Handschuhen schreibe, um meine weißen Hände zu conserviren, auf die ich, wie Lord Byron, sehr viel halte. Ich gestehe dies auch, da ich gar nicht der Meinung bin, daß man gerade ein fat seyn muß, wenn man das wenige Hübsche, was einem der liebe Gott gegeben hat, möglichst zu bewahren sucht; vor Frost aufgesprungene Hände waren mir aber von jeher ein Gräuel. Dabei fällt mir ein, daß ich vor vielen Jah- ren in Straßburg mich einmal im Boudoir einer sehr schönen Frau, mit dem Feldmarschall W. (damals noch General) früh zusammenfand, und dieser, Napoleon rühmend, auch seiner Mäßigkeit erwähnte, und mit fast verächtlichem Tone hinzusetzte: ein Held könne kein Gourmand seyn.
Nun kannte mich die schöne Frau, die mir übrigens gar sehr wohl wollte, als nicht ganz unempfindlich für bonne chere und fand um mich zu necken, ein boshaftes Vergnügen daran, den General diesen Spruch wiederholen zu lassen. Obgleich ich nie ver- sucht worden bin, mich für einen Helden zu halten (ausgenommen etwa eines kleinen Romans hie und da), so fühlte ich doch, daß ich roth wurde, eine der- jenigen Dummheiten, die ich mir nie, und leider Got- tes noch nicht abgewöhnen kann, oft sogar, wenn gar kein wirklicher Grund dazu vorhanden ist.
Aergerlich über mich selbst, sagte ich ganz pikirt: Es ist ein Glück für die Liebhaber eines guten Ti- sches, Herr General, daß es einige brillante Ausnah- men von Ihrer aufgestellten Regel giebt. Erinnern
Handſchuhen ſchreibe, um meine weißen Hände zu conſerviren, auf die ich, wie Lord Byron, ſehr viel halte. Ich geſtehe dies auch, da ich gar nicht der Meinung bin, daß man gerade ein fat ſeyn muß, wenn man das wenige Hübſche, was einem der liebe Gott gegeben hat, möglichſt zu bewahren ſucht; vor Froſt aufgeſprungene Hände waren mir aber von jeher ein Gräuel. Dabei fällt mir ein, daß ich vor vielen Jah- ren in Straßburg mich einmal im Boudoir einer ſehr ſchönen Frau, mit dem Feldmarſchall W. (damals noch General) früh zuſammenfand, und dieſer, Napoleon rühmend, auch ſeiner Mäßigkeit erwähnte, und mit faſt verächtlichem Tone hinzuſetzte: ein Held könne kein Gourmand ſeyn.
Nun kannte mich die ſchöne Frau, die mir übrigens gar ſehr wohl wollte, als nicht ganz unempfindlich für bonne chère und fand um mich zu necken, ein boshaftes Vergnügen daran, den General dieſen Spruch wiederholen zu laſſen. Obgleich ich nie ver- ſucht worden bin, mich für einen Helden zu halten (ausgenommen etwa eines kleinen Romans hie und da), ſo fühlte ich doch, daß ich roth wurde, eine der- jenigen Dummheiten, die ich mir nie, und leider Got- tes noch nicht abgewöhnen kann, oft ſogar, wenn gar kein wirklicher Grund dazu vorhanden iſt.
Aergerlich über mich ſelbſt, ſagte ich ganz pikirt: Es iſt ein Glück für die Liebhaber eines guten Ti- ſches, Herr General, daß es einige brillante Ausnah- men von Ihrer aufgeſtellten Regel giebt. Erinnern
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Handſchuhen ſchreibe, um meine weißen Hände zu
conſerviren, auf die ich, wie Lord Byron, ſehr viel
halte. Ich geſtehe dies auch, da ich gar nicht der
Meinung bin, daß man gerade ein fat ſeyn muß, wenn
man das wenige Hübſche, was einem der liebe Gott
gegeben hat, möglichſt zu bewahren ſucht; vor Froſt
aufgeſprungene Hände waren mir aber von jeher ein
Gräuel. Dabei fällt mir ein, daß ich vor vielen Jah-
ren in Straßburg mich einmal im Boudoir einer ſehr
ſchönen Frau, mit dem Feldmarſchall W. (damals noch
General) früh zuſammenfand, und dieſer, Napoleon
rühmend, auch ſeiner Mäßigkeit erwähnte, und mit
faſt verächtlichem Tone hinzuſetzte: ein Held könne
kein Gourmand ſeyn.
Nun kannte mich die ſchöne Frau, die mir übrigens
gar ſehr wohl wollte, als nicht ganz unempfindlich
für bonne chère und fand um mich zu necken, ein
boshaftes Vergnügen daran, den General dieſen
Spruch wiederholen zu laſſen. Obgleich ich nie ver-
ſucht worden bin, mich für einen Helden zu halten
(ausgenommen etwa eines kleinen Romans hie und
da), ſo fühlte ich doch, daß ich roth wurde, eine der-
jenigen Dummheiten, die ich mir nie, und leider Got-
tes noch nicht abgewöhnen kann, oft ſogar, wenn gar
kein wirklicher Grund dazu vorhanden iſt.
Aergerlich über mich ſelbſt, ſagte ich ganz pikirt:
Es iſt ein Glück für die Liebhaber eines guten Ti-
ſches, Herr General, daß es einige brillante Ausnah-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/397>, abgerufen am 25.11.2024.
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