Hausmittel für jedes Uebel, und überdem, wie er behauptet, noch tausend verschiedene Punsch-Recepte besitzt. Geführt von diesem Universal-Genie betrat ich zuerst die Börse, the Royal Exchange.
An andern Orten hat die Börse gewöhnlich nur ein kaufmännisches Ansehen, hier durchaus ein histo- risches. Die imposanten Statuen englischer Herrscher rund umher, unter denen sich Heinrich VIII. und Elisabeth besonders auszeichnen, wie die alterthüm- liche und würdige Bauart erwecken poetische Gefühle, denen der Gedanke eines so unermeßlichen Welthan- dels, dessen Hauptplatz London ist, eine noch tiefere Bedeutung giebt. Die Menschen jedoch, die das Ge- mälde beleben, ziehen Einen bald wieder in das Reich des Alltäglichen hinab, denn hier leuchtet Ei- gennutz und Interesse zu lebhaft aus jedem Auge, so daß in dieser Hinsicht der Ort, wie die ganze City, einen fast unheimlichen Anblick darbietet, der dem rast- und trostlosen Gewühle verdämmter Gei- ster nicht ganz unähnlich erscheint.
Der große Hof der Börse wird von bedeckten Ar- kaden umgeben, wo Inschriften den Kaufleuten aller Nationen ihren Versammlungsort anweisen. In der Mitte des Hofs steht eine Statüe Carl II., der den Pallast erbaute. Sie drückt in Haltung und Gebehrde ganz den Mann aus, wie ihn die Geschichte beschreibt, nicht schön, aber doch nicht ohne Grazie, und mit einem festgewurzelten Leichtsinn in den, wie zum Spott, halb gravitätischen Zügen, den nichts bessern
Hausmittel für jedes Uebel, und überdem, wie er behauptet, noch tauſend verſchiedene Punſch-Recepte beſitzt. Geführt von dieſem Univerſal-Genie betrat ich zuerſt die Börſe, the Royal Exchange.
An andern Orten hat die Börſe gewöhnlich nur ein kaufmänniſches Anſehen, hier durchaus ein hiſto- riſches. Die impoſanten Statuen engliſcher Herrſcher rund umher, unter denen ſich Heinrich VIII. und Eliſabeth beſonders auszeichnen, wie die alterthüm- liche und würdige Bauart erwecken poetiſche Gefühle, denen der Gedanke eines ſo unermeßlichen Welthan- dels, deſſen Hauptplatz London iſt, eine noch tiefere Bedeutung giebt. Die Menſchen jedoch, die das Ge- mälde beleben, ziehen Einen bald wieder in das Reich des Alltäglichen hinab, denn hier leuchtet Ei- gennutz und Intereſſe zu lebhaft aus jedem Auge, ſo daß in dieſer Hinſicht der Ort, wie die ganze City, einen faſt unheimlichen Anblick darbietet, der dem raſt- und troſtloſen Gewühle verdämmter Gei- ſter nicht ganz unähnlich erſcheint.
Der große Hof der Börſe wird von bedeckten Ar- kaden umgeben, wo Inſchriften den Kaufleuten aller Nationen ihren Verſammlungsort anweiſen. In der Mitte des Hofs ſteht eine Statüe Carl II., der den Pallaſt erbaute. Sie drückt in Haltung und Gebehrde ganz den Mann aus, wie ihn die Geſchichte beſchreibt, nicht ſchön, aber doch nicht ohne Grazie, und mit einem feſtgewurzelten Leichtſinn in den, wie zum Spott, halb gravitätiſchen Zügen, den nichts beſſern
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Hausmittel für jedes Uebel, und überdem, wie er
behauptet, noch tauſend verſchiedene Punſch-Recepte
beſitzt. Geführt von dieſem Univerſal-Genie betrat
ich zuerſt die Börſe, the Royal Exchange.
An andern Orten hat die Börſe gewöhnlich nur
ein kaufmänniſches Anſehen, hier durchaus ein hiſto-
riſches. Die impoſanten Statuen engliſcher Herrſcher
rund umher, unter denen ſich Heinrich VIII. und
Eliſabeth beſonders auszeichnen, wie die alterthüm-
liche und würdige Bauart erwecken poetiſche Gefühle,
denen der Gedanke eines ſo unermeßlichen Welthan-
dels, deſſen Hauptplatz London iſt, eine noch tiefere
Bedeutung giebt. Die Menſchen jedoch, die das Ge-
mälde beleben, ziehen Einen bald wieder in das
Reich des Alltäglichen hinab, denn hier leuchtet Ei-
gennutz und Intereſſe zu lebhaft aus jedem Auge,
ſo daß in dieſer Hinſicht der Ort, wie die ganze
City, einen faſt unheimlichen Anblick darbietet, der
dem raſt- und troſtloſen Gewühle verdämmter Gei-
ſter nicht ganz unähnlich erſcheint.
Der große Hof der Börſe wird von bedeckten Ar-
kaden umgeben, wo Inſchriften den Kaufleuten aller
Nationen ihren Verſammlungsort anweiſen. In der
Mitte des Hofs ſteht eine Statüe Carl II., der den
Pallaſt erbaute. Sie drückt in Haltung und Gebehrde
ganz den Mann aus, wie ihn die Geſchichte beſchreibt,
nicht ſchön, aber doch nicht ohne Grazie, und mit
einem feſtgewurzelten Leichtſinn in den, wie zum
Spott, halb gravitätiſchen Zügen, den nichts beſſern
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/97>, abgerufen am 23.11.2024.
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