Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ausgeführt worden wäre, vielleicht heilsam gewirkt
hätte, statt daß sie jetzt, in Formen und nicht abzu-
sehende Schwierigkeiten und Instanzenzüge versun-
ken, gleich einem schädlichen Upas-Baum dem Lande
ringsumher methodisch das Mark aussaugt, und alle
Verhältnisse um sich her vergiftet.

War die Idee des Gesetzgebers also auch wohlmei-
nend, so blieb die Maßregel doch immer eine eigen-
mächtige Handlung der Gewalt, die das Privateigen-
thum angriff, und so konnte auch die fehlerhafte
Wurzel, besonders bei so schlechter Wartung der
Pflanze, nur meist trügende Früchte bringen.


Ich ging jetzt über zu einer Recension des Salva-
tor Rosa, von Lady Morgan, in demselben Blatte.
Eine Stelle darin ergriff mich tief, et pour cause.
Es ist die originelle Schilderung ihres Helden, ohn-
gefähr wie folgt.

"Mit einem Durst nach Lob," sagt sie, "welchen
kein Beifall befriedigen konnte, vereinigte Salvator
eine Schnelle und Beweglichkeit der Wahrnehmung,
die ihn stets ungewiß machte, ob er gefiele, selbst
wenn er den meisten Succeß hatte. Ein verzogener
Mund, ein niedergeschlagenes Auge, ein ennüyirter

Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse zum Grunde ge-
legt wurde, und welches das Schicksal allerdings oft an-
wendet -- für einen Staat aber immer mißlich nachzuahmen
bleibt. A. d. H.

ausgeführt worden wäre, vielleicht heilſam gewirkt
hätte, ſtatt daß ſie jetzt, in Formen und nicht abzu-
ſehende Schwierigkeiten und Inſtanzenzüge verſun-
ken, gleich einem ſchädlichen Upas-Baum dem Lande
ringsumher methodiſch das Mark ausſaugt, und alle
Verhältniſſe um ſich her vergiftet.

War die Idee des Geſetzgebers alſo auch wohlmei-
nend, ſo blieb die Maßregel doch immer eine eigen-
mächtige Handlung der Gewalt, die das Privateigen-
thum angriff, und ſo konnte auch die fehlerhafte
Wurzel, beſonders bei ſo ſchlechter Wartung der
Pflanze, nur meiſt trügende Früchte bringen.


Ich ging jetzt über zu einer Recenſion des Salva-
tor Roſa, von Lady Morgan, in demſelben Blatte.
Eine Stelle darin ergriff mich tief, et pour cause.
Es iſt die originelle Schilderung ihres Helden, ohn-
gefähr wie folgt.

„Mit einem Durſt nach Lob,“ ſagt ſie, „welchen
kein Beifall befriedigen konnte, vereinigte Salvator
eine Schnelle und Beweglichkeit der Wahrnehmung,
die ihn ſtets ungewiß machte, ob er gefiele, ſelbſt
wenn er den meiſten Succeß hatte. Ein verzogener
Mund, ein niedergeſchlagenes Auge, ein ennüyirter

