Ich bin wieder in Albemarlestrut angelangt, und machte gestern früh, nach der langen Abwesenheit nicht weniger als 22 Visiten, wohnte dann einem Clubdine bei *), später einem Ball bei der früher schon er- wähnten Napoleonistin, und schloß den Tag auf ei- ner Soiree bei Mistriß Hope, einer sehr fashionablen und hübschen Frau, die sich unter ihren antiken Meub- les bei weitem weniger eckig als diese und ihr Ana- stasius ausnimmt.
Heute aber besuchte ich, in another quarter, zwei Chinesinnen, die auch ein Haus machen, und ein sehr originelles noch dazu, wo man die Entree jedoch be- zahlen muß.
Schon von der Treppe an ist alles wie in China selbst eingerichtet, und man kann sich, wenn man end- lich eintritt und unter der Papierlampenillumination die Damen mit ihren nur 5 Zoll langen, weit vorge- streckten Füßen ruhen sieht, wirklich die Illusion ma-
*) Im Eßsaal der Clubs, wo nur nach der Karte gegessen wird, hängt immer eine Tafel, wo sich jeder aufschreiben kann, der wünscht an einem Extra-Dine, für welches ein fixirter Preis bezahlt wird, und was man house dinner nennt, in Gesellschaft Theil zu nehmen, wozu er dann zu- gleich den Tag bestimmt. Sobald 12 Personen aufgeschrie- ben sind, wird die Subscription geschlossen. Diese Dines finden in einem besondern Lokal statt, sind sehr recherchirt und geben eine angenehme Gelegenheit, nä- here Bekanntschaften zu machen.
London den 17ten.
Ich bin wieder in Albemarlestrut angelangt, und machte geſtern früh, nach der langen Abweſenheit nicht weniger als 22 Viſiten, wohnte dann einem Clubdiné bei *), ſpäter einem Ball bei der früher ſchon er- wähnten Napoleoniſtin, und ſchloß den Tag auf ei- ner Soirée bei Miſtriß Hope, einer ſehr faſhionablen und hübſchen Frau, die ſich unter ihren antiken Meub- les bei weitem weniger eckig als dieſe und ihr Ana- ſtaſius ausnimmt.
Heute aber beſuchte ich, in another quarter, zwei Chineſinnen, die auch ein Haus machen, und ein ſehr originelles noch dazu, wo man die Entrée jedoch be- zahlen muß.
Schon von der Treppe an iſt alles wie in China ſelbſt eingerichtet, und man kann ſich, wenn man end- lich eintritt und unter der Papierlampenillumination die Damen mit ihren nur 5 Zoll langen, weit vorge- ſtreckten Füßen ruhen ſieht, wirklich die Illuſion ma-
*) Im Eßſaal der Clubs, wo nur nach der Karte gegeſſen wird, hängt immer eine Tafel, wo ſich jeder aufſchreiben kann, der wuͤnſcht an einem Extra-Diné, fuͤr welches ein fixirter Preis bezahlt wird, und was man house dinner nennt, in Geſellſchaft Theil zu nehmen, wozu er dann zu- gleich den Tag beſtimmt. Sobald 12 Perſonen aufgeſchrie- ben ſind, wird die Subſcription geſchloſſen. Dieſe Dinés finden in einem beſondern Lokal ſtatt, ſind ſehr recherchirt und geben eine angenehme Gelegenheit, naͤ- here Bekanntſchaften zu machen.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0441"n="395"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">London den 17ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Ich bin wieder in Albemarlestrut angelangt, und<lb/>
machte geſtern früh, nach der langen Abweſenheit nicht<lb/>
weniger als 22 Viſiten, wohnte dann einem Clubdin<hirendition="#aq">é</hi><lb/>
