rührten mich tief -- denn ach! sie wird ja auch bald, gleich allen andern, enttäuscht werden. --
Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls sehr schön, aber zu viel Dressur dabei; einige strotzten von Juwelen und Kostbarkeiten, aber keine kam der klei- nen F ... gleich, deren Anmuth in den Augen der häßlichen, egoistischen Männer vollständig seyn würde, wenn sie nicht leider auch mit Armuth gepaart wäre.
Den 24sten.
Bei Mistriß F ......., einer sehr würdigen und lie- benswürdigen Frau, früher, wie man versichert, dem Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re- gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach- tet, d'un excellent ton et sans pretention -- hörte ich gestern Abend einige interessante Details über Lord Liverpools Catastrophe. Ein Mann, der eine Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die halbe Welt regierte, wird ein Imbecille, weil man einen Aderlaß versäumt! Sein Vorgänger aber (Lord Castlereagh) aus demselben Grunde ein Selbstmör- der! -- Es ist doch gar etwas zu Gebrechliches um den menschlichen Geist!
Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten Sher.; Beide geistreich und ausgezeichnet hübsch, die älteste bold wie ihr Vater, welches allerdings für
25*
rührten mich tief — denn ach! ſie wird ja auch bald, gleich allen andern, enttäuſcht werden. —
Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls ſehr ſchön, aber zu viel Dreſſur dabei; einige ſtrotzten von Juwelen und Koſtbarkeiten, aber keine kam der klei- nen F … gleich, deren Anmuth in den Augen der häßlichen, egoiſtiſchen Männer vollſtändig ſeyn würde, wenn ſie nicht leider auch mit Armuth gepaart wäre.
Den 24ſten.
Bei Miſtriß F ......., einer ſehr würdigen und lie- benswürdigen Frau, früher, wie man verſichert, dem Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re- gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach- tet, d’un excellent ton et sans prétention — hörte ich geſtern Abend einige intereſſante Details über Lord Liverpools Cataſtrophe. Ein Mann, der eine Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die halbe Welt regierte, wird ein Imbecille, weil man einen Aderlaß verſäumt! Sein Vorgänger aber (Lord Caſtlereagh) aus demſelben Grunde ein Selbſtmör- der! — Es iſt doch gar etwas zu Gebrechliches um den menſchlichen Geiſt!
Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten Sher.; Beide geiſtreich und ausgezeichnet hübſch, die älteſte bold wie ihr Vater, welches allerdings für
25*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0433"n="287[387]"/>
rührten mich tief — denn ach! ſie wird ja auch bald,<lb/>
gleich allen andern, enttäuſcht werden. —</p><lb/><p>Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls ſehr<lb/>ſchön, aber zu viel Dreſſur dabei; einige ſtrotzten von<lb/>
Juwelen und Koſtbarkeiten, aber keine kam der klei-<lb/>
nen F … gleich, deren <hirendition="#g">Anmuth</hi> in den Augen der<lb/>
häßlichen, egoiſtiſchen Männer vollſtändig ſeyn würde,<lb/>
wenn ſie nicht leider auch mit <hirendition="#g">Armuth</hi> gepaart<lb/>
wäre.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 24ſten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Bei Miſtriß F ......., einer ſehr würdigen und lie-<lb/>
benswürdigen Frau, früher, wie man verſichert, dem<lb/>
Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re-<lb/>
gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach-<lb/>
tet, <hirendition="#aq">d’un excellent ton et sans prétention</hi>— hörte<lb/>
ich geſtern Abend einige intereſſante Details über<lb/>
Lord Liverpools Cataſtrophe. Ein Mann, der eine<lb/>
Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die<lb/>
halbe Welt regierte, wird ein <hirendition="#aq">Imbecille,</hi> weil man<lb/>
einen Aderlaß verſäumt! Sein Vorgänger aber (Lord<lb/>
Caſtlereagh) aus demſelben Grunde ein Selbſtmör-<lb/>
der! — Es iſt doch gar etwas zu Gebrechliches um<lb/>
den menſchlichen <hirendition="#g">Geiſt</hi>!</p><lb/><p>Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten<lb/>
Sher.; Beide geiſtreich und ausgezeichnet hübſch, die<lb/>
älteſte <hirendition="#aq">bold</hi> wie ihr Vater, welches allerdings für<lb/><fwplace="bottom"type="sig">25*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[287[387]/0433]
rührten mich tief — denn ach! ſie wird ja auch bald,
gleich allen andern, enttäuſcht werden. —
Viele der übrigen Mädchen waren gleichfalls ſehr
ſchön, aber zu viel Dreſſur dabei; einige ſtrotzten von
Juwelen und Koſtbarkeiten, aber keine kam der klei-
nen F … gleich, deren Anmuth in den Augen der
häßlichen, egoiſtiſchen Männer vollſtändig ſeyn würde,
wenn ſie nicht leider auch mit Armuth gepaart
wäre.
Den 24ſten.
Bei Miſtriß F ......., einer ſehr würdigen und lie-
benswürdigen Frau, früher, wie man verſichert, dem
Könige angetraut, jetzt ohne Einfluß in jener Re-
gion, aber immer gleich allgemein geliebt und geach-
tet, d’un excellent ton et sans prétention — hörte
ich geſtern Abend einige intereſſante Details über
Lord Liverpools Cataſtrophe. Ein Mann, der eine
Stunde vorher noch mit Kraft und Weisheit die
halbe Welt regierte, wird ein Imbecille, weil man
einen Aderlaß verſäumt! Sein Vorgänger aber (Lord
Caſtlereagh) aus demſelben Grunde ein Selbſtmör-
der! — Es iſt doch gar etwas zu Gebrechliches um
den menſchlichen Geiſt!
Ich fand hier auch die zwei Töchter des berühmten
Sher.; Beide geiſtreich und ausgezeichnet hübſch, die
älteſte bold wie ihr Vater, welches allerdings für
25*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 287[387]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/433>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.