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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Das Prachtwerk über die berühmten, im harten
Felsen ausgehauenen Tempel von Ellora von Daniels
interessirte mich ungemein. Das Alter dieser herrli-
chen Denkmäler ist im Grunde gänzlich unbekannt.
Höchst seltsam, und mit Merkels Hypothese, daß die
älteste Kulturperiode der Erde von Negern ausge-
gangen sey, völlig übereinstimmend ist es, daß die
Statue des Gottes im Allerheiligsten des ältesten
Budda-Tempels ganz offenbar die sehr markirten
Züge und das wollige Haar eines Negers darbietet.

Ein großer Stein von den Ruinen aus Persepolis,
ganz bedeckt mit der immer noch unentzifferten Pfeil-
schrift, große chinesische Gemälde, haushohe chinesi-
sche Laternen, ein riesengroßer Plan der Stadt Cal-
cutta, schöne persische Miniaturen etc. sind die vor-
züglichsten Merkwürdigkeiten dieser Sammlung.

Wir besahen hierauf auch die Waarenlager, wo
man alle indischen Produkte, wenn man sie sogleich
nach dem Continent verschickt, äußerst wohlfeil kau-
fen kann, da sie in diesem Fall keine Abgabe an das
Gouvernement zahlen. Shawls, die bei uns hun-
dert Louisd'or wenigstens kosten würden, sind in
größeren Quantitäten hier wohl für vierzig zu haben.
Die schönsten, die ich je gesehen, und deren Feinheit
und Pracht bei unsern Damen gewiß das größte Auf-
sehen machen würden, standen nur im Preis von 150
Guineen -- in England sind indessen Shawls über-
haupt wenig Mode, und werden nicht geachtet, so
daß man auch fast alle nur in's Ausland verkauft.


Das Prachtwerk über die berühmten, im harten
Felſen ausgehauenen Tempel von Ellora von Daniels
intereſſirte mich ungemein. Das Alter dieſer herrli-
chen Denkmäler iſt im Grunde gänzlich unbekannt.
Höchſt ſeltſam, und mit Merkels Hypotheſe, daß die
älteſte Kulturperiode der Erde von Negern ausge-
gangen ſey, völlig übereinſtimmend iſt es, daß die
Statue des Gottes im Allerheiligſten des älteſten
Budda-Tempels ganz offenbar die ſehr markirten
Züge und das wollige Haar eines Negers darbietet.

Ein großer Stein von den Ruinen aus Perſepolis,
ganz bedeckt mit der immer noch unentzifferten Pfeil-
ſchrift, große chineſiſche Gemälde, haushohe chineſi-
ſche Laternen, ein rieſengroßer Plan der Stadt Cal-
cutta, ſchöne perſiſche Miniaturen ꝛc. ſind die vor-
züglichſten Merkwürdigkeiten dieſer Sammlung.

Wir beſahen hierauf auch die Waarenlager, wo
man alle indiſchen Produkte, wenn man ſie ſogleich
nach dem Continent verſchickt, äußerſt wohlfeil kau-
fen kann, da ſie in dieſem Fall keine Abgabe an das
Gouvernement zahlen. Shawls, die bei uns hun-
dert Louisd’or wenigſtens koſten würden, ſind in
größeren Quantitäten hier wohl für vierzig zu haben.
Die ſchönſten, die ich je geſehen, und deren Feinheit
und Pracht bei unſern Damen gewiß das größte Auf-
ſehen machen würden, ſtanden nur im Preis von 150
Guineen — in England ſind indeſſen Shawls über-
haupt wenig Mode, und werden nicht geachtet, ſo
daß man auch faſt alle nur in’s Ausland verkauft.


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[301/0319] Das Prachtwerk über die berühmten, im harten Felſen ausgehauenen Tempel von Ellora von Daniels intereſſirte mich ungemein. Das Alter dieſer herrli- chen Denkmäler iſt im Grunde gänzlich unbekannt. Höchſt ſeltſam, und mit Merkels Hypotheſe, daß die älteſte Kulturperiode der Erde von Negern ausge- gangen ſey, völlig übereinſtimmend iſt es, daß die Statue des Gottes im Allerheiligſten des älteſten Budda-Tempels ganz offenbar die ſehr markirten Züge und das wollige Haar eines Negers darbietet. Ein großer Stein von den Ruinen aus Perſepolis, ganz bedeckt mit der immer noch unentzifferten Pfeil- ſchrift, große chineſiſche Gemälde, haushohe chineſi- ſche Laternen, ein rieſengroßer Plan der Stadt Cal- cutta, ſchöne perſiſche Miniaturen ꝛc. ſind die vor- züglichſten Merkwürdigkeiten dieſer Sammlung. Wir beſahen hierauf auch die Waarenlager, wo man alle indiſchen Produkte, wenn man ſie ſogleich nach dem Continent verſchickt, äußerſt wohlfeil kau- fen kann, da ſie in dieſem Fall keine Abgabe an das Gouvernement zahlen. Shawls, die bei uns hun- dert Louisd’or wenigſtens koſten würden, ſind in größeren Quantitäten hier wohl für vierzig zu haben. Die ſchönſten, die ich je geſehen, und deren Feinheit und Pracht bei unſern Damen gewiß das größte Auf- ſehen machen würden, ſtanden nur im Preis von 150 Guineen — in England ſind indeſſen Shawls über- haupt wenig Mode, und werden nicht geachtet, ſo daß man auch faſt alle nur in’s Ausland verkauft.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/319>, abgerufen am 24.11.2024.