In dieselbe Categorie gehört auch die alte Lady L..., die noch immer den sentimentalen Namen La- dy Emilie L... führt, und auf dem Continent, be- sonders vom Congreß zu Aachen her, sehr bekannt ist, wo sie mit dem diamantnen Hosenbande ihres Man- nes auf der Stirne erschien, während er einen mit Rubinen besetzten Haarbeutel trug.
Auch noch Burleskere dieser Klasse giebt es. Den ersten Rang darunter behauptet eine gewisse Gräfin, früher der Kaufmannswelt entsprossen, und eine große pazza per la musica, die sich jedesmal regelmäßig in die zuletzt angekommene große Sängerin verliebt, und ihr dann, gleich einer Busenfreundin, alle Vergnügun- gen der Hauptstadt verschafft. In einem sehr guten englischen Roman ward sie neulich unter dem deut- schen Namen Geigenklang aufgeführt, und äußerst treu geschildert. Sie ist sehr reich, giebt gute Con- certe und hat durch unerschütterliche Beharrlichkeit und Gefälligkeiten mancher Art, sich leidlich fashio- nable gemacht, es ist aber nicht möglich, in die große Welt eine weniger dahin passende Tournüre zu brin- gen, qui sent la bourgoisie a trente pas, wie ein Ultra sagen würde.
Warum ihr übrigens der englische Satyriker den Namen Geigenklang gegeben, begreife ich nicht recht, da sie von allen Instrumenten, die sie so sehr anbe- tet, vermöge der Beschaffenheit ihres Teints, ihrer Taille und ihres Organs unbezweifelt nur mit der Trommel einige Aehnlichkeit hat.
Ich schloß meinen Tag mit Lectüre und Whist im Club, wo sich meine Partie sonderbar genug gestal-
In dieſelbe Categorie gehört auch die alte Lady L…, die noch immer den ſentimentalen Namen La- dy Emilie L… führt, und auf dem Continent, be- ſonders vom Congreß zu Aachen her, ſehr bekannt iſt, wo ſie mit dem diamantnen Hoſenbande ihres Man- nes auf der Stirne erſchien, während er einen mit Rubinen beſetzten Haarbeutel trug.
Auch noch Burleskere dieſer Klaſſe giebt es. Den erſten Rang darunter behauptet eine gewiſſe Gräfin, früher der Kaufmannswelt entſproſſen, und eine große pazza per la musica, die ſich jedesmal regelmäßig in die zuletzt angekommene große Sängerin verliebt, und ihr dann, gleich einer Buſenfreundin, alle Vergnügun- gen der Hauptſtadt verſchafft. In einem ſehr guten engliſchen Roman ward ſie neulich unter dem deut- ſchen Namen Geigenklang aufgeführt, und äußerſt treu geſchildert. Sie iſt ſehr reich, giebt gute Con- certe und hat durch unerſchütterliche Beharrlichkeit und Gefälligkeiten mancher Art, ſich leidlich faſhio- nable gemacht, es iſt aber nicht möglich, in die große Welt eine weniger dahin paſſende Tournüre zu brin- gen, qui sent la bourgoisie à trente pas, wie ein Ultra ſagen würde.
Warum ihr übrigens der engliſche Satyriker den Namen Geigenklang gegeben, begreife ich nicht recht, da ſie von allen Inſtrumenten, die ſie ſo ſehr anbe- tet, vermöge der Beſchaffenheit ihres Teints, ihrer Taille und ihres Organs unbezweifelt nur mit der Trommel einige Aehnlichkeit hat.
Ich ſchloß meinen Tag mit Lectüre und Whiſt im Club, wo ſich meine Partie ſonderbar genug geſtal-
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In dieſelbe Categorie gehört auch die alte Lady
L…, die noch immer den ſentimentalen Namen La-
dy Emilie L… führt, und auf dem Continent, be-
ſonders vom Congreß zu Aachen her, ſehr bekannt iſt,
wo ſie mit dem diamantnen Hoſenbande ihres Man-
nes auf der Stirne erſchien, während er einen mit
Rubinen beſetzten Haarbeutel trug.
Auch noch Burleskere dieſer Klaſſe giebt es. Den
erſten Rang darunter behauptet eine gewiſſe Gräfin,
früher der Kaufmannswelt entſproſſen, und eine große
pazza per la musica, die ſich jedesmal regelmäßig in
die zuletzt angekommene große Sängerin verliebt, und
ihr dann, gleich einer Buſenfreundin, alle Vergnügun-
gen der Hauptſtadt verſchafft. In einem ſehr guten
engliſchen Roman ward ſie neulich unter dem deut-
ſchen Namen Geigenklang aufgeführt, und äußerſt
treu geſchildert. Sie iſt ſehr reich, giebt gute Con-
certe und hat durch unerſchütterliche Beharrlichkeit
und Gefälligkeiten mancher Art, ſich leidlich faſhio-
nable gemacht, es iſt aber nicht möglich, in die große
Welt eine weniger dahin paſſende Tournüre zu brin-
gen, qui sent la bourgoisie à trente pas, wie ein
Ultra ſagen würde.
Warum ihr übrigens der engliſche Satyriker den
Namen Geigenklang gegeben, begreife ich nicht recht,
da ſie von allen Inſtrumenten, die ſie ſo ſehr anbe-
tet, vermöge der Beſchaffenheit ihres Teints, ihrer
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Ich ſchloß meinen Tag mit Lectüre und Whiſt im
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/452>, abgerufen am 24.11.2024.
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