Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ohne Putz aufgeführt. Innerlich waren vortreffliche
alte Glasmalereien, durchgehends aber nur der obere
Theil der Fenster bunt, das übrige weiß, um die
Zimmer heller zu lassen.

Ein gutes Bild Pitts hängt in der Bibliothek. Der
große Mann trägt nichts weniger als geniale Züge,
und wer weiß, ob die Nachwelt nicht einst ein ähn-
liches Urtheil über sein Wirken fällen wird. -- Im
Garten bemerkte ich etwas Artiges, einen dicht ge-
pflanzten Epheukranz auf dem Rasen, der wie nur
nachläßig darauf hingeworfen, und wie von einem
Vorübergehenden verloren, erschien.

Die Reise sollte mit der Besichtigung von Buls-
trode geschlossen werden, das Repton so weitläuftig,
als ein Muster für Park und Gartenanlagen, be-
schreibt. Dieser Kelch geht aber an Dir vorüber, liebe
Julie, denn der Herzog von Portland hat es ver-
kauft, und der jetzige Besitzer die stolzen Baumriesen,
für die sich Repton so enthusiasmirt, gefällt, die Wie-
sen zu Feld beurbart, und selbst das Schloß abgeris-
sen, um die Steine zu Gelde zu machen. Es war
eine traurige Scene der Verwüstung, noch bedenkli-
cher gemacht durch die seltsame Tracht der darin ar-
beitenden Weiber, welche, vom Kopf bis zu Fuß in
blutrothe Mäntel gehüllt, einer unheimlichen Ver-
sammlung von Scharfrichtern glichen.


ohne Putz aufgeführt. Innerlich waren vortreffliche
alte Glasmalereien, durchgehends aber nur der obere
Theil der Fenſter bunt, das übrige weiß, um die
Zimmer heller zu laſſen.

Ein gutes Bild Pitts hängt in der Bibliothek. Der
große Mann trägt nichts weniger als geniale Züge,
und wer weiß, ob die Nachwelt nicht einſt ein ähn-
liches Urtheil über ſein Wirken fällen wird. — Im
Garten bemerkte ich etwas Artiges, einen dicht ge-
pflanzten Epheukranz auf dem Raſen, der wie nur
nachläßig darauf hingeworfen, und wie von einem
Vorübergehenden verloren, erſchien.

Die Reiſe ſollte mit der Beſichtigung von Buls-
trode geſchloſſen werden, das Repton ſo weitläuftig,
als ein Muſter für Park und Gartenanlagen, be-
ſchreibt. Dieſer Kelch geht aber an Dir vorüber, liebe
Julie, denn der Herzog von Portland hat es ver-
kauft, und der jetzige Beſitzer die ſtolzen Baumrieſen,
für die ſich Repton ſo enthuſiasmirt, gefällt, die Wie-
ſen zu Feld beurbart, und ſelbſt das Schloß abgeriſ-
ſen, um die Steine zu Gelde zu machen. Es war
eine traurige Scene der Verwüſtung, noch bedenkli-
cher gemacht durch die ſeltſame Tracht der darin ar-
beitenden Weiber, welche, vom Kopf bis zu Fuß in
blutrothe Mäntel gehüllt, einer unheimlichen Ver-
ſammlung von Scharfrichtern glichen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0349" n="303"/>
ohne Putz aufgeführt. Innerlich waren vortreffliche<lb/>
alte Glasmalereien, durchgehends aber nur der obere<lb/>
Theil der Fen&#x017F;ter bunt, das übrige weiß, um die<lb/>
Zimmer heller zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Ein gutes Bild Pitts hängt in der Bibliothek. Der<lb/>
große Mann trägt nichts weniger als geniale Züge,<lb/>
und wer weiß, ob die Nachwelt nicht ein&#x017F;t ein ähn-<lb/>
liches Urtheil über &#x017F;ein <hi rendition="#g">Wirken</hi> fällen wird. &#x2014; Im<lb/>
Garten bemerkte ich etwas Artiges, einen dicht ge-<lb/>
pflanzten Epheukranz auf dem Ra&#x017F;en, der wie nur<lb/>
nachläßig darauf hingeworfen, und wie von einem<lb/>
Vorübergehenden verloren, er&#x017F;chien.</p><lb/>
          <p>Die Rei&#x017F;e &#x017F;ollte mit der Be&#x017F;ichtigung von Buls-<lb/>
trode ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden, das Repton &#x017F;o weitläuftig,<lb/>
als ein Mu&#x017F;ter für Park und Gartenanlagen, be-<lb/>
&#x017F;chreibt. Die&#x017F;er Kelch geht aber an Dir vorüber, liebe<lb/>
Julie, denn der Herzog von Portland hat es ver-<lb/>
kauft, und der jetzige Be&#x017F;itzer die &#x017F;tolzen Baumrie&#x017F;en,<lb/>
für die &#x017F;ich Repton &#x017F;o enthu&#x017F;iasmirt, gefällt, die Wie-<lb/>
&#x017F;en zu Feld beurbart, und &#x017F;elb&#x017F;t das Schloß abgeri&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, um die Steine zu Gelde zu machen. Es war<lb/>
eine traurige Scene der Verwü&#x017F;tung, noch bedenkli-<lb/>
cher gemacht durch die &#x017F;elt&#x017F;ame Tracht der darin ar-<lb/>
beitenden Weiber, welche, vom Kopf bis zu Fuß in<lb/>
blutrothe Mäntel gehüllt, einer unheimlichen Ver-<lb/>
&#x017F;ammlung von Scharfrichtern glichen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[303/0349] ohne Putz aufgeführt. Innerlich waren vortreffliche alte Glasmalereien, durchgehends aber nur der obere Theil der Fenſter bunt, das übrige weiß, um die Zimmer heller zu laſſen. Ein gutes Bild Pitts hängt in der Bibliothek. Der große Mann trägt nichts weniger als geniale Züge, und wer weiß, ob die Nachwelt nicht einſt ein ähn- liches Urtheil über ſein Wirken fällen wird. — Im Garten bemerkte ich etwas Artiges, einen dicht ge- pflanzten Epheukranz auf dem Raſen, der wie nur nachläßig darauf hingeworfen, und wie von einem Vorübergehenden verloren, erſchien. Die Reiſe ſollte mit der Beſichtigung von Buls- trode geſchloſſen werden, das Repton ſo weitläuftig, als ein Muſter für Park und Gartenanlagen, be- ſchreibt. Dieſer Kelch geht aber an Dir vorüber, liebe Julie, denn der Herzog von Portland hat es ver- kauft, und der jetzige Beſitzer die ſtolzen Baumrieſen, für die ſich Repton ſo enthuſiasmirt, gefällt, die Wie- ſen zu Feld beurbart, und ſelbſt das Schloß abgeriſ- ſen, um die Steine zu Gelde zu machen. Es war eine traurige Scene der Verwüſtung, noch bedenkli- cher gemacht durch die ſeltſame Tracht der darin ar- beitenden Weiber, welche, vom Kopf bis zu Fuß in blutrothe Mäntel gehüllt, einer unheimlichen Ver- ſammlung von Scharfrichtern glichen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/349
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/349>, abgerufen am 24.11.2024.