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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Eine andere gute Einrichtung besteht in der Auf-
stellung von Bücherbehältnissen, um das einzelne
Herumliegen derjenigen Bücher zu verhindern, die
in öfterem oder gewöhnlichem Gebrauch sind. Sie
haben die Form einer doppelten Schaufel, mit einem
Unterschied in der Mitte, und emporstehenden Sei-
tenrändern. Auf beiden Seiten werden die Bücher
hineingestellt. Die gothischen Fenster sind hier zwar
modern, aber denen in der Kirche sehr gut nachge-
abmt. Auch die Art, wie sie in Blei gefaßt, sehr ge-
fällig, mit sich fortwährend durchschneidenden Cirkeln.
Der Kamin war mit sammt der Einfassung ebenfalls
in der Form eines gothischen Fensters gehalten, eine
originelle Idee aus alter Zeit. Von den seltnen Bü-
chern und Manuscripten, die hier aufbewahrt wer-
den, konnte ich nichts zu sehen bekommen, da der
Bibliothekar abwesend war. In einem Winkel fand
ich jedoch eine sehr curieuse Abbildung der großen
Prozession bei des Herzogs von Marlbouroughs Be-
gräbniß. Es ist fast unglaublich, wie sich seitdem die
Trachten und Gebräuche schon so vollständig verän-
dert haben. Der steinalte Küster, welcher mich herum-
führte, wollte sich noch als Knabe erinnern, derglei-
chen Soldaten mit langen Haarbeuteln gesehen zu
haben.

Eine Viertelstunde vom Dom liegen auf einem
Hügel, angränzend der Stadt, die romantischen, mit
Bäumen reich überwachsenen und mit Epheu bedeck-
ten Ruinen der Abtei von St. Mary. Man hat die
nicht lobenswerthe Absicht, auf demselben Hügel,

Briefe eines Verstorbenen. IV. 12

Eine andere gute Einrichtung beſteht in der Auf-
ſtellung von Bücherbehältniſſen, um das einzelne
Herumliegen derjenigen Bücher zu verhindern, die
in öfterem oder gewöhnlichem Gebrauch ſind. Sie
haben die Form einer doppelten Schaufel, mit einem
Unterſchied in der Mitte, und emporſtehenden Sei-
tenrändern. Auf beiden Seiten werden die Bücher
hineingeſtellt. Die gothiſchen Fenſter ſind hier zwar
modern, aber denen in der Kirche ſehr gut nachge-
abmt. Auch die Art, wie ſie in Blei gefaßt, ſehr ge-
fällig, mit ſich fortwährend durchſchneidenden Cirkeln.
Der Kamin war mit ſammt der Einfaſſung ebenfalls
in der Form eines gothiſchen Fenſters gehalten, eine
originelle Idee aus alter Zeit. Von den ſeltnen Bü-
chern und Manuſcripten, die hier aufbewahrt wer-
den, konnte ich nichts zu ſehen bekommen, da der
Bibliothekar abweſend war. In einem Winkel fand
ich jedoch eine ſehr curieuſe Abbildung der großen
Prozeſſion bei des Herzogs von Marlbouroughs Be-
gräbniß. Es iſt faſt unglaublich, wie ſich ſeitdem die
Trachten und Gebräuche ſchon ſo vollſtändig verän-
dert haben. Der ſteinalte Küſter, welcher mich herum-
führte, wollte ſich noch als Knabe erinnern, derglei-
chen Soldaten mit langen Haarbeuteln geſehen zu
haben.

Eine Viertelſtunde vom Dom liegen auf einem
Hügel, angränzend der Stadt, die romantiſchen, mit
Bäumen reich überwachſenen und mit Epheu bedeck-
ten Ruinen der Abtei von St. Mary. Man hat die
nicht lobenswerthe Abſicht, auf demſelben Hügel,

Briefe eines Verſtorbenen. IV. 12
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[177/0193] Eine andere gute Einrichtung beſteht in der Auf- ſtellung von Bücherbehältniſſen, um das einzelne Herumliegen derjenigen Bücher zu verhindern, die in öfterem oder gewöhnlichem Gebrauch ſind. Sie haben die Form einer doppelten Schaufel, mit einem Unterſchied in der Mitte, und emporſtehenden Sei- tenrändern. Auf beiden Seiten werden die Bücher hineingeſtellt. Die gothiſchen Fenſter ſind hier zwar modern, aber denen in der Kirche ſehr gut nachge- abmt. Auch die Art, wie ſie in Blei gefaßt, ſehr ge- fällig, mit ſich fortwährend durchſchneidenden Cirkeln. Der Kamin war mit ſammt der Einfaſſung ebenfalls in der Form eines gothiſchen Fenſters gehalten, eine originelle Idee aus alter Zeit. Von den ſeltnen Bü- chern und Manuſcripten, die hier aufbewahrt wer- den, konnte ich nichts zu ſehen bekommen, da der Bibliothekar abweſend war. In einem Winkel fand ich jedoch eine ſehr curieuſe Abbildung der großen Prozeſſion bei des Herzogs von Marlbouroughs Be- gräbniß. Es iſt faſt unglaublich, wie ſich ſeitdem die Trachten und Gebräuche ſchon ſo vollſtändig verän- dert haben. Der ſteinalte Küſter, welcher mich herum- führte, wollte ſich noch als Knabe erinnern, derglei- chen Soldaten mit langen Haarbeuteln geſehen zu haben. Eine Viertelſtunde vom Dom liegen auf einem Hügel, angränzend der Stadt, die romantiſchen, mit Bäumen reich überwachſenen und mit Epheu bedeck- ten Ruinen der Abtei von St. Mary. Man hat die nicht lobenswerthe Abſicht, auf demſelben Hügel, Briefe eines Verſtorbenen. IV. 12

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/193>, abgerufen am 24.11.2024.