bei <noteplace="foot"n="*)">Im Eßſaal der Clubs, wo nur nach der Karte gegeſſen<lb/>
wird, hängt immer eine Tafel, wo ſich jeder aufſchreiben<lb/>
kann, der wuͤnſcht an einem Extra-Din<hirendition="#aq">é</hi>, fuͤr welches ein<lb/>
fixirter Preis bezahlt wird, und was man <hirendition="#aq">house dinner</hi><lb/>
nennt, in Geſellſchaft Theil zu nehmen, wozu er dann zu-<lb/>
gleich den Tag beſtimmt. Sobald 12 Perſonen aufgeſchrie-<lb/>
ben ſind, wird die Subſcription geſchloſſen.<lb/>
Dieſe Din<hirendition="#aq">é</hi>s finden in einem beſondern Lokal ſtatt, ſind<lb/>ſehr recherchirt und geben eine angenehme Gelegenheit, naͤ-<lb/>
here Bekanntſchaften zu machen.</note>, ſpäter einem Ball bei der früher ſchon er-<lb/>
wähnten Napoleoniſtin, und ſchloß den Tag auf ei-<lb/>
ner Soir<hirendition="#aq">é</hi>e bei Miſtriß Hope, einer ſehr faſhionablen<lb/>
und hübſchen Frau, die ſich unter ihren antiken Meub-<lb/>
les bei weitem weniger eckig als dieſe und ihr Ana-<lb/>ſtaſius ausnimmt.</p><lb/><p>Heute aber beſuchte ich, in <hirendition="#aq">another quarter,</hi> zwei<lb/>
Chineſinnen, die auch ein Haus machen, und ein ſehr<lb/>
originelles noch dazu, wo man die Entr<hirendition="#aq">é</hi>e jedoch be-<lb/>
zahlen muß.</p><lb/><p>Schon von der Treppe an iſt alles wie in China<lb/>ſelbſt eingerichtet, und man kann ſich, wenn man end-<lb/>
lich eintritt und unter der Papierlampenillumination<lb/>
die Damen mit ihren nur 5 Zoll langen, weit vorge-<lb/>ſtreckten Füßen ruhen ſieht, wirklich die Illuſion ma-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[395/0441]
London den 17ten.
Ich bin wieder in Albemarlestrut angelangt, und
machte geſtern früh, nach der langen Abweſenheit nicht
weniger als 22 Viſiten, wohnte dann einem Clubdiné
bei *), ſpäter einem Ball bei der früher ſchon er-
wähnten Napoleoniſtin, und ſchloß den Tag auf ei-
ner Soirée bei Miſtriß Hope, einer ſehr faſhionablen
und hübſchen Frau, die ſich unter ihren antiken Meub-
les bei weitem weniger eckig als dieſe und ihr Ana-
ſtaſius ausnimmt.
Heute aber beſuchte ich, in another quarter, zwei
Chineſinnen, die auch ein Haus machen, und ein ſehr
originelles noch dazu, wo man die Entrée jedoch be-
zahlen muß.
Schon von der Treppe an iſt alles wie in China
ſelbſt eingerichtet, und man kann ſich, wenn man end-
lich eintritt und unter der Papierlampenillumination
die Damen mit ihren nur 5 Zoll langen, weit vorge-
ſtreckten Füßen ruhen ſieht, wirklich die Illuſion ma-
*) Im Eßſaal der Clubs, wo nur nach der Karte gegeſſen
wird, hängt immer eine Tafel, wo ſich jeder aufſchreiben
kann, der wuͤnſcht an einem Extra-Diné, fuͤr welches ein
fixirter Preis bezahlt wird, und was man house dinner
nennt, in Geſellſchaft Theil zu nehmen, wozu er dann zu-
gleich den Tag beſtimmt. Sobald 12 Perſonen aufgeſchrie-
ben ſind, wird die Subſcription geſchloſſen.
Dieſe Dinés finden in einem beſondern Lokal ſtatt, ſind
ſehr recherchirt und geben eine angenehme Gelegenheit, naͤ-
here Bekanntſchaften zu machen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/441>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.