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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Sattelpferde ein Postillon. Links von diesem ritt
ein Bediente, ein anderer etwas weiter zurück rechts,
hinter dem Wagen wieder 2 Outriders, dann 2 Reit-
knechte, und am Schluß die letzten zwei Bedienten.
Der kleine Vorreiter war allein in vollständiger
Staatslivree, gelb, blau, schwarz und silber, nebst
gepuderter Perrücke, etwas theatralisch gekleidet, mit
dem bunt gestickten Wappen auf dem linken Arm.

Das heute statt findende St. Leger-Rennen mag
Manchem eine schlaflose Nacht kosten, denn es sind
ungeheure Summen verloren worden, da eine kleine
Stute, der man so wenig zutraute, daß die Wetten
gegen sie 15 gegen 1 standen, unter allen 26 Pfer-
den, welche eingeschrieben waren, die erste blieb. Ein
Bekannter von mir gewann 9,000 L. St., und hätte
im Fall des Verlustes kaum so viel hundert verloren.
Ein Anderer soll fast um sein ganzes Vermögen ge-
kommen seyn, und zwar, wie man allgemein sagt,
durch die Betrügerei des Besitzers eines Hauptpfer-
des, auf das er selbst öffentlich sehr hoch, im Geheim
aber noch weit höher dagegen gewettet habe, und es
dann absichtlich verlieren lassen.

Gleich nach dem Rennen, das mit seinem Trouble
und Tausenden von Equipagen mir ein höchst auf-
fallendes Bild englischen Reichthums zurückließ, fuhr
ich weiter nach Norden, einem bis jetzt mir noch un-
bekannten Ziele zu, und kam um 1 Uhr in der Nacht
hier in York, der zweiten Hauptstadt Englands, an.
Die ganze Tour über las ich bei meiner Laterne im

Sattelpferde ein Poſtillon. Links von dieſem ritt
ein Bediente, ein anderer etwas weiter zurück rechts,
hinter dem Wagen wieder 2 Outriders, dann 2 Reit-
knechte, und am Schluß die letzten zwei Bedienten.
Der kleine Vorreiter war allein in vollſtändiger
Staatslivree, gelb, blau, ſchwarz und ſilber, nebſt
gepuderter Perrücke, etwas theatraliſch gekleidet, mit
dem bunt geſtickten Wappen auf dem linken Arm.

Das heute ſtatt findende St. Leger-Rennen mag
Manchem eine ſchlafloſe Nacht koſten, denn es ſind
ungeheure Summen verloren worden, da eine kleine
Stute, der man ſo wenig zutraute, daß die Wetten
gegen ſie 15 gegen 1 ſtanden, unter allen 26 Pfer-
den, welche eingeſchrieben waren, die erſte blieb. Ein
Bekannter von mir gewann 9,000 L. St., und hätte
im Fall des Verluſtes kaum ſo viel hundert verloren.
Ein Anderer ſoll faſt um ſein ganzes Vermögen ge-
kommen ſeyn, und zwar, wie man allgemein ſagt,
durch die Betrügerei des Beſitzers eines Hauptpfer-
des, auf das er ſelbſt öffentlich ſehr hoch, im Geheim
aber noch weit höher dagegen gewettet habe, und es
dann abſichtlich verlieren laſſen.

Gleich nach dem Rennen, das mit ſeinem Trouble
und Tauſenden von Equipagen mir ein höchſt auf-
fallendes Bild engliſchen Reichthums zurückließ, fuhr
ich weiter nach Norden, einem bis jetzt mir noch un-
bekannten Ziele zu, und kam um 1 Uhr in der Nacht
hier in York, der zweiten Hauptſtadt Englands, an.
Die ganze Tour über las ich bei meiner Laterne im

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[171/0187] Sattelpferde ein Poſtillon. Links von dieſem ritt ein Bediente, ein anderer etwas weiter zurück rechts, hinter dem Wagen wieder 2 Outriders, dann 2 Reit- knechte, und am Schluß die letzten zwei Bedienten. Der kleine Vorreiter war allein in vollſtändiger Staatslivree, gelb, blau, ſchwarz und ſilber, nebſt gepuderter Perrücke, etwas theatraliſch gekleidet, mit dem bunt geſtickten Wappen auf dem linken Arm. Das heute ſtatt findende St. Leger-Rennen mag Manchem eine ſchlafloſe Nacht koſten, denn es ſind ungeheure Summen verloren worden, da eine kleine Stute, der man ſo wenig zutraute, daß die Wetten gegen ſie 15 gegen 1 ſtanden, unter allen 26 Pfer- den, welche eingeſchrieben waren, die erſte blieb. Ein Bekannter von mir gewann 9,000 L. St., und hätte im Fall des Verluſtes kaum ſo viel hundert verloren. Ein Anderer ſoll faſt um ſein ganzes Vermögen ge- kommen ſeyn, und zwar, wie man allgemein ſagt, durch die Betrügerei des Beſitzers eines Hauptpfer- des, auf das er ſelbſt öffentlich ſehr hoch, im Geheim aber noch weit höher dagegen gewettet habe, und es dann abſichtlich verlieren laſſen. Gleich nach dem Rennen, das mit ſeinem Trouble und Tauſenden von Equipagen mir ein höchſt auf- fallendes Bild engliſchen Reichthums zurückließ, fuhr ich weiter nach Norden, einem bis jetzt mir noch un- bekannten Ziele zu, und kam um 1 Uhr in der Nacht hier in York, der zweiten Hauptſtadt Englands, an. Die ganze Tour über las ich bei meiner Laterne im

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/187>, abgerufen am 27.11.2024.