bretter in der Luft balancirend, sich mit diesen in den Salons umherdrängen, und immer in Gefahr schwe- ben, den kalten und warmen Inhalt ihrer Last, auf drei oder vier Gäste auszuschütten.
Das Soupe wird später in einem andern Zimmer, welches mit der Küche communizirt, auf dieselbe Art durch das männliche Personal servirt, und solcherge- stalt die beste und prompteste Bedienung, mit verhält- nißmäßig weit weniger Leuten, und ohne alle Confu- sion bewerkstelligt.
Beiläufig muß ich hierbei rühmen, daß, hinsichtlich der bonne chere, in den großen Privathäusern Lon- dons wirklich das Vorzüglichste in der Welt gefun- den wird, da die besten französischen Köche und die besten italiänischen Officiers sich hier zusammen finden, aus dem sehr einfachen Grunde, weil sie hier am be- sten bezahlt werden. Es giebt Köche die ein Gehalt von 1200 £. St. jährlich beziehen. Dem Verdienste seine Kronen!
Zuweilen geht nach Concert und Soupe, um 2 Uhr erst der Ball noch an, und man fährt bei Sonnen- schein zu Hause, eine Lebensart die mir sehr wohl bebagt, denn Du weißt, ich hatte von jeher mit Mi- nervas Vogel gleichen Geschmack. Ich benutze sogar manchmal einen solchen Nachtmorgen, gleich vom Ball zu einer Spazierfahrt im Park überzugehen, denn Gottlob! es wird schon sichtlich Frühling, und über die hohen Gartenmauern blinken bereits grüne Flie-
Briefe eines Verstorbenen. III. 26
bretter in der Luft balancirend, ſich mit dieſen in den Salons umherdrängen, und immer in Gefahr ſchwe- ben, den kalten und warmen Inhalt ihrer Laſt, auf drei oder vier Gäſte auszuſchütten.
Das Soupé wird ſpäter in einem andern Zimmer, welches mit der Küche communizirt, auf dieſelbe Art durch das männliche Perſonal ſervirt, und ſolcherge- ſtalt die beſte und prompteſte Bedienung, mit verhält- nißmäßig weit weniger Leuten, und ohne alle Confu- ſion bewerkſtelligt.
Beiläufig muß ich hierbei rühmen, daß, hinſichtlich der bonne chère, in den großen Privathäuſern Lon- dons wirklich das Vorzüglichſte in der Welt gefun- den wird, da die beſten franzöſiſchen Köche und die beſten italiäniſchen Officiers ſich hier zuſammen finden, aus dem ſehr einfachen Grunde, weil ſie hier am be- ſten bezahlt werden. Es giebt Köche die ein Gehalt von 1200 £. St. jährlich beziehen. Dem Verdienſte ſeine Kronen!
Zuweilen geht nach Concert und Soupé, um 2 Uhr erſt der Ball noch an, und man fährt bei Sonnen- ſchein zu Hauſe, eine Lebensart die mir ſehr wohl bebagt, denn Du weißt, ich hatte von jeher mit Mi- nervas Vogel gleichen Geſchmack. Ich benutze ſogar manchmal einen ſolchen Nachtmorgen, gleich vom Ball zu einer Spazierfahrt im Park überzugehen, denn Gottlob! es wird ſchon ſichtlich Frühling, und über die hohen Gartenmauern blinken bereits grüne Flie-
Briefe eines Verſtorbenen. III. 26
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0447"n="401"/>
bretter in der Luft balancirend, ſich mit dieſen in den<lb/>
Salons umherdrängen, und immer in Gefahr ſchwe-<lb/>
ben, den kalten und warmen Inhalt ihrer Laſt, auf<lb/>
drei oder vier Gäſte auszuſchütten.</p><lb/><p>Das Soup<hirendition="#aq">é</hi> wird ſpäter in einem andern Zimmer,<lb/>
welches mit der Küche communizirt, auf dieſelbe Art<lb/>
durch das männliche Perſonal ſervirt, und ſolcherge-<lb/>ſtalt die beſte und prompteſte Bedienung, mit verhält-<lb/>
nißmäßig weit weniger Leuten, und ohne alle Confu-<lb/>ſion bewerkſtelligt.</p><lb/><p>Beiläufig muß ich hierbei rühmen, daß, hinſichtlich<lb/>
der <hirendition="#aq">bonne chère,</hi> in den großen Privathäuſern Lon-<lb/>
dons wirklich das Vorzüglichſte in der Welt gefun-<lb/>
den wird, da die beſten franzöſiſchen Köche und die<lb/>
beſten italiäniſchen Officiers ſich hier zuſammen finden,<lb/>
aus dem ſehr einfachen Grunde, weil ſie hier am be-<lb/>ſten bezahlt werden. Es giebt Köche die ein Gehalt<lb/>
von 1200 £. St. jährlich beziehen. Dem Verdienſte<lb/>ſeine Kronen!</p><lb/><p>Zuweilen geht nach Concert und Soup<hirendition="#aq">é</hi>, um 2 Uhr<lb/>
erſt der Ball noch an, und man fährt bei Sonnen-<lb/>ſchein zu Hauſe, eine Lebensart die mir ſehr wohl<lb/>
bebagt, denn Du weißt, ich hatte von jeher mit Mi-<lb/>
nervas Vogel gleichen Geſchmack. Ich benutze ſogar<lb/>
manchmal einen ſolchen Nachtmorgen, gleich vom Ball<lb/>
zu einer Spazierfahrt im Park überzugehen, denn<lb/>
Gottlob! es wird ſchon ſichtlich Frühling, und über<lb/>
die hohen Gartenmauern blinken bereits grüne Flie-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Briefe eines Verſtorbenen. <hirendition="#aq">III.</hi> 26</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[401/0447]
bretter in der Luft balancirend, ſich mit dieſen in den
Salons umherdrängen, und immer in Gefahr ſchwe-
ben, den kalten und warmen Inhalt ihrer Laſt, auf
drei oder vier Gäſte auszuſchütten.
Das Soupé wird ſpäter in einem andern Zimmer,
welches mit der Küche communizirt, auf dieſelbe Art
durch das männliche Perſonal ſervirt, und ſolcherge-
ſtalt die beſte und prompteſte Bedienung, mit verhält-
nißmäßig weit weniger Leuten, und ohne alle Confu-
ſion bewerkſtelligt.
Beiläufig muß ich hierbei rühmen, daß, hinſichtlich
der bonne chère, in den großen Privathäuſern Lon-
dons wirklich das Vorzüglichſte in der Welt gefun-
den wird, da die beſten franzöſiſchen Köche und die
beſten italiäniſchen Officiers ſich hier zuſammen finden,
aus dem ſehr einfachen Grunde, weil ſie hier am be-
ſten bezahlt werden. Es giebt Köche die ein Gehalt
von 1200 £. St. jährlich beziehen. Dem Verdienſte
ſeine Kronen!
Zuweilen geht nach Concert und Soupé, um 2 Uhr
erſt der Ball noch an, und man fährt bei Sonnen-
ſchein zu Hauſe, eine Lebensart die mir ſehr wohl
bebagt, denn Du weißt, ich hatte von jeher mit Mi-
nervas Vogel gleichen Geſchmack. Ich benutze ſogar
manchmal einen ſolchen Nachtmorgen, gleich vom Ball
zu einer Spazierfahrt im Park überzugehen, denn
Gottlob! es wird ſchon ſichtlich Frühling, und über
die hohen Gartenmauern blinken bereits grüne Flie-
Briefe eines Verſtorbenen. III. 26
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/447>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.