Im Curiositäten-Kabinet ist zu vielerlei, um es Dir, gleich einem Antiquar, Alles herzuerzählen. Ich beschränke mich daher, wie immer, nur auf das, was mich am meisten anspricht, und das ist nicht immer das berühmteste. Also zuerst ein mit Edelsteinen be- setzter Handschuh Heinrichs VIII., und ein sehr wohl erhaltener, fast chinesisch geformter Sorgenstuhl des- selben. Ferner ein eigenhändiger Brief der Königin Elisabeth an Lord Burleigh, sehr zierlich geschrieben, und eine niedliche Reitkamasche und Schuhe der Mai- denqueen, welche wenigstens einen allerliebsten Fuß verrathen. Endlich ihre Uhr mit einer geschmackvollen Kette, aus fünf Medaillons bestehend, eines unter dem andern, die alle anders gefärbte Haare enthal- ten, wahrscheinlich von ihren verschiedenen Günstlin- gen. Merkwürdiger noch ist ein anderes Medaillon, mit einem groben Portrait in Mosaik, und einer In- schrift, die beweist, daß das erste dem König Alfred zugehört habe. Dieß seltene Ueberbleibsel des Alter- thums wurde erst vor zehn Jahren auf der Insel Athelney, wo Alfred sich vor den Dänen verbarg, beim Aufreißen eines Feldes gefunden.
Die Copie eines chinesischen Schiffes (einer Junke) in der Größe eines Kahns, so daß man recht gut damit sogleich eine Spazierfahrt auf dem Wasser ma- chen könnte, so wie das Modell des sogenannten Druidentempels zu Stonehenge, ein sehr vollständi- ges Kabinet fossiler Knochen u. s. w. erwähne ich noch, und führe Dich nun in die Gemäldegallerie,
Im Curioſitäten-Kabinet iſt zu vielerlei, um es Dir, gleich einem Antiquar, Alles herzuerzählen. Ich beſchränke mich daher, wie immer, nur auf das, was mich am meiſten anſpricht, und das iſt nicht immer das berühmteſte. Alſo zuerſt ein mit Edelſteinen be- ſetzter Handſchuh Heinrichs VIII., und ein ſehr wohl erhaltener, faſt chineſiſch geformter Sorgenſtuhl deſ- ſelben. Ferner ein eigenhändiger Brief der Königin Eliſabeth an Lord Burleigh, ſehr zierlich geſchrieben, und eine niedliche Reitkamaſche und Schuhe der Mai- denqueen, welche wenigſtens einen allerliebſten Fuß verrathen. Endlich ihre Uhr mit einer geſchmackvollen Kette, aus fünf Medaillons beſtehend, eines unter dem andern, die alle anders gefärbte Haare enthal- ten, wahrſcheinlich von ihren verſchiedenen Günſtlin- gen. Merkwürdiger noch iſt ein anderes Medaillon, mit einem groben Portrait in Moſaik, und einer In- ſchrift, die beweist, daß das erſte dem König Alfred zugehört habe. Dieß ſeltene Ueberbleibſel des Alter- thums wurde erſt vor zehn Jahren auf der Inſel Athelney, wo Alfred ſich vor den Dänen verbarg, beim Aufreißen eines Feldes gefunden.
