Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Auf dem Hause befindet sich, zwischen den Bildern
zweier alten Ritter, aus der alten Abtey geraubt,
die wahrscheinlich auf diese Figuren anspielende mo-
derne Inschrift: Sic transit gloria mundi. Auch
Fountain Abbey dankt ihren Untergang der Ein-
ziehung der Klöster durch Heinrich VIII. Wenn man
die Abtey verläßt, gelangt man nach einer halben
Stunde Wegs in einen höchst prachtvollen und mit
großem Aufwand unterhaltenen pleasure ground,
der durch viel Abwechselung von Berg und Thal,
herrliche Bäume und wohlbenützte Gruppirungen sehr
anzieht, im Uebrigen aber mit etwas alterthümlichen
Anlagen und einer Menge Lusthäusern, Tempeln und
bleiernen Statuen ohne Werth zu sehr überladen
ist. In einem dieser Tempel, den alten Göttern ge-
widmet, stand die Büste des -- Nero. Doch diesen
kleinen Mängeln wäre leicht abzuhelfen, das viele
Schöne der Natur und Anlage wird man aber sel-
ten so reich vereinigt antreffen. Am Ende des Wild-
parks liegt das Wohnhaus der Besitzerin, welche mit
40,000 L. St. Einkünften doch eine alte Jungfer,
von 67 Jahren, geblieben ist. Ich begegnete ihr im
Garten und wurde von ihr zum Luncheon eingela-
den, was ich mit Vergnügen annahm, da die Pro-
menade mich ziemlich hungrig gemacht hatte. Ich
fand dort noch sechs andere alte Jungfern, einen
Advokaten und einen jungen Husaren-Offizier, der
coq en pate zu seyn schien.

Um jedoch noch einmal auf die Ruine zurückzukom-
men (ich meine die Abtey, nicht die alte Jungfer),

Auf dem Hauſe befindet ſich, zwiſchen den Bildern
zweier alten Ritter, aus der alten Abtey geraubt,
die wahrſcheinlich auf dieſe Figuren anſpielende mo-
derne Inſchrift: Sic transit gloria mundi. Auch
Fountain Abbey dankt ihren Untergang der Ein-
ziehung der Klöſter durch Heinrich VIII. Wenn man
die Abtey verläßt, gelangt man nach einer halben
Stunde Wegs in einen höchſt prachtvollen und mit
großem Aufwand unterhaltenen pleasure ground,
der durch viel Abwechſelung von Berg und Thal,
herrliche Bäume und wohlbenützte Gruppirungen ſehr
anzieht, im Uebrigen aber mit etwas alterthümlichen
Anlagen und einer Menge Luſthäuſern, Tempeln und
bleiernen Statuen ohne Werth zu ſehr überladen
iſt. In einem dieſer Tempel, den alten Göttern ge-
widmet, ſtand die Büſte des — Nero. Doch dieſen
kleinen Mängeln wäre leicht abzuhelfen, das viele
Schöne der Natur und Anlage wird man aber ſel-
ten ſo reich vereinigt antreffen. Am Ende des Wild-
parks liegt das Wohnhaus der Beſitzerin, welche mit
40,000 L. St. Einkünften doch eine alte Jungfer,
von 67 Jahren, geblieben iſt. Ich begegnete ihr im
Garten und wurde von ihr zum Luncheon eingela-
den, was ich mit Vergnügen annahm, da die Pro-
menade mich ziemlich hungrig gemacht hatte. Ich
fand dort noch ſechs andere alte Jungfern, einen
Advokaten und einen jungen Huſaren-Offizier, der
coq en pàte zu ſeyn ſchien.

