Es ist nicht uninteressant, den hiesigen Auctionen beizuwohnen, zuförderst wegen der Menge höchst selt- ner und kostbarer Dinge, die bei einem so regen Le- ben und ewigem Sinken und Fallen der Fortünen hier täglich vorkommen, und oft sehr billig erstanden werden, dann aber auch wegen der, schon in einem andern Briefe erwähnten Genialität der Auktionato- ren, die ihre Reden mit mehr Witz gratis verbrämen, als sie bei uns für schweres Geld zu geben Lust ha- ben würden.
Diesen Morgen sah ich auf diese Art das indische Kabinet eines banquerott gewordenen Nabobs ver- kaufen, welches bewunderungswürdige Kunstwerke enthielt. "Der Besitzer dieser Schätze," sagte der Redner, "hat sich viel Mühe um nichts gegeben,
Siebenter Brief.
London, den 12. Dez. 1826.
Liebſte Freundin!
Es iſt nicht unintereſſant, den hieſigen Auctionen beizuwohnen, zuförderſt wegen der Menge höchſt ſelt- ner und koſtbarer Dinge, die bei einem ſo regen Le- ben und ewigem Sinken und Fallen der Fortünen hier täglich vorkommen, und oft ſehr billig erſtanden werden, dann aber auch wegen der, ſchon in einem andern Briefe erwähnten Genialität der Auktionato- ren, die ihre Reden mit mehr Witz gratis verbrämen, als ſie bei uns für ſchweres Geld zu geben Luſt ha- ben würden.
Dieſen Morgen ſah ich auf dieſe Art das indiſche Kabinet eines banquerott gewordenen Nabobs ver- kaufen, welches bewunderungswürdige Kunſtwerke enthielt. „Der Beſitzer dieſer Schätze,“ ſagte der Redner, „hat ſich viel Mühe um nichts gegeben,
<TEI><text><body><pbfacs="#f0228"n="[184]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Siebenter Brief</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">London, den 12. Dez. 1826.</hi></dateline><lb/><salute>Liebſte Freundin!</salute></opener><lb/><p>Es iſt nicht unintereſſant, den hieſigen Auctionen<lb/>
beizuwohnen, zuförderſt wegen der Menge höchſt ſelt-<lb/>
ner und koſtbarer Dinge, die bei einem ſo regen Le-<lb/>
ben und ewigem Sinken und Fallen der Fortünen<lb/>
hier täglich vorkommen, und oft ſehr billig erſtanden<lb/>
werden, dann aber auch wegen der, ſchon in einem<lb/>
andern Briefe erwähnten Genialität der Auktionato-<lb/>
ren, die ihre Reden mit mehr Witz gratis verbrämen,<lb/>
als ſie bei uns für ſchweres Geld zu geben Luſt ha-<lb/>
ben würden.</p><lb/><p>Dieſen Morgen ſah ich auf dieſe Art das indiſche<lb/>
Kabinet eines banquerott gewordenen Nabobs ver-<lb/>
kaufen, welches bewunderungswürdige Kunſtwerke<lb/>
enthielt. „Der Beſitzer dieſer Schätze,“ſagte der<lb/>
Redner, „hat ſich viel Mühe um nichts gegeben,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[184]/0228]
Siebenter Brief.
London, den 12. Dez. 1826.
Liebſte Freundin!
Es iſt nicht unintereſſant, den hieſigen Auctionen
beizuwohnen, zuförderſt wegen der Menge höchſt ſelt-
ner und koſtbarer Dinge, die bei einem ſo regen Le-
ben und ewigem Sinken und Fallen der Fortünen
hier täglich vorkommen, und oft ſehr billig erſtanden
werden, dann aber auch wegen der, ſchon in einem
andern Briefe erwähnten Genialität der Auktionato-
ren, die ihre Reden mit mehr Witz gratis verbrämen,
als ſie bei uns für ſchweres Geld zu geben Luſt ha-
ben würden.
Dieſen Morgen ſah ich auf dieſe Art das indiſche
Kabinet eines banquerott gewordenen Nabobs ver-
kaufen, welches bewunderungswürdige Kunſtwerke
enthielt. „Der Beſitzer dieſer Schätze,“ ſagte der
Redner, „hat ſich viel Mühe um nichts gegeben,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. [184]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/228>, abgerufen am 13.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.