niger gefällt mir die Ouvertüre, obgleich sie so sehr von Kennern gerühmt wird.
Ich hätte damit anfangen sollen, Dir zu sagen, daß ich bei einem großen Lever heut früh dem Kö- nige vorgestellt wurde, wobei ich es als eine Selt- samkeit anführen muß, die in der so merkwürdigen freiwilligen Sequestrirung des jetzigen Monarchen ih- ren Grund hat, daß mit mir auch unser Legations- Secretär zum erstenmal präsentirt wurde, obgleich er schon seit zwei Jahren als solcher hier angestellt ist. Seine Majestät besitzen ein sehr gutes Gedächt- niß und erinnerten sich sogleich meines früheren Auf- enthalts in England, irrten sich aber dennoch um mehrere Jahre in der Epoche. Ich nahm die Gele- genheit wahr, mein Compliment über die ungemei- nen Verschönerungen Londons seit dieser Zeit anzu- bringen, die in der That dem Könige fast allein zu danken sind, und ging, nach gnädiger Erwiederung, fürbaß, wo ich mich dann an einen bequemen Platz stellte, um das Schauspiel recht gemächlich im Gan- zen zu beschauen. Es war originell genug.
Alles ging der Reihe nach bei dem Könige verbei, welcher, Kränklichkeitshalber, saß, machte dort seine Verbeugung, wurde angeredet oder nicht, und stellte sich hierauf entweder auf der andern Seite in die Reihe, oder verließ auch gleich den Saal. Alle, die zu irgend etwas ernannt worden waren, knieten vor dem Könige nieder und küßten ihm die Hand, wozu der amerikanische Gesandte, neben dem ich zufällig
niger gefällt mir die Ouvertüre, obgleich ſie ſo ſehr von Kennern gerühmt wird.
Ich hätte damit anfangen ſollen, Dir zu ſagen, daß ich bei einem großen Lever heut früh dem Kö- nige vorgeſtellt wurde, wobei ich es als eine Selt- ſamkeit anführen muß, die in der ſo merkwürdigen freiwilligen Sequeſtrirung des jetzigen Monarchen ih- ren Grund hat, daß mit mir auch unſer Legations- Secretär zum erſtenmal präſentirt wurde, obgleich er ſchon ſeit zwei Jahren als ſolcher hier angeſtellt iſt. Seine Majeſtät beſitzen ein ſehr gutes Gedächt- niß und erinnerten ſich ſogleich meines früheren Auf- enthalts in England, irrten ſich aber dennoch um mehrere Jahre in der Epoche. Ich nahm die Gele- genheit wahr, mein Compliment über die ungemei- nen Verſchönerungen Londons ſeit dieſer Zeit anzu- bringen, die in der That dem Könige faſt allein zu danken ſind, und ging, nach gnädiger Erwiederung, fürbaß, wo ich mich dann an einen bequemen Platz ſtellte, um das Schauſpiel recht gemächlich im Gan- zen zu beſchauen. Es war originell genug.
Alles ging der Reihe nach bei dem Könige verbei, welcher, Kränklichkeitshalber, ſaß, machte dort ſeine Verbeugung, wurde angeredet oder nicht, und ſtellte ſich hierauf entweder auf der andern Seite in die Reihe, oder verließ auch gleich den Saal. Alle, die zu irgend etwas ernannt worden waren, knieten vor dem Könige nieder und küßten ihm die Hand, wozu der amerikaniſche Geſandte, neben dem ich zufällig
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0217"n="173"/>
niger gefällt mir die Ouvertüre, obgleich ſie ſo ſehr<lb/>
von Kennern gerühmt wird.</p><lb/><p>Ich hätte damit anfangen ſollen, Dir zu ſagen,<lb/>
daß ich bei einem großen Lever heut früh dem Kö-<lb/>
nige vorgeſtellt wurde, wobei ich es als eine Selt-<lb/>ſamkeit anführen muß, die in der ſo merkwürdigen<lb/>
freiwilligen Sequeſtrirung des jetzigen Monarchen ih-<lb/>
ren Grund hat, daß mit mir auch unſer Legations-<lb/>
Secretär zum <hirendition="#g">erſtenmal</hi> präſentirt wurde, obgleich<lb/>
er ſchon ſeit zwei Jahren als ſolcher hier angeſtellt<lb/>
iſt. Seine Majeſtät beſitzen ein ſehr gutes Gedächt-<lb/>
niß und erinnerten ſich ſogleich meines früheren Auf-<lb/>
enthalts in England, irrten ſich aber dennoch um<lb/>
mehrere Jahre in der Epoche. Ich nahm die Gele-<lb/>
genheit wahr, mein Compliment über die ungemei-<lb/>
nen Verſchönerungen Londons ſeit dieſer Zeit anzu-<lb/>
bringen, die in der That dem Könige faſt allein zu<lb/>
danken ſind, und ging, nach gnädiger Erwiederung,<lb/>
fürbaß, wo ich mich dann an einen bequemen Platz<lb/>ſtellte, um das Schauſpiel recht gemächlich im Gan-<lb/>
zen zu beſchauen. Es war originell genug.</p><lb/><p>Alles ging der Reihe nach bei dem Könige verbei,<lb/>
welcher, Kränklichkeitshalber, ſaß, machte dort ſeine<lb/>
Verbeugung, wurde angeredet oder nicht, und ſtellte<lb/>ſich hierauf entweder auf der andern Seite in die<lb/>
Reihe, oder verließ auch gleich den Saal. Alle, die<lb/>
zu irgend etwas ernannt worden waren, knieten vor<lb/>
dem Könige nieder und küßten ihm die Hand, wozu<lb/>
der amerikaniſche Geſandte, neben dem ich zufällig<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[173/0217]
niger gefällt mir die Ouvertüre, obgleich ſie ſo ſehr
von Kennern gerühmt wird.
Ich hätte damit anfangen ſollen, Dir zu ