oder irgend etwas besonders thue, was Besorgniß verrathe, und dadurch vielleicht die Unternehmung der Räuber beschleunige, so könne man ihm für nichts stehen, und sein Leben sey in der höchsten Gefahr, denn noch wisse man selbst nicht, ob die Hausleute mit im Complott wären. Er müsse sich daher auch wie gewöhnlich um 10 Uhr zu Bett legen, und es darauf ankommen lassen, was dann geschähe.
Mr. Jackson, mehr todt als lebendig über diese Nachricht, will sogleich das Haus verlassen, der Mi- nister erwiedert aber ernst, daß dies durchaus nicht zugelassen werden, ihm auch nichts helfen könne, da die Räuber bald seine neue Wohnung auffinden, und er dann um so sichrer ihre Beute werden müsse. "Beruhigen Sie sich," schließt Herr v. Sartines, "es wird Alles gut gehen, wenn Sie nur gute Conte- nance halten."
Du stellst Dir leicht vor, zu welchen lächerlichen Scenen die schreckliche Angst des alten Kaufmanns, die er fortwährend unter Lustigkeit zu verbergen su- chen muß, Anlaß gibt. Sein Bedienter, ein ächter Engländer, immer durstig, findet unterdessen in ei- nem Schrank Wein, den er gierig austrinkt. Es ist aber Brechweinstein, und er bekömmt in wenig Mi- nuten die heftigsten Uebelkeiten, wodurch sein Herr sich nun überzeugt, daß, anstatt ihn zu erstechen oder zu erschießen, man den Plan gemacht habe, ihn zu vergiften. In diesem Augenblick erscheint die Wir- thin mit der Chocolade. Außer sich saßt sie Liston
oder irgend etwas beſonders thue, was Beſorgniß verrathe, und dadurch vielleicht die Unternehmung der Räuber beſchleunige, ſo könne man ihm für nichts ſtehen, und ſein Leben ſey in der höchſten Gefahr, denn noch wiſſe man ſelbſt nicht, ob die Hausleute mit im Complott wären. Er müſſe ſich daher auch wie gewöhnlich um 10 Uhr zu Bett legen, und es darauf ankommen laſſen, was dann geſchähe.
Mr. Jackſon, mehr todt als lebendig über dieſe Nachricht, will ſogleich das Haus verlaſſen, der Mi- niſter erwiedert aber ernſt, daß dies durchaus nicht zugelaſſen werden, ihm auch nichts helfen könne, da die Räuber bald ſeine neue Wohnung auffinden, und er dann um ſo ſichrer ihre Beute werden müſſe. „Beruhigen Sie ſich,“ ſchließt Herr v. Sartines, „es wird Alles gut gehen, wenn Sie nur gute Conte- nance halten.“
Du ſtellſt Dir leicht vor, zu welchen lächerlichen Scenen die ſchreckliche Angſt des alten Kaufmanns, die er fortwährend unter Luſtigkeit zu verbergen ſu- chen muß, Anlaß gibt. Sein Bedienter, ein ächter Engländer, immer durſtig, findet unterdeſſen in ei- nem Schrank Wein, den er gierig austrinkt. Es iſt aber Brechweinſtein, und er bekömmt in wenig Mi- nuten die heftigſten Uebelkeiten, wodurch ſein Herr ſich nun überzeugt, daß, anſtatt ihn zu erſtechen oder zu erſchießen, man den Plan gemacht habe, ihn zu vergiften. In dieſem Augenblick erſcheint die Wir- thin mit der Chocolade. Außer ſich ſaßt ſie Liſton
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oder irgend etwas beſonders thue, was Beſorgniß
verrathe, und dadurch vielleicht die Unternehmung der
Räuber beſchleunige, ſo könne man ihm für nichts
ſtehen, und ſein Leben ſey in der höchſten Gefahr,
denn noch wiſſe man ſelbſt nicht, ob die Hausleute
mit im Complott wären. Er müſſe ſich daher auch
wie gewöhnlich um 10 Uhr zu Bett legen, und es
darauf ankommen laſſen, was dann geſchähe.
Mr. Jackſon, mehr todt als lebendig über dieſe
Nachricht, will ſogleich das Haus verlaſſen, der Mi-
niſter erwiedert aber ernſt, daß dies durchaus nicht
zugelaſſen werden, ihm auch nichts helfen könne, da
die Räuber bald ſeine neue Wohnung auffinden,
und er dann um ſo ſichrer ihre Beute werden müſſe.
„Beruhigen Sie ſich,“ ſchließt Herr v. Sartines, „es
wird Alles gut gehen, wenn Sie nur gute Conte-
nance halten.“
Du ſtellſt Dir leicht vor, zu welchen lächerlichen
Scenen die ſchreckliche Angſt des alten Kaufmanns,
die er fortwährend unter Luſtigkeit zu verbergen ſu-
chen muß, Anlaß gibt. Sein Bedienter, ein ächter
Engländer, immer durſtig, findet unterdeſſen in ei-
nem Schrank Wein, den er gierig austrinkt. Es iſt
aber Brechweinſtein, und er bekömmt in wenig Mi-
nuten die heftigſten Uebelkeiten, wodurch ſein Herr
ſich nun überzeugt, daß, anſtatt ihn zu erſtechen oder
zu erſchießen, man den Plan gemacht habe, ihn zu
vergiften. In dieſem Augenblick erſcheint die Wir-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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