zu lassen. Der Herzog gab lächelnd seine Einwilli- gung, ging nach der Hütte, und der erfreute Vater holte den neugierigen Sprößling. Kaum war dieser jedoch hereingestürzt, als er schon verwundert vor dem etwas ältlichen und unansehnlichen Herzog, von dessen Macht und Größe er so viel gehört hatte, stehen blieb, ihn lange ansah, dann befühlte, und nun plötzlich fragte: "Könnt Ihr schwimmen?" Nein, mein guter Knabe. "Könnt Ihr fliegen?" Nein, das kann ich auch nicht. "Nun dann, bei meiner Treu, da ist mir doch Vaters Entrich lieber, denn der kann Beides."
Whitby hat einen, von höchst malerischen Felsen eingefaßten Seehafen, mit einem schönen Molo von Granit, der sich weit ins Meer hinein erstreckt, und von dem man zugleich eine herrliche Aussicht auf die Stadt hat. Besonders schön nimmt sich auf dem ei- nen schroffen Felsenufer die berühmte Ruine der Abtey aus, welche im sechsten Jahrhundert von ei- nem König von Northumberland gegründet ward. Sie ist jetzt das Eigenthum eines Privatmannes, der gar nichts für die Unterhaltung dieses erhabnen Denkmals alter Größe thut. Sein Vieh weidet in den Ruinen, die so voller Unflath liegen, daß man sie kaum näher besichtigen kann. Ich stieg beim Schein des jungen Mondes hinauf, und war entzückt über den romantischen Effekt. Ungeheure Pfeiler, leicht wie schlanke Tannen in die Höhe steigend, mit langen Fensterreihen, sind noch wohl erhalten, und viele kunstreiche Verzierungen so unversehrt, als
zu laſſen. Der Herzog gab lächelnd ſeine Einwilli- gung, ging nach der Hütte, und der erfreute Vater holte den neugierigen Sprößling. Kaum war dieſer jedoch hereingeſtürzt, als er ſchon verwundert vor dem etwas ältlichen und unanſehnlichen Herzog, von deſſen Macht und Größe er ſo viel gehört hatte, ſtehen blieb, ihn lange anſah, dann befühlte, und nun plötzlich fragte: „Könnt Ihr ſchwimmen?“ Nein, mein guter Knabe. „Könnt Ihr fliegen?“ Nein, das kann ich auch nicht. „Nun dann, bei meiner Treu, da iſt mir doch Vaters Entrich lieber, denn der kann Beides.“
Whitby hat einen, von höchſt maleriſchen Felſen eingefaßten Seehafen, mit einem ſchönen Molo von Granit, der ſich weit ins Meer hinein erſtreckt, und von dem man zugleich eine herrliche Ausſicht auf die Stadt hat. Beſonders ſchön nimmt ſich auf dem ei- nen ſchroffen Felſenufer die berühmte Ruine der Abtey aus, welche im ſechsten Jahrhundert von ei- nem König von Northumberland gegründet ward. Sie iſt jetzt das Eigenthum eines Privatmannes, der gar nichts für die Unterhaltung dieſes erhabnen Denkmals alter Größe thut. Sein Vieh weidet in den Ruinen, die ſo voller Unflath liegen, daß man ſie kaum näher beſichtigen kann. Ich ſtieg beim Schein des jungen Mondes hinauf, und war entzückt über den romantiſchen Effekt. Ungeheure Pfeiler, leicht wie ſchlanke Tannen in die Höhe ſteigend, mit langen Fenſterreihen, ſind noch wohl erhalten, und viele kunſtreiche Verzierungen ſo unverſehrt, als
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[204/0220]
zu laſſen. Der Herzog gab lächelnd ſeine Einwilli-
gung, ging nach der Hütte, und der erfreute Vater
holte den neugierigen Sprößling. Kaum war dieſer
jedoch hereingeſtürzt, als er ſchon verwundert vor
dem etwas ältlichen und unanſehnlichen Herzog, von
deſſen Macht und Größe er ſo viel gehört hatte,
ſtehen blieb, ihn lange anſah, dann befühlte, und
nun plötzlich fragte: „Könnt Ihr ſchwimmen?“ Nein,
mein guter Knabe. „Könnt Ihr fliegen?“ Nein,
das kann ich auch nicht. „Nun dann, bei meiner
Treu, da iſt mir doch Vaters Entrich lieber, denn
der kann Beides.“
Whitby hat einen, von höchſt maleriſchen Felſen
eingefaßten Seehafen, mit einem ſchönen Molo von
Granit, der ſich weit ins Meer hinein erſtreckt, und
von dem man zugleich eine herrliche Ausſicht auf die
Stadt hat. Beſonders ſchön nimmt ſich auf dem ei-
nen ſchroffen Felſenufer die berühmte Ruine der
Abtey aus, welche im ſechsten Jahrhundert von ei-
nem König von Northumberland gegründet ward.
Sie iſt jetzt das Eigenthum eines Privatmannes, der
gar nichts für die Unterhaltung dieſes erhabnen
Denkmals alter Größe thut. Sein Vieh weidet in
den Ruinen, die ſo voller Unflath liegen, daß man
ſie kaum näher beſichtigen kann. Ich ſtieg beim Schein
des jungen Mondes hinauf, und war entzückt
über den romantiſchen Effekt. Ungeheure Pfeiler,
leicht wie ſchlanke Tannen in die Höhe ſteigend, mit
langen Fenſterreihen, ſind noch wohl erhalten, und
viele kunſtreiche Verzierungen ſo unverſehrt, als
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/220>, abgerufen am 24.11.2024.
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