Um jedoch noch einmal auf die Ruine zurückzukom-
men (ich meine die Abtey, nicht die alte Jungfer),

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0230" n="214"/>
Auf dem Hau&#x017F;e befindet &#x017F;ich, zwi&#x017F;chen den Bildern<lb/>
zweier alten Ritter, aus der alten Abtey geraubt,<lb/>
die wahr&#x017F;cheinlich auf die&#x017F;e Figuren an&#x017F;pielende mo-<lb/>
derne In&#x017F;chrift: <hi rendition="#aq">Sic transit gloria mundi.</hi> Auch<lb/>
Fountain Abbey dankt ihren Untergang der Ein-<lb/>
ziehung der Klö&#x017F;ter durch Heinrich <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Wenn man<lb/>
die Abtey verläßt, gelangt man nach einer halben<lb/>
Stunde Wegs in einen höch&#x017F;t prachtvollen und mit<lb/>
großem Aufwand unterhaltenen <hi rendition="#aq">pleasure ground,</hi><lb/>
der durch viel Abwech&#x017F;elung von Berg und Thal,<lb/>
herrliche Bäume und wohlbenützte Gruppirungen &#x017F;ehr<lb/>
anzieht, im Uebrigen aber mit etwas alterthümlichen<lb/>
Anlagen und einer Menge Lu&#x017F;thäu&#x017F;ern, Tempeln und<lb/>
bleiernen Statuen ohne Werth zu &#x017F;ehr überladen<lb/>
i&#x017F;t. In einem die&#x017F;er Tempel, den alten Göttern ge-<lb/>
widmet, &#x017F;tand die Bü&#x017F;te des &#x2014; Nero. Doch die&#x017F;en<lb/>
kleinen Mängeln wäre leicht abzuhelfen, das viele<lb/>
Schöne der Natur und Anlage wird man aber &#x017F;el-<lb/>
ten &#x017F;o reich vereinigt antreffen. Am Ende des Wild-<lb/>
parks liegt das Wohnhaus der Be&#x017F;itzerin, welche mit<lb/>
40,000 L. St. Einkünften doch eine alte Jungfer,<lb/>
von 67 Jahren, geblieben i&#x017F;t. Ich begegnete ihr im<lb/>
Garten und wurde von ihr zum Luncheon eingela-<lb/>
den, was ich mit Vergnügen annahm, da die Pro-<lb/>
menade mich ziemlich hungrig gemacht hatte. Ich<lb/>
fand dort noch &#x017F;echs andere alte Jungfern, einen<lb/>
Advokaten und einen jungen Hu&#x017F;aren-Offizier, der<lb/><hi rendition="#aq">coq en pàte</hi> zu &#x017F;eyn &#x017F;chien.</p><lb/>
          <p>Um jedoch noch einmal auf die Ruine zurückzukom-<lb/>
men (ich meine die Abtey, nicht die alte Jungfer),<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0230] Auf dem Hauſe befindet ſich, zwiſchen den Bildern zweier alten Ritter, aus der alten Abtey geraubt, die wahrſcheinlich auf dieſe Figuren anſpielende mo- derne Inſchrift: Sic transit gloria mundi. Auch Fountain Abbey dankt ihren Untergang der Ein- ziehung der Klöſter durch Heinrich VIII. Wenn man die Abtey verläßt, gelangt man nach einer halben Stunde Wegs in einen höchſt prachtvollen und mit großem Aufwand unterhaltenen pleasure ground, der durch viel Abwechſelung von Berg und Thal, herrliche Bäume und wohlbenützte Gruppirungen ſehr anzieht, im Uebrigen aber mit etwas alterthümlichen Anlagen und einer Menge Luſthäuſern, Tempeln und bleiernen Statuen ohne Werth zu ſehr überladen iſt. In einem dieſer Tempel, den alten Göttern ge- widmet, ſtand die Büſte des — Nero. Doch dieſen kleinen Mängeln wäre leicht abzuhelfen, das viele Schöne der Natur und Anlage wird man aber ſel- ten ſo reich vereinigt antreffen. Am Ende des Wild- parks liegt das Wohnhaus der Beſitzerin, welche mit 40,000 L. St. Einkünften doch eine alte Jungfer, von 67 Jahren, geblieben iſt. Ich begegnete ihr im Garten und wurde von ihr zum Luncheon eingela- den, was ich mit Vergnügen annahm, da die Pro- menade mich ziemlich hungrig gemacht hatte. Ich fand dort noch ſechs andere alte Jungfern, einen Advokaten und einen jungen Huſaren-Offizier, der coq en pàte zu ſeyn ſchien. Um jedoch noch einmal auf die Ruine zurückzukom- men (ich meine die Abtey, nicht die alte Jungfer),

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/230
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/230>, abgerufen am 24.11.2024.