Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

auf die Stelle, wo das Meer bei der Ebbe zurück-
tritt, eine sehr eigenthümliche Promenade. Reitpferde
und Wagen stehen darauf in Menge zum Miethen
bereit, und man kann mehrere Meilen, hart am Saum
der Wellen, auf einem Boden zart wie Sammt da-
hinreiten. Das alte Schloß von Scarborough auf
der einen Seite, und eine prächtige eiserne Brücke,
die zwei Berge verbindet, auf der andern, erhöhen
das Pittoreske des Anblicks. Ich ritt nachher bei
der Abendsonne Schein auch noch auf das Schloß
hinauf, von dem die Aussicht prächtig ist, und das
eine imposante Ruine bildet. Hier wurde Gaveston,
der Günstling Eduard II., vom Grafen Warwick,
dessen Grab ich Dir auf meiner ersten Landtour be-
schrieb, gefangen, und schnell zur Hinrichtung nach
seinem Schlosse abgeführt.

Auf dem höchsten Punkte der Ruine steht ein ei-
sernes Behältniß, wie ein Kiehnkorb construirt, das
zu Signalen dient. Es wird eine große Tonne Theer
hineingesetzt und angezündet. Sie brennt dann in
hohen, lodernden Flammen die ganze Nacht. Das
Schloß steht auf einem weit in die See hervortre-
tenden Felsen, der circa 150 -- 200 Fuß senkrecht aus
der See emporsteigt, und oben neben dem Schloß
auf seiner Oberfläche noch eine schöne Wiese bildet.


auf die Stelle, wo das Meer bei der Ebbe zurück-
tritt, eine ſehr eigenthümliche Promenade. Reitpferde
und Wagen ſtehen darauf in Menge zum Miethen
bereit, und man kann mehrere Meilen, hart am Saum
der Wellen, auf einem Boden zart wie Sammt da-
hinreiten. Das alte Schloß von Scarborough auf
der einen Seite, und eine prächtige eiſerne Brücke,
die zwei Berge verbindet, auf der andern, erhöhen
das Pittoreske des Anblicks. Ich ritt nachher bei
der Abendſonne Schein auch noch auf das Schloß
hinauf, von dem die Ausſicht prächtig iſt, und das
eine impoſante Ruine bildet. Hier wurde Gaveſton,
der Günſtling Eduard II., vom Grafen Warwick,
deſſen Grab ich Dir auf meiner erſten Landtour be-
ſchrieb, gefangen, und ſchnell zur Hinrichtung nach
ſeinem Schloſſe abgeführt.

Auf dem höchſten Punkte der Ruine ſteht ein ei-
ſernes Behältniß, wie ein Kiehnkorb conſtruirt, das
zu Signalen dient. Es wird eine große Tonne Theer
hineingeſetzt und angezündet. Sie brennt dann in
hohen, lodernden Flammen die ganze Nacht. Das
Schloß ſteht auf einem weit in die See hervortre-
tenden Felſen, der circa 150 — 200 Fuß ſenkrecht aus
der See emporſteigt, und oben neben dem Schloß
auf ſeiner Oberfläche noch eine ſchöne Wieſe bildet.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0212" n="196"/>
auf die Stelle, wo das Meer bei der Ebbe zurück-<lb/>
tritt, eine &#x017F;ehr eigenthümliche Promenade. Reitpferde<lb/>
und Wagen &#x017F;tehen darauf in Menge zum Miethen<lb/>
bereit, und man kann mehrere Meilen, hart am Saum<lb/>
der Wellen, auf einem Boden zart wie Sammt da-<lb/>
hinreiten. Das alte Schloß von Scarborough auf<lb/>
der einen Seite, und eine prächtige ei&#x017F;erne Brücke,<lb/>
die zwei Berge verbindet, auf der andern, erhöhen<lb/>
das Pittoreske des Anblicks. Ich ritt nachher bei<lb/>
der Abend&#x017F;onne Schein auch noch auf das Schloß<lb/>
hinauf, von dem die Aus&#x017F;icht prächtig i&#x017F;t, und das<lb/>
eine impo&#x017F;ante Ruine bildet. Hier wurde Gave&#x017F;ton,<lb/>
der Gün&#x017F;tling Eduard <hi rendition="#aq">II.</hi>, vom Grafen Warwick,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Grab ich Dir auf meiner er&#x017F;ten Landtour be-<lb/>
&#x017F;chrieb, gefangen, und &#x017F;chnell zur Hinrichtung nach<lb/>
&#x017F;einem Schlo&#x017F;&#x017F;e abgeführt.</p><lb/>
          <p>Auf dem höch&#x017F;ten Punkte der Ruine &#x017F;teht ein ei-<lb/>
&#x017F;ernes Behältniß, wie ein Kiehnkorb con&#x017F;truirt, das<lb/>
zu Signalen dient. Es wird eine große Tonne Theer<lb/>
hineinge&#x017F;etzt und angezündet. Sie brennt dann in<lb/>
hohen, lodernden Flammen die ganze Nacht. Das<lb/>
Schloß &#x017F;teht auf einem weit in die See hervortre-<lb/>
tenden Fel&#x017F;en, der circa 150 &#x2014; 200 Fuß &#x017F;enkrecht aus<lb/>
der See empor&#x017F;teigt, und oben neben dem Schloß<lb/>
auf &#x017F;einer Oberfläche noch eine &#x017F;chöne Wie&#x017F;e bildet.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0212] auf die Stelle, wo das Meer bei der Ebbe zurück- tritt, eine ſehr eigenthümliche Promenade. Reitpferde und Wagen ſtehen darauf in Menge zum Miethen bereit, und man kann mehrere Meilen, hart am Saum der Wellen, auf einem Boden zart wie Sammt da- hinreiten. Das alte Schloß von Scarborough auf der einen Seite, und eine prächtige eiſerne Brücke, die zwei Berge verbindet, auf der andern, erhöhen das Pittoreske des Anblicks. Ich ritt nachher bei der Abendſonne Schein auch noch auf das Schloß hinauf, von dem die Ausſicht prächtig iſt, und das eine impoſante Ruine bildet. Hier wurde Gaveſton, der Günſtling Eduard II., vom Grafen Warwick, deſſen Grab ich Dir auf meiner erſten Landtour be- ſchrieb, gefangen, und ſchnell zur Hinrichtung nach ſeinem Schloſſe abgeführt. Auf dem höchſten Punkte der Ruine ſteht ein ei- ſernes Behältniß, wie ein Kiehnkorb conſtruirt, das zu Signalen dient. Es wird eine große Tonne Theer hineingeſetzt und angezündet. Sie brennt dann in hohen, lodernden Flammen die ganze Nacht. Das Schloß ſteht auf einem weit in die See hervortre- tenden Felſen, der circa 150 — 200 Fuß ſenkrecht aus der See emporſteigt, und oben neben dem Schloß auf ſeiner Oberfläche noch eine ſchöne Wieſe bildet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/212
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/212>, abgerufen am 24.11.2024.