Regulirung der baͤuerlichen Verhaͤltniſſe zum Grunde ge-
legt wurde, und welches das Schickſal allerdings oft an-
wendet — fuͤr einen Staat aber immer mißlich nachzuahmen
bleibt. A. d. H.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0368" n="322"/>
ausgeführt worden wäre, vielleicht heil&#x017F;am gewirkt<lb/>
hätte, &#x017F;tatt daß &#x017F;ie jetzt, in Formen und nicht abzu-<lb/>
&#x017F;ehende Schwierigkeiten und In&#x017F;tanzenzüge ver&#x017F;un-<lb/>
ken, gleich einem &#x017F;chädlichen Upas-Baum dem Lande<lb/>
ringsumher methodi&#x017F;ch das Mark aus&#x017F;augt, und alle<lb/>
Verhältni&#x017F;&#x017F;e um &#x017F;ich her vergiftet.</p><lb/>
        <p>War die Idee des Ge&#x017F;etzgebers al&#x017F;o auch wohlmei-<lb/>
nend, &#x017F;o blieb die Maßregel doch immer eine eigen-<lb/>
mächtige Handlung der Gewalt, die das Privateigen-<lb/>
thum angriff, und &#x017F;o konnte auch die fehlerhafte<lb/>
Wurzel, be&#x017F;onders bei &#x017F;o &#x017F;chlechter Wartung der<lb/>
Pflanze, nur mei&#x017F;t trügende Früchte bringen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Ich ging jetzt über zu einer Recen&#x017F;ion des Salva-<lb/>
tor Ro&#x017F;a, von Lady Morgan, in dem&#x017F;elben Blatte.<lb/>
Eine Stelle darin ergriff mich tief, <hi rendition="#aq">et pour cause.</hi><lb/>
Es i&#x017F;t die originelle Schilderung ihres Helden, ohn-<lb/>
gefähr wie folgt.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mit einem Dur&#x017F;t nach Lob,&#x201C; &#x017F;agt &#x017F;ie, &#x201E;welchen<lb/>
kein Beifall befriedigen konnte, vereinigte Salvator<lb/>
eine Schnelle und Beweglichkeit der Wahrnehmung,<lb/>
die ihn &#x017F;tets ungewiß machte, ob er gefiele, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wenn er den mei&#x017F;ten Succeß hatte. Ein verzogener<lb/>
Mund, ein niederge&#x017F;chlagenes Auge, ein ennüyirter<lb/><note xml:id="seg2pn_8_3" prev="#seg2pn_8_2" place="foot" n="*)">Regulirung der ba&#x0364;uerlichen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e zum Grunde ge-<lb/>
legt wurde, und welches das Schick&#x017F;al allerdings oft an-<lb/>
wendet &#x2014; fu&#x0364;r einen Staat aber immer mißlich nachzuahmen<lb/>
bleibt. <hi rendition="#et">A. d. H.</hi></note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[322/0368] ausgeführt worden wäre, vielleicht heilſam gewirkt hätte, ſtatt daß ſie jetzt, in Formen und nicht abzu- ſehende Schwierigkeiten und Inſtanzenzüge verſun- ken, gleich einem ſchädlichen Upas-Baum dem Lande ringsumher methodiſch das Mark ausſaugt, und alle Verhältniſſe um ſich her vergiftet. War die Idee des Geſetzgebers alſo auch wohlmei- nend, ſo blieb die Maßregel doch immer eine eigen- mächtige Handlung der Gewalt, die das Privateigen- thum angriff, und ſo konnte auch die fehlerhafte Wurzel, beſonders bei ſo ſchlechter Wartung der Pflanze, nur meiſt trügende Früchte bringen. Ich ging jetzt über zu einer Recenſion des Salva- tor Roſa, von Lady Morgan, in demſelben Blatte. Eine Stelle darin ergriff mich tief, et pour cause. Es iſt die originelle Schilderung ihres Helden, ohn- gefähr wie folgt. „Mit einem Durſt nach Lob,“ ſagt ſie, „welchen kein Beifall befriedigen konnte, vereinigte Salvator eine Schnelle und Beweglichkeit der Wahrnehmung, die ihn ſtets ungewiß machte, ob er gefiele, ſelbſt wenn er den meiſten Succeß hatte. Ein verzogener Mund, ein niedergeſchlagenes Auge, ein ennüyirter *) *) Regulirung der baͤuerlichen Verhaͤltniſſe zum Grunde ge- legt wurde, und welches das Schickſal allerdings oft an- wendet — fuͤr einen Staat aber immer mißlich nachzuahmen bleibt. A. d. H.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/368
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/368>, abgerufen am 22.11.2024.