fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen, ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte Kamin gab keine.
Den 5ten.
Unter uns gesagt, so angenehm, so ungenirt es auch in einem fremden Hause seyn mag, für mich ist es immer noch zu sehr genirt, zu unwohnlich, vor allem zu abhängig, um mich Ueberstolzen und Beque- men recht a mon aise darin zu befinden. Dies letz- tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier Pfählen vollkommen, nächstdem im Reisewagen oder im Gasthofe. Dieser Geschmack mag nicht der beste seyn, indessen es ist einmal der Meine! Da nun so viele Menschen eigentlich gar keinen haben, so bin ich immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu- frieden.
Ich werde also die Tage der Einladung nicht ganz erschöpfen, sondern morgen mein großes Bett einem andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen lassen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher dermalen sehr fashionable ist.
Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge- fälligem Sohne die ganzen hiesigen Anlagen beritten, die weniger auffallend durch Züge ausserordentlicher Schönheit sind, als siegreich die schwere Probe beste- hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-
fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen, ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte Kamin gab keine.
Den 5ten.
Unter uns geſagt, ſo angenehm, ſo ungenirt es auch in einem fremden Hauſe ſeyn mag, für mich iſt es immer noch zu ſehr genirt, zu unwohnlich, vor allem zu abhängig, um mich Ueberſtolzen und Beque- men recht à mon aise darin zu befinden. Dies letz- tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier Pfählen vollkommen, nächſtdem im Reiſewagen oder im Gaſthofe. Dieſer Geſchmack mag nicht der beſte ſeyn, indeſſen es iſt einmal der Meine! Da nun ſo viele Menſchen eigentlich gar keinen haben, ſo bin ich immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu- frieden.
Ich werde alſo die Tage der Einladung nicht ganz erſchöpfen, ſondern morgen mein großes Bett einem andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen laſſen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher dermalen ſehr fashionable iſt.
Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge- fälligem Sohne die ganzen hieſigen Anlagen beritten, die weniger auffallend durch Züge auſſerordentlicher Schönheit ſind, als ſiegreich die ſchwere Probe beſte- hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0391"n="345"/>
fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen,<lb/>
ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte<lb/>
Kamin gab keine.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 5ten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Unter uns geſagt, ſo angenehm, ſo ungenirt es<lb/>
auch in einem fremden Hauſe ſeyn mag, für mich iſt<lb/>
es immer noch zu ſehr genirt, zu unwohnlich, vor<lb/>
allem zu abhängig, um mich Ueberſtolzen und Beque-<lb/>
men recht <hirendition="#aq">à mon aise</hi> darin zu befinden. Dies letz-<lb/>
tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier<lb/>
Pfählen vollkommen, nächſtdem im Reiſewagen oder<lb/>
im Gaſthofe. Dieſer Geſchmack mag nicht der beſte<lb/>ſeyn, indeſſen es iſt einmal der Meine! Da nun ſo<lb/>
viele Menſchen eigentlich gar keinen haben, ſo bin ich<lb/>
immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu-<lb/>
frieden.</p><lb/><p>Ich werde alſo die Tage der Einladung nicht ganz<lb/>
erſchöpfen, ſondern morgen mein großes Bett einem<lb/>
andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen<lb/>
laſſen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher<lb/>
dermalen ſehr fashionable iſt.</p><lb/><p>Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge-<lb/>
fälligem Sohne die ganzen hieſigen Anlagen beritten,<lb/>
die weniger auffallend durch Züge auſſerordentlicher<lb/>
Schönheit ſind, als ſiegreich die ſchwere Probe beſte-<lb/>
hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[345/0391]
fror ich bei der großen Kälte darin wie ein Eiszapfen,
ehe die eigene Wärme durchdrang, denn das entfernte
Kamin gab keine.
Den 5ten.
Unter uns geſagt, ſo angenehm, ſo ungenirt es
auch in einem fremden Hauſe ſeyn mag, für mich iſt
es immer noch zu ſehr genirt, zu unwohnlich, vor
allem zu abhängig, um mich Ueberſtolzen und Beque-
men recht à mon aise darin zu befinden. Dies letz-
tere fühle ich mich daher nur in den eigenen vier
Pfählen vollkommen, nächſtdem im Reiſewagen oder
im Gaſthofe. Dieſer Geſchmack mag nicht der beſte
ſeyn, indeſſen es iſt einmal der Meine! Da nun ſo
viele Menſchen eigentlich gar keinen haben, ſo bin ich
immer noch auch mit einem minder guten, ganz zu-
frieden.
Ich werde alſo die Tage der Einladung nicht ganz
erſchöpfen, ſondern morgen mein großes Bett einem
andern und vielleicht corpulentern Sterblichen offen
laſſen, um dem Badeort Brighton zuzueilen, welcher
dermalen ſehr fashionable iſt.
Vorher habe ich indeß noch mit Lord D .... s ge-
fälligem Sohne die ganzen hieſigen Anlagen beritten,
die weniger auffallend durch Züge auſſerordentlicher
Schönheit ſind, als ſiegreich die ſchwere Probe beſte-
hen, nirgends etwas Tadelnswerthes zu zeigen. Ei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/391>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.