ihm wehren konnte, höchst ruhig und anständig beim Kamine stand, um mit einer schalkhaft dummen Miene seine triefenden Ohren am Feuer zu trocknen. Die beiden alten Hexen wollten vergehen vor Wuth, ich vor Lachen. Mit Gewalt sollte ich nun das Thier wieder herausbringen -- mir aber that der arme Gefährte zu leid, selbst wagten sie nicht Hand an ihn zu legen, und unter Schelten und Schmähen, was ich, so gut ich konnte, durch süße Worte und einen Schilling zu besänftigen suchte, blieben wir so, halb bittend, halb gewaltsam, beide glücklich in der Stube, bis wir ein wenig trockener geworden waren, und die Bouraske aufgehört hatte. Das Trocken- werden half indeß nicht viel, denn beim Eintritt in das romantische Forge-Valley fingen Sturm und Regen von neuem zu toben an. Ich ergab mich in mein Schicksal, obgleich ohne alle Schutzmittel, und tröstete mich mit den Schönheiten der Umgebung, ein enges hohes, mit üppigem Wald bewachsenes Thal, in dem ein reißender Waldbach sich schäumend seinen Weg bahnte. An dem Bache hin führte eine bequeme Straße. Ich bemerkte unterwegs eine einfache und hübsche Art, einen Quell zu fassen, blos durch zwei große gesprengte Steine mit einem noch größern quer darüber gelegt, unter welcher Pforte das Wasser sprudelnd hervorströmte.
Um einer Verkältung wo möglich zu begegnen, nahm ich bei meiner Zuhausekunft ein warmes See- bad, und begab mich dann auf den Sand, d. h.
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ihm wehren konnte, höchſt ruhig und anſtändig beim Kamine ſtand, um mit einer ſchalkhaft dummen Miene ſeine triefenden Ohren am Feuer zu trocknen. Die beiden alten Hexen wollten vergehen vor Wuth, ich vor Lachen. Mit Gewalt ſollte ich nun das Thier wieder herausbringen — mir aber that der arme Gefährte zu leid, ſelbſt wagten ſie nicht Hand an ihn zu legen, und unter Schelten und Schmähen, was ich, ſo gut ich konnte, durch ſüße Worte und einen Schilling zu beſänftigen ſuchte, blieben wir ſo, halb bittend, halb gewaltſam, beide glücklich in der Stube, bis wir ein wenig trockener geworden waren, und die Bouraske aufgehört hatte. Das Trocken- werden half indeß nicht viel, denn beim Eintritt in das romantiſche Forge-Valley fingen Sturm und Regen von neuem zu toben an. Ich ergab mich in mein Schickſal, obgleich ohne alle Schutzmittel, und tröſtete mich mit den Schönheiten der Umgebung, ein enges hohes, mit üppigem Wald bewachſenes Thal, in dem ein reißender Waldbach ſich ſchäumend ſeinen Weg bahnte. An dem Bache hin führte eine bequeme Straße. Ich bemerkte unterwegs eine einfache und hübſche Art, einen Quell zu faſſen, blos durch zwei große geſprengte Steine mit einem noch größern quer darüber gelegt, unter welcher Pforte das Waſſer ſprudelnd hervorſtrömte.
Um einer Verkältung wo möglich zu begegnen, nahm ich bei meiner Zuhauſekunft ein warmes See- bad, und begab mich dann auf den Sand, d. h.
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[195/0211]
ihm wehren konnte, höchſt ruhig und anſtändig beim
Kamine ſtand, um mit einer ſchalkhaft dummen
Miene ſeine triefenden Ohren am Feuer zu trocknen.
Die beiden alten Hexen wollten vergehen vor Wuth,
ich vor Lachen. Mit Gewalt ſollte ich nun das Thier
wieder herausbringen — mir aber that der arme
Gefährte zu leid, ſelbſt wagten ſie nicht Hand an
ihn zu legen, und unter Schelten und Schmähen,
was ich, ſo gut ich konnte, durch ſüße Worte und
einen Schilling zu beſänftigen ſuchte, blieben wir ſo,
halb bittend, halb gewaltſam, beide glücklich in der
Stube, bis wir ein wenig trockener geworden waren,
und die Bouraske aufgehört hatte. Das Trocken-
werden half indeß nicht viel, denn beim Eintritt in
das romantiſche Forge-Valley fingen Sturm und
Regen von neuem zu toben an. Ich ergab mich in
mein Schickſal, obgleich ohne alle Schutzmittel, und
tröſtete mich mit den Schönheiten der Umgebung, ein
enges hohes, mit üppigem Wald bewachſenes Thal,
in dem ein reißender Waldbach ſich ſchäumend ſeinen
Weg bahnte. An dem Bache hin führte eine bequeme
Straße. Ich bemerkte unterwegs eine einfache und
hübſche Art, einen Quell zu faſſen, blos durch zwei
große geſprengte Steine mit einem noch größern quer
darüber gelegt, unter welcher Pforte das Waſſer
ſprudelnd hervorſtrömte.
Um einer Verkältung wo möglich zu begegnen,
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/211>, abgerufen am 24.11.2024.
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