Die Copie eines chineſiſchen Schiffes (einer Junke) in der Größe eines Kahns, ſo daß man recht gut damit ſogleich eine Spazierfahrt auf dem Waſſer ma- chen könnte, ſo wie das Modell des ſogenannten Druidentempels zu Stonehenge, ein ſehr vollſtändi- ges Kabinet foſſiler Knochen u. ſ. w. erwähne ich noch, und führe Dich nun in die Gemäldegallerie,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0329"n="283"/><p>Im Curioſitäten-Kabinet iſt zu vielerlei, um es<lb/>
Dir, gleich einem Antiquar, Alles herzuerzählen. Ich<lb/>
beſchränke mich daher, wie immer, nur auf das, was<lb/>
mich am meiſten anſpricht, und das iſt nicht immer<lb/>
das berühmteſte. Alſo zuerſt ein mit Edelſteinen be-<lb/>ſetzter Handſchuh Heinrichs <hirendition="#aq">VIII.,</hi> und ein ſehr wohl<lb/>
erhaltener, faſt chineſiſch geformter Sorgenſtuhl deſ-<lb/>ſelben. Ferner ein eigenhändiger Brief der Königin<lb/>
Eliſabeth an Lord Burleigh, ſehr zierlich geſchrieben,<lb/>
und eine niedliche Reitkamaſche und Schuhe der Mai-<lb/>
denqueen, welche wenigſtens einen allerliebſten Fuß<lb/>
verrathen. Endlich ihre Uhr mit einer geſchmackvollen<lb/>
Kette, aus fünf Medaillons beſtehend, eines unter<lb/>
dem andern, die alle anders gefärbte Haare enthal-<lb/>
ten, wahrſcheinlich von ihren verſchiedenen Günſtlin-<lb/>
gen. Merkwürdiger noch iſt ein anderes Medaillon,<lb/>
mit einem groben Portrait in Moſaik, und einer In-<lb/>ſchrift, die beweist, daß das erſte dem König Alfred<lb/>
zugehört habe. Dieß ſeltene Ueberbleibſel des Alter-<lb/>
thums wurde erſt vor zehn Jahren auf der Inſel<lb/>
Athelney, wo Alfred ſich vor den Dänen verbarg,<lb/>
beim Aufreißen eines Feldes gefunden.</p><lb/><p>Die Copie eines chineſiſchen Schiffes (einer Junke)<lb/>
in der Größe eines Kahns, ſo daß man recht gut<lb/>
damit ſogleich eine Spazierfahrt auf dem Waſſer ma-<lb/>
chen könnte, ſo wie das Modell des ſogenannten<lb/>
Druidentempels zu Stonehenge, ein ſehr vollſtändi-<lb/>
ges Kabinet foſſiler Knochen u. ſ. w. erwähne ich<lb/>
noch, und führe Dich nun in die Gemäldegallerie,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[283/0329]
Im Curioſitäten-Kabinet iſt zu vielerlei, um es
Dir, gleich einem Antiquar, Alles herzuerzählen. Ich
beſchränke mich daher, wie immer, nur auf das, was
mich am meiſten anſpricht, und das iſt nicht immer
das berühmteſte. Alſo zuerſt ein mit Edelſteinen be-
ſetzter Handſchuh Heinrichs VIII., und ein ſehr wohl
erhaltener, faſt chineſiſch geformter Sorgenſtuhl deſ-
ſelben. Ferner ein eigenhändiger Brief der Königin
Eliſabeth an Lord Burleigh, ſehr zierlich geſchrieben,
und eine niedliche Reitkamaſche und Schuhe der Mai-
denqueen, welche wenigſtens einen allerliebſten Fuß
verrathen. Endlich ihre Uhr mit einer geſchmackvollen
Kette, aus fünf Medaillons beſtehend, eines unter
dem andern, die alle anders gefärbte Haare enthal-
ten, wahrſcheinlich von ihren verſchiedenen Günſtlin-
gen. Merkwürdiger noch iſt ein anderes Medaillon,
mit einem groben Portrait in Moſaik, und einer In-
ſchrift, die beweist, daß das erſte dem König Alfred
zugehört habe. Dieß ſeltene Ueberbleibſel des Alter-
thums wurde erſt vor zehn Jahren auf der Inſel
Athelney, wo Alfred ſich vor den Dänen verbarg,
beim Aufreißen eines Feldes gefunden.
Die Copie eines chineſiſchen Schiffes (einer Junke)
in der Größe eines Kahns, ſo daß man recht gut
damit ſogleich eine Spazierfahrt auf dem Waſſer ma-
chen könnte, ſo wie das Modell des ſogenannten
Druidentempels zu Stonehenge, ein ſehr vollſtändi-
ges Kabinet foſſiler Knochen u. ſ. w. erwähne ich
noch, und führe Dich nun in die Gemäldegallerie,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/329>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.