ten, eine kalte Hasenpastete, ein Haselhuhn, dreier- lei Arten Pickles, in Wasser gekochter Blumenkohl, Kartoffeln, Butter und Käse. Daß man damit ein ganzes Kränzchen Spießbürger bei uns gespeist hätte, springt in die Augen.
Den 2ten October.
Das Erste was ich heute früh vor meinen Fen- stern erblickte, war die raffinirte Industrie eines Ma- terialhändlers, der sich nicht begnügt hatte, wie es in England bei allen seinen Collegen der Fall ist, eine große Menge chinesischer Theebüchsen, Mandarine, und Vasen vor seiner Boutike aufzustellen, sondern außerdem noch ein Uhrwerk am Fenster produzirte, wo ein stattlicher Türkenautomat emsig Mocca-Kaffee mahlte. Von hier begann ich meine weitere Tour. Zuvörderst besah ich die Stadt-Markt-Halle, ein schönes Gebäude, wo der Markt unter einem Glas- dach gehalten wird; dann die Tuchhalle, ein unge- heurer Raum, der blos mit Tüchern aller Art und Farben angefüllt ist, und endlich die größte Tuch- Fabrik im Orte, welche durch 3 Dampfmaschinen be- trieben wird. Man sieht mit dem rohen Material (hier das Sortiren der Wolle) anfangen, und mit dem fertigen Tuche endigen, und könnte recht gut seine Wolle früh in die Fabrik bringen, und Abends mit dem daraus gefertigten Rocke wieder heraus- kommen, wenn man zugleich einen Schneider mit-
Briefe eines Verstorbenen. IV. 15
ten, eine kalte Haſenpaſtete, ein Haſelhuhn, dreier- lei Arten Pickles, in Waſſer gekochter Blumenkohl, Kartoffeln, Butter und Käſe. Daß man damit ein ganzes Kränzchen Spießbürger bei uns geſpeist hätte, ſpringt in die Augen.
Den 2ten October.
Das Erſte was ich heute früh vor meinen Fen- ſtern erblickte, war die raffinirte Induſtrie eines Ma- terialhändlers, der ſich nicht begnügt hatte, wie es in England bei allen ſeinen Collegen der Fall iſt, eine große Menge chineſiſcher Theebüchſen, Mandarine, und Vaſen vor ſeiner Boutike aufzuſtellen, ſondern außerdem noch ein Uhrwerk am Fenſter produzirte, wo ein ſtattlicher Türkenautomat emſig Mocca-Kaffee mahlte. Von hier begann ich meine weitere Tour. Zuvörderſt beſah ich die Stadt-Markt-Halle, ein ſchönes Gebäude, wo der Markt unter einem Glas- dach gehalten wird; dann die Tuchhalle, ein unge- heurer Raum, der blos mit Tüchern aller Art und Farben angefüllt iſt, und endlich die größte Tuch- Fabrik im Orte, welche durch 3 Dampfmaſchinen be- trieben wird. Man ſieht mit dem rohen Material (hier das Sortiren der Wolle) anfangen, und mit dem fertigen Tuche endigen, und könnte recht gut ſeine Wolle früh in die Fabrik bringen, und Abends mit dem daraus gefertigten Rocke wieder heraus- kommen, wenn man zugleich einen Schneider mit-
Briefe eines Verſtorbenen. IV. 15
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0241"n="225"/>
ten, eine kalte Haſenpaſtete, ein Haſelhuhn, dreier-<lb/>
lei Arten Pickles, in Waſſer gekochter Blumenkohl,<lb/>
Kartoffeln, Butter und Käſe. Daß man damit ein<lb/>
ganzes Kränzchen Spießbürger bei uns geſpeist hätte,<lb/>ſpringt in die Augen.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 2ten October.</hi></dateline></opener><lb/><p>Das Erſte was ich heute früh vor meinen Fen-<lb/>ſtern erblickte, war die raffinirte Induſtrie eines Ma-<lb/>
terialhändlers, der ſich nicht begnügt hatte, wie es in<lb/>
England bei allen ſeinen Collegen der Fall iſt, eine<lb/>
große Menge chineſiſcher Theebüchſen, Mandarine,<lb/>
und Vaſen vor ſeiner Boutike aufzuſtellen, ſondern<lb/>
außerdem noch ein Uhrwerk am Fenſter produzirte,<lb/>
wo ein ſtattlicher Türkenautomat emſig Mocca-Kaffee<lb/>
mahlte. Von hier begann ich meine weitere Tour.<lb/>
Zuvörderſt beſah ich die Stadt-Markt-Halle, ein<lb/>ſchönes Gebäude, wo der Markt unter einem Glas-<lb/>
dach gehalten wird; dann die Tuchhalle, ein unge-<lb/>
heurer Raum, der blos mit Tüchern aller Art und<lb/>
Farben angefüllt iſt, und endlich die größte Tuch-<lb/>
Fabrik im Orte, welche durch 3 Dampfmaſchinen be-<lb/>
trieben wird. Man ſieht mit dem rohen Material<lb/>
(hier das Sortiren der Wolle) anfangen, und mit<lb/>
dem fertigen Tuche endigen, und könnte recht gut<lb/>ſeine Wolle früh in die Fabrik bringen, und Abends<lb/>
mit dem daraus gefertigten Rocke wieder heraus-<lb/>
kommen, wenn man zugleich einen Schneider mit-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Briefe eines Verſtorbenen. <hirendition="#aq">IV.</hi> 15</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[225/0241]
ten, eine kalte Haſenpaſtete, ein Haſelhuhn, dreier-
lei Arten Pickles, in Waſſer gekochter Blumenkohl,
Kartoffeln, Butter und Käſe. Daß man damit ein
ganzes Kränzchen Spießbürger bei uns geſpeist hätte,
ſpringt in die Augen.
Den 2ten October.
Das Erſte was ich heute früh vor meinen Fen-
ſtern erblickte, war die raffinirte Induſtrie eines Ma-
terialhändlers, der ſich nicht begnügt hatte, wie es in
England bei allen ſeinen Collegen der Fall iſt, eine
große Menge chineſiſcher Theebüchſen, Mandarine,
und Vaſen vor ſeiner Boutike aufzuſtellen, ſondern
außerdem noch ein Uhrwerk am Fenſter produzirte,
wo ein ſtattlicher Türkenautomat emſig Mocca-Kaffee
mahlte. Von hier begann ich meine weitere Tour.
Zuvörderſt beſah ich die Stadt-Markt-Halle, ein
ſchönes Gebäude, wo der Markt unter einem Glas-
dach gehalten wird; dann die Tuchhalle, ein unge-
heurer Raum, der blos mit Tüchern aller Art und
Farben angefüllt iſt, und endlich die größte Tuch-
Fabrik im Orte, welche durch 3 Dampfmaſchinen be-
trieben wird. Man ſieht mit dem rohen Material
(hier das Sortiren der Wolle) anfangen, und mit
dem fertigen Tuche endigen, und könnte recht gut
ſeine Wolle früh in die Fabrik bringen, und Abends
mit dem daraus gefertigten Rocke wieder heraus-
kommen, wenn man zugleich einen Schneider mit-
Briefe eines Verſtorbenen. IV. 15
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/241>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.