wieder seines Gleichen gesehen worden seyn soll. Als Beweis, daß die Geschichte keine Fabel sey, zeigte man uns im Museo noch den ganz fremdartigen Kopf und Schnabel des Dodo.
In der Naturaliensammlung waren eine große Menge, zum Theil sehr seltne, Papageyen aufgestellt, nebst einem andern merkwürdigen Vogel, der Sta- cheln an seinen Flügeln hat, mit denen er kleine Fi- sche wie mit einer Lanze anspießt; dabei sieht der diminutive Kämpe, der nur sechs Zoll hoch ist, unge- mein patzig, und wie ein Straus en miniature aus, nur viel klüger und kampflustiger. Sehenswerth war auch das Schnabelthier, eine Art kolossaler Wasser- ratze mit Schwimmhäuten und einem Entenschnabel, aus jenem seltsamen Welttheil Neuholland, das durch seine, dem übrigen Naturreich fremden Produktionen, fast auf die Vermuthung bringt, es gehöre einer an- dern Schöpfungsepoche an, oder sey einst von einem vorbeisegelnden Stern verloren worden, und auf un- sere Erde niedergefallen.
Ein Gemälde von Kolibrifedern bietet Farben dar, die überirdisch erscheinen, und eben so überraschend war das Basrelief eines herrlich goldgrün geharnisch- ten Ritters, dessen Harnisch -- aus den Flügelschalen des Goldkäfers bestand. Eine gute Satyre auf den heutigen Landadel wäre es, wenn man einen solchen Ritter mit der blauen Rüstung des Mistkäfers dar- stellte.
wieder ſeines Gleichen geſehen worden ſeyn ſoll. Als Beweis, daß die Geſchichte keine Fabel ſey, zeigte man uns im Muſeo noch den ganz fremdartigen Kopf und Schnabel des Dodo.
In der Naturalienſammlung waren eine große Menge, zum Theil ſehr ſeltne, Papageyen aufgeſtellt, nebſt einem andern merkwürdigen Vogel, der Sta- cheln an ſeinen Flügeln hat, mit denen er kleine Fi- ſche wie mit einer Lanze anſpießt; dabei ſieht der diminutive Kämpe, der nur ſechs Zoll hoch iſt, unge- mein patzig, und wie ein Straus en miniature aus, nur viel klüger und kampfluſtiger. Sehenswerth war auch das Schnabelthier, eine Art koloſſaler Waſſer- ratze mit Schwimmhäuten und einem Entenſchnabel, aus jenem ſeltſamen Welttheil Neuholland, das durch ſeine, dem übrigen Naturreich fremden Produktionen, faſt auf die Vermuthung bringt, es gehöre einer an- dern Schöpfungsepoche an, oder ſey einſt von einem vorbeiſegelnden Stern verloren worden, und auf un- ſere Erde niedergefallen.
Ein Gemälde von Kolibrifedern bietet Farben dar, die überirdiſch erſcheinen, und eben ſo überraſchend war das Basrelief eines herrlich goldgrün geharniſch- ten Ritters, deſſen Harniſch — aus den Flügelſchalen des Goldkäfers beſtand. Eine gute Satyre auf den heutigen Landadel wäre es, wenn man einen ſolchen Ritter mit der blauen Rüſtung des Miſtkäfers dar- ſtellte.
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wieder ſeines Gleichen geſehen worden ſeyn ſoll. Als
Beweis, daß die Geſchichte keine Fabel ſey, zeigte
man uns im Muſeo noch den ganz fremdartigen Kopf
und Schnabel des Dodo.
In der Naturalienſammlung waren eine große
Menge, zum Theil ſehr ſeltne, Papageyen aufgeſtellt,
nebſt einem andern merkwürdigen Vogel, der Sta-
cheln an ſeinen Flügeln hat, mit denen er kleine Fi-
ſche wie mit einer Lanze anſpießt; dabei ſieht der
diminutive Kämpe, der nur ſechs Zoll hoch iſt, unge-
mein patzig, und wie ein Straus en miniature aus,
nur viel klüger und kampfluſtiger. Sehenswerth war
auch das Schnabelthier, eine Art koloſſaler Waſſer-
ratze mit Schwimmhäuten und einem Entenſchnabel,
aus jenem ſeltſamen Welttheil Neuholland, das durch
ſeine, dem übrigen Naturreich fremden Produktionen,
faſt auf die Vermuthung bringt, es gehöre einer an-
dern Schöpfungsepoche an, oder ſey einſt von einem
vorbeiſegelnden Stern verloren worden, und auf un-
ſere Erde niedergefallen.
Ein Gemälde von Kolibrifedern bietet Farben dar,
die überirdiſch erſcheinen, und eben ſo überraſchend
war das Basrelief eines herrlich goldgrün geharniſch-
ten Ritters, deſſen Harniſch — aus den Flügelſchalen
des Goldkäfers beſtand. Eine gute Satyre auf den
heutigen Landadel wäre es, wenn man einen ſolchen
Ritter mit der blauen Rüſtung des Miſtkäfers dar-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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