entrepre- neurs auf den Mann nicht mehr als 42 L. St. jähr- lich. Dieſe ſind jedoch nichts weniger als gleich ver- theilt. Die Reichen geben viel, die Armen wenig. Mancher zweihundert jährlich, ein anderer nur zehn, und ich glaube, dieſes Arrangement wäre auch recht gut bei uns nachzuahmen, beſonders von Seiten der Ar- men. Am auffallendſten ſind bei dieſen Jagden für unſre verwöhnten Augen die in ſchwarzen Röcken
Briefe eines Verſtorbenen. IV. 20
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ſchnelle Abwechſelung von Wald und Berg und Thal,
das Geſchrei und Gejauchze. Es iſt beinahe wie ein
kleiner Krieg.
Die hieſige Gegend iſt ſehr hüglich, und einmal
ging die Jagd einen ſo langen und ſteilen Berg hin-
an, daß die meiſten Pferde nicht mehr fortkonnten,
und auch die beſten wie Blaſebälge in der Schmiede
ſtöhnten. Aber oben einmal angekommen, war der
Coup d’oeil auch wahrhaft prachtvoll. Man überſah
das Ganze, vom Fuchs bis zum letzten Traineur in
voller Bewegung, mit einem Blick, und außerdem
links ein reiches Thal, ſich bis gegen London aus-
dehnend, rechts das Meer im ſchönſten Sonnenglanz.
Den erſten Fuchs bekamen wir, der zweite aber er-
reichte Malapartus vor uns, und entging auf dieſe
Art ſeinen Verfolgern. Faſt alle dieſe Jagden wer-
den auf Subſcription gehalten. Die hieſige Meute
z. B., aus achtzig Hunden und drei Piqueurs mit
neun Pferden beſtehend, koſtet jährlich 1050 L. St.,
wozu fünf und zwanzig Theilnehmer ſind, die be-
zahlen. Jeder der Luſt hat, kann aber auch unent-
geldlich mitreiten. Es kömmt alſo für die Entrepre-
neurs auf den Mann nicht mehr als 42 L. St. jähr-
lich. Dieſe ſind jedoch nichts weniger als gleich ver-
theilt. Die Reichen geben viel, die Armen wenig.
Mancher zweihundert jährlich, ein anderer nur zehn, und
ich glaube, dieſes Arrangement wäre auch recht gut
bei uns nachzuahmen, beſonders von Seiten der Ar-
men. Am auffallendſten ſind bei dieſen Jagden für
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Briefe eines Verſtorbenen. IV. 20
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/323>, abgerufen am 24.11.2024.
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