Rücken gegen die See gekehrt. Ein scharfer Felsen- schiefer hoch über ihnen löste sich durch ein Ungefähr ab, und durch die zunehmende Schnelligkeit des Falls fast mit Blitzesschnelle ankommend, schnitt er dem ei- nen Mädchen, das eben emsig mit dem andern schwatzte, den Kopf so rein ab, daß dieser weit auf den Meersand hinausrollte, und der Körper ruhig sitzen blieb. Die Aeltern leben noch im Dorfe.
Ripon den 27sten.
Ich schlief die Nacht sehr gut in meinem Wagen, frühstückte im Blumengarten eines netten Gasthofs, und eilte dann nach Studley-Park, der die famösen Ruinen von Fountains Abbey enthält, welche für die größten und schönsten in England gehalten werden. Sie übertrafen bei weitem noch meine Erwartung, so wie auch den Park. Ich will Dir daher dies Alles in der Ordnung beschreiben.
Durch einen majestätischen Wald führt der Weg zuerst an einem Abhange hin, bis man an einer jäh- lingen Wendung desselben in ein langes Wiesenthal kömmt, dessen Breite ohngefähr 300 -- 400 Fuß seyn mag, und in dessen Mitte ein kleiner Fluß strömt, den verschiedene natürliche Wasserfälle unterbrechen. Die eine Seite des Thals bildet ein ansehnlicher Bergrücken mit alten Eschen, Buchen und Eichen bewachsen, die andre eine schroffe Felsenmauer mit Schlingpflanzen überhangen und ebenfalls mit ural-
14*
Rücken gegen die See gekehrt. Ein ſcharfer Felſen- ſchiefer hoch über ihnen löste ſich durch ein Ungefähr ab, und durch die zunehmende Schnelligkeit des Falls faſt mit Blitzesſchnelle ankommend, ſchnitt er dem ei- nen Mädchen, das eben emſig mit dem andern ſchwatzte, den Kopf ſo rein ab, daß dieſer weit auf den Meerſand hinausrollte, und der Körper ruhig ſitzen blieb. Die Aeltern leben noch im Dorfe.
Ripon den 27ſten.
Ich ſchlief die Nacht ſehr gut in meinem Wagen, frühſtückte im Blumengarten eines netten Gaſthofs, und eilte dann nach Studley-Park, der die famöſen Ruinen von Fountains Abbey enthält, welche für die größten und ſchönſten in England gehalten werden. Sie übertrafen bei weitem noch meine Erwartung, ſo wie auch den Park. Ich will Dir daher dies Alles in der Ordnung beſchreiben.
Durch einen majeſtätiſchen Wald führt der Weg zuerſt an einem Abhange hin, bis man an einer jäh- lingen Wendung desſelben in ein langes Wieſenthal kömmt, deſſen Breite ohngefähr 300 — 400 Fuß ſeyn mag, und in deſſen Mitte ein kleiner Fluß ſtrömt, den verſchiedene natürliche Waſſerfälle unterbrechen. Die eine Seite des Thals bildet ein anſehnlicher Bergrücken mit alten Eſchen, Buchen und Eichen bewachſen, die andre eine ſchroffe Felſenmauer mit Schlingpflanzen überhangen und ebenfalls mit ural-
14*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0227"n="211"/>
Rücken gegen die See gekehrt. Ein ſcharfer Felſen-<lb/>ſchiefer hoch über ihnen löste ſich durch ein Ungefähr<lb/>
ab, und durch die zunehmende Schnelligkeit des Falls<lb/>
faſt mit Blitzesſchnelle ankommend, ſchnitt er dem ei-<lb/>
nen Mädchen, das eben emſig mit dem andern<lb/>ſchwatzte, den Kopf ſo rein ab, daß dieſer weit auf<lb/>
den Meerſand hinausrollte, und der Körper ruhig<lb/>ſitzen blieb. Die Aeltern leben noch im <choice><sic>Dorſe</sic><corr>Dorfe</corr></choice>.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Ripon den 27ſten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Ich ſchlief die Nacht ſehr gut in meinem Wagen,<lb/>
frühſtückte im Blumengarten eines netten Gaſthofs,<lb/>
und eilte dann nach Studley-Park, der die famöſen<lb/>
Ruinen von Fountains Abbey enthält, welche für die<lb/>
größten und ſchönſten in England gehalten werden.<lb/>
Sie übertrafen bei weitem noch meine Erwartung,<lb/>ſo wie auch den Park. Ich will Dir daher dies<lb/>
Alles in der Ordnung beſchreiben.</p><lb/><p>Durch einen majeſtätiſchen Wald führt der Weg<lb/>
zuerſt an einem Abhange hin, bis man an einer jäh-<lb/>
lingen Wendung desſelben in ein langes Wieſenthal<lb/>
kömmt, deſſen Breite ohngefähr 300 — 400 Fuß ſeyn<lb/>
mag, und in deſſen Mitte ein kleiner Fluß ſtrömt,<lb/>
den verſchiedene natürliche Waſſerfälle unterbrechen.<lb/>
Die eine Seite des Thals bildet ein anſehnlicher<lb/>
Bergrücken mit alten Eſchen, Buchen und Eichen<lb/>
bewachſen, die andre eine ſchroffe Felſenmauer mit<lb/>
Schlingpflanzen überhangen und ebenfalls mit ural-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">14*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[211/0227]
Rücken gegen die See gekehrt. Ein ſcharfer Felſen-
ſchiefer hoch über ihnen löste ſich durch ein Ungefähr
ab, und durch die zunehmende Schnelligkeit des Falls
faſt mit Blitzesſchnelle ankommend, ſchnitt er dem ei-
nen Mädchen, das eben emſig mit dem andern
ſchwatzte, den Kopf ſo rein ab, daß dieſer weit auf
den Meerſand hinausrollte, und der Körper ruhig
ſitzen blieb. Die Aeltern leben noch im Dorfe.
Ripon den 27ſten.
Ich ſchlief die Nacht ſehr gut in meinem Wagen,
frühſtückte im Blumengarten eines netten Gaſthofs,
und eilte dann nach Studley-Park, der die famöſen
Ruinen von Fountains Abbey enthält, welche für die
größten und ſchönſten in England gehalten werden.
Sie übertrafen bei weitem noch meine Erwartung,
ſo wie auch den Park. Ich will Dir daher dies
Alles in der Ordnung beſchreiben.
Durch einen majeſtätiſchen Wald führt der Weg
zuerſt an einem Abhange hin, bis man an einer jäh-
lingen Wendung desſelben in ein langes Wieſenthal
kömmt, deſſen Breite ohngefähr 300 — 400 Fuß ſeyn
mag, und in deſſen Mitte ein kleiner Fluß ſtrömt,
den verſchiedene natürliche Waſſerfälle unterbrechen.
Die eine Seite des Thals bildet ein anſehnlicher
Bergrücken mit alten Eſchen, Buchen und Eichen
bewachſen, die andre eine ſchroffe Felſenmauer mit
Schlingpflanzen überhangen und ebenfalls mit ural-
14*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/227>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.