dem Pferde eingeschlafen sey, so daß er ohne Zweifel heruntergefallen wäre, wenn ihn Graf F.... selbst nicht mehrmals gehalten hätte. Ausser dieser körper- lichen Abspannung habe er aber, wie der Graf ver- sicherte, auch nicht das mindeste Anzeichen von inne- rer Agitation gegeben.
Den 14ten.
Mein origineller Schotte, von dem ich seitdem ge- hört, daß er ein wahrer Tollkopf sey, und bereits zwei oder drei Menschen im Duell getödtet, besuchte mich diesen Morgen, und brachte mir seine gedruckte Genealogie, mit der ganzen Geschichte seines Stam- mes oder Clans. Er klagte sehr, daß ein anderer seines Namens ihm den Rang des Chieftains strei- tig machen wolle, und bemühte sich, mir aus dem mitgebrachten Werke zu beweisen, daß er der ächte sey, meinte auch, "ein Gottesurtheil zwischen beiden würde es bald am besten entscheiden." Dann machte er mich auf sein Wappen, eine blutige Hand im blauen Felde, aufmerksam, und gab Folgendes als den Ursprung desselben an.
Zwei Brüder, die in einem Kriegszuge gegen eine der schottländischen Inseln begriffen waren, hatten unter sich ausgemacht, daß der, dessen Fleisch und Blut (ein schottischer Ausdruck) zuerst das feste Land berühre, Herr desselben bleiben solle. Mit aller Kraft der Ruder sich nähernd, konnten die Schiffe wegen
dem Pferde eingeſchlafen ſey, ſo daß er ohne Zweifel heruntergefallen wäre, wenn ihn Graf F.... ſelbſt nicht mehrmals gehalten hätte. Auſſer dieſer körper- lichen Abſpannung habe er aber, wie der Graf ver- ſicherte, auch nicht das mindeſte Anzeichen von inne- rer Agitation gegeben.
Den 14ten.
Mein origineller Schotte, von dem ich ſeitdem ge- hört, daß er ein wahrer Tollkopf ſey, und bereits zwei oder drei Menſchen im Duell getödtet, beſuchte mich dieſen Morgen, und brachte mir ſeine gedruckte Genealogie, mit der ganzen Geſchichte ſeines Stam- mes oder Clans. Er klagte ſehr, daß ein anderer ſeines Namens ihm den Rang des Chieftains ſtrei- tig machen wolle, und bemühte ſich, mir aus dem mitgebrachten Werke zu beweiſen, daß er der ächte ſey, meinte auch, „ein Gottesurtheil zwiſchen beiden würde es bald am beſten entſcheiden.“ Dann machte er mich auf ſein Wappen, eine blutige Hand im blauen Felde, aufmerkſam, und gab Folgendes als den Urſprung deſſelben an.
Zwei Brüder, die in einem Kriegszuge gegen eine der ſchottländiſchen Inſeln begriffen waren, hatten unter ſich ausgemacht, daß der, deſſen Fleiſch und Blut (ein ſchottiſcher Ausdruck) zuerſt das feſte Land berühre, Herr deſſelben bleiben ſolle. Mit aller Kraft der Ruder ſich nähernd, konnten die Schiffe wegen
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dem Pferde eingeſchlafen ſey, ſo daß er ohne Zweifel
heruntergefallen wäre, wenn ihn Graf F.... ſelbſt
nicht mehrmals gehalten hätte. Auſſer dieſer körper-
lichen Abſpannung habe er aber, wie der Graf ver-
ſicherte, auch nicht das mindeſte Anzeichen von inne-
rer Agitation gegeben.
Den 14ten.
Mein origineller Schotte, von dem ich ſeitdem ge-
hört, daß er ein wahrer Tollkopf ſey, und bereits
zwei oder drei Menſchen im Duell getödtet, beſuchte
mich dieſen Morgen, und brachte mir ſeine gedruckte
Genealogie, mit der ganzen Geſchichte ſeines Stam-
mes oder Clans. Er klagte ſehr, daß ein anderer
ſeines Namens ihm den Rang des Chieftains ſtrei-
tig machen wolle, und bemühte ſich, mir aus dem
mitgebrachten Werke zu beweiſen, daß er der ächte
ſey, meinte auch, „ein Gottesurtheil zwiſchen beiden
würde es bald am beſten entſcheiden.“ Dann machte
er mich auf ſein Wappen, eine blutige Hand im
blauen Felde, aufmerkſam, und gab Folgendes als
den Urſprung deſſelben an.
Zwei Brüder, die in einem Kriegszuge gegen eine
der ſchottländiſchen Inſeln begriffen waren, hatten
unter ſich ausgemacht, daß der, deſſen Fleiſch und
Blut (ein ſchottiſcher Ausdruck) zuerſt das feſte Land
berühre, Herr deſſelben bleiben ſolle. Mit aller Kraft
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/417>, abgerufen am 13.11.2024.
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