Der König in prachtvoller Kleidung, ein fetter, et- was Fleischerartig aussehender Herr, bei dem Wol- lust, Schlauheit, Grausamkeit und Kraft in einer furchtbar behaglichen, und fast jovialen Physiognomie hervorherrschen! Man sieht bei alle dem, daß ein solcher Mann zittern machen, und dennoch an sich fesseln kann. -- Anna Bullen ist eine freundlich un- bedeutende, beinahe etwas dumm erscheinende, ächt englische Schönheit, von einer Gestalt, wie man sie auch heute, nur in anderm Kostüme, noch häufig hier antrifft!
Cromwell, von van Dyk. Ein herrlicher Kopf. Etwas von dem bronznen Gladiatoransehen Napo- leons, aber mit viel gemeinern Zügen, hinter denen jedoch, wie hinter einer Maske, eine große Seele dämmert. Schwärmerei ist fast zu wenig darin aus- gedrückt, dagegen eine beinahe ehrlich scheinende, und desto betrügendere List im Auge, aber doch nirgends eine Spur von Grausamkeit, die man auch dem Pro- tektor wohl nicht vorwerfen kann, da selbst die Hin- richtung des Königs zwar eine grausame Handlung war, in Cromwells Gemüth aber nur wie eine ihm unumgänglich nothwendige politische Operation er- schien, keineswegs aber in Freude am Blutvergießen ihren Grund fand. Unter Cromwells Bilde hängt sein eigner Helm.
plaren, die öfter wiederkehrende Schilderung derselben verzeihen mußt. Immer findet sich doch eine oder die andere Nüance verschieden.
Der König in prachtvoller Kleidung, ein fetter, et- was Fleiſcherartig ausſehender Herr, bei dem Wol- luſt, Schlauheit, Grauſamkeit und Kraft in einer furchtbar behaglichen, und faſt jovialen Phyſiognomie hervorherrſchen! Man ſieht bei alle dem, daß ein ſolcher Mann zittern machen, und dennoch an ſich feſſeln kann. — Anna Bullen iſt eine freundlich un- bedeutende, beinahe etwas dumm erſcheinende, ächt engliſche Schönheit, von einer Geſtalt, wie man ſie auch heute, nur in anderm Koſtüme, noch häufig hier antrifft!
Cromwell, von van Dyk. Ein herrlicher Kopf. Etwas von dem bronznen Gladiatoranſehen Napo- leons, aber mit viel gemeinern Zügen, hinter denen jedoch, wie hinter einer Maske, eine große Seele dämmert. Schwärmerei iſt faſt zu wenig darin aus- gedrückt, dagegen eine beinahe ehrlich ſcheinende, und deſto betrügendere Liſt im Auge, aber doch nirgends eine Spur von Grauſamkeit, die man auch dem Pro- tektor wohl nicht vorwerfen kann, da ſelbſt die Hin- richtung des Königs zwar eine grauſame Handlung war, in Cromwells Gemüth aber nur wie eine ihm unumgänglich nothwendige politiſche Operation er- ſchien, keineswegs aber in Freude am Blutvergießen ihren Grund fand. Unter Cromwells Bilde hängt ſein eigner Helm.
plaren, die oͤfter wiederkehrende Schilderung derſelben verzeihen mußt. Immer findet ſich doch eine oder die andere Nuͤance verſchieden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0281"n="235"/>
Der König in prachtvoller Kleidung, ein fetter, et-<lb/>
was Fleiſcherartig ausſehender Herr, bei dem Wol-<lb/>
luſt, Schlauheit, Grauſamkeit und Kraft in einer<lb/>
furchtbar behaglichen, und faſt jovialen Phyſiognomie<lb/>
hervorherrſchen! Man ſieht bei alle dem, daß ein<lb/>ſolcher Mann zittern machen, und dennoch an ſich<lb/>
feſſeln kann. — Anna Bullen iſt eine freundlich un-<lb/>
bedeutende, beinahe etwas dumm erſcheinende, ächt<lb/>
engliſche Schönheit, von einer Geſtalt, wie man ſie<lb/>
auch heute, nur in anderm Koſtüme, noch häufig<lb/>
hier antrifft!</p><lb/><p>Cromwell, von van Dyk. Ein herrlicher Kopf.<lb/>
Etwas von dem bronznen Gladiatoranſehen Napo-<lb/>
leons, aber mit viel gemeinern Zügen, hinter denen<lb/>
jedoch, wie hinter einer Maske, eine große Seele<lb/>
dämmert. Schwärmerei iſt faſt zu wenig darin aus-<lb/>
gedrückt, dagegen eine beinahe ehrlich ſcheinende, und<lb/>
deſto betrügendere Liſt im Auge, aber doch nirgends<lb/>
eine Spur von Grauſamkeit, die man auch dem Pro-<lb/>
tektor wohl nicht vorwerfen kann, da ſelbſt die Hin-<lb/>
richtung des Königs zwar eine grauſame Handlung<lb/>
war, in Cromwells Gemüth aber nur wie eine ihm<lb/>
unumgänglich nothwendige politiſche Operation er-<lb/>ſchien, keineswegs aber in Freude am Blutvergießen<lb/>
ihren Grund fand. Unter Cromwells Bilde hängt<lb/>ſein eigner Helm.</p><lb/><p><notexml:id="seg2pn_7_2"prev="#seg2pn_7_1"place="foot"n="*)">plaren, die oͤfter wiederkehrende Schilderung derſelben<lb/>
verzeihen mußt. Immer findet ſich doch eine oder die<lb/>
andere Nuͤance verſchieden.</note></p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[235/0281]
Der König in prachtvoller Kleidung, ein fetter, et-
was Fleiſcherartig ausſehender Herr, bei dem Wol-
luſt, Schlauheit, Grauſamkeit und Kraft in einer
furchtbar behaglichen, und faſt jovialen Phyſiognomie
hervorherrſchen! Man ſieht bei alle dem, daß ein
ſolcher Mann zittern machen, und dennoch an ſich
feſſeln kann. — Anna Bullen iſt eine freundlich un-
bedeutende, beinahe etwas dumm erſcheinende, ächt
engliſche Schönheit, von einer Geſtalt, wie man ſie
auch heute, nur in anderm Koſtüme, noch häufig
hier antrifft!
Cromwell, von van Dyk. Ein herrlicher Kopf.
Etwas von dem bronznen Gladiatoranſehen Napo-
leons, aber mit viel gemeinern Zügen, hinter denen
jedoch, wie hinter einer Maske, eine große Seele
dämmert. Schwärmerei iſt faſt zu wenig darin aus-
gedrückt, dagegen eine beinahe ehrlich ſcheinende, und
deſto betrügendere Liſt im Auge, aber doch nirgends
eine Spur von Grauſamkeit, die man auch dem Pro-
tektor wohl nicht vorwerfen kann, da ſelbſt die Hin-
richtung des Königs zwar eine grauſame Handlung
war, in Cromwells Gemüth aber nur wie eine ihm
unumgänglich nothwendige politiſche Operation er-
ſchien, keineswegs aber in Freude am Blutvergießen
ihren Grund fand. Unter Cromwells Bilde hängt
ſein eigner Helm.
*)
*) plaren, die oͤfter wiederkehrende Schilderung derſelben
verzeihen mußt. Immer findet ſich doch eine oder die
andere Nuͤance verſchieden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/281>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.