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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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einzige und ewige Freundin, wende ich mich dann
immer zuletzt mit nassem Auge und innigem Dank
für all' Deine vielfache Liebe, Güte und Nachsicht,
und lege in Deinen treuen Busen meinen Kummer,
wie meine Freude, und alle meine Hoffnungen nie-
der, deren glänzendste Erfüllung ja doch ohne Dich
jeden Werth für mich verlieren würde.

Ich muß Dich aber jetzt verlassen, um meiner Pflicht
gemäß (denn es widerstünde mir sonst) in eine große
Gesellschaft zu gehen, wo ich mich, wie im Leben,
mit Andern in der Menge zu verlieren bestimmt bin.
Es ist vor der Hand mein letzter Ausgang in die
Welt, da ich mich präparire, mit R .... eine Park-
und Gartenreise anzutreten, die uns wohl einen Mo-
nat hinnehmen wird. Die jetzige Zeit ist aber gerade
die beste für den, welcher diesen Gegenstand studiren
will, da die laublosen Bäume überall die Durchsicht
gestatten, und man so bei einer Umgehung der
künstlichen Landschaft Alles schon übersehen, die ge-
wonnenen Effekte verstehen, und das Ganze, wie
einen Plan auf dem Papiere, beurtheilen, so wie
die Bestandtheile jeder Pflanzung in ihrer absichtlichen
Ordnung erkennen kann.

Gestern besuchten wir en attendant die Parks in
der Stadt, Kensington u. s. w., namentlich den Re-
gentspark im Detail, bei welcher Gelegenheit wir
auch dem dort aufgestellten Diorama nicht vorbeigin-

einzige und ewige Freundin, wende ich mich dann
immer zuletzt mit naſſem Auge und innigem Dank
für all’ Deine vielfache Liebe, Güte und Nachſicht,
und lege in Deinen treuen Buſen meinen Kummer,
wie meine Freude, und alle meine Hoffnungen nie-
der, deren glänzendſte Erfüllung ja doch ohne Dich
jeden Werth für mich verlieren würde.

Ich muß Dich aber jetzt verlaſſen, um meiner Pflicht
gemäß (denn es widerſtünde mir ſonſt) in eine große
Geſellſchaft zu gehen, wo ich mich, wie im Leben,
mit Andern in der Menge zu verlieren beſtimmt bin.
Es iſt vor der Hand mein letzter Ausgang in die
Welt, da ich mich präparire, mit R .... eine Park-
und Gartenreiſe anzutreten, die uns wohl einen Mo-
nat hinnehmen wird. Die jetzige Zeit iſt aber gerade
die beſte für den, welcher dieſen Gegenſtand ſtudiren
will, da die laubloſen Bäume überall die Durchſicht
geſtatten, und man ſo bei einer Umgehung der
künſtlichen Landſchaft Alles ſchon überſehen, die ge-
wonnenen Effekte verſtehen, und das Ganze, wie
einen Plan auf dem Papiere, beurtheilen, ſo wie
die Beſtandtheile jeder Pflanzung in ihrer abſichtlichen
Ordnung erkennen kann.

Geſtern beſuchten wir en attendant die Parks in
der Stadt, Kenſington u. ſ. w., namentlich den Re-
gentspark im Detail, bei welcher Gelegenheit wir
auch dem dort aufgeſtellten Diorama nicht vorbeigin-

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[201/0245] einzige und ewige Freundin, wende ich mich dann immer zuletzt mit naſſem Auge und innigem Dank für all’ Deine vielfache Liebe, Güte und Nachſicht, und lege in Deinen treuen Buſen meinen Kummer, wie meine Freude, und alle meine Hoffnungen nie- der, deren glänzendſte Erfüllung ja doch ohne Dich jeden Werth für mich verlieren würde. Ich muß Dich aber jetzt verlaſſen, um meiner Pflicht gemäß (denn es widerſtünde mir ſonſt) in eine große Geſellſchaft zu gehen, wo ich mich, wie im Leben, mit Andern in der Menge zu verlieren beſtimmt bin. Es iſt vor der Hand mein letzter Ausgang in die Welt, da ich mich präparire, mit R .... eine Park- und Gartenreiſe anzutreten, die uns wohl einen Mo- nat hinnehmen wird. Die jetzige Zeit iſt aber gerade die beſte für den, welcher dieſen Gegenſtand ſtudiren will, da die laubloſen Bäume überall die Durchſicht geſtatten, und man ſo bei einer Umgehung der künſtlichen Landſchaft Alles ſchon überſehen, die ge- wonnenen Effekte verſtehen, und das Ganze, wie einen Plan auf dem Papiere, beurtheilen, ſo wie die Beſtandtheile jeder Pflanzung in ihrer abſichtlichen Ordnung erkennen kann. Geſtern beſuchten wir en attendant die Parks in der Stadt, Kenſington u. ſ. w., namentlich den Re- gentspark im Detail, bei welcher Gelegenheit wir auch dem dort aufgeſtellten Diorama nicht vorbeigin-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/245>, abgerufen am 28.11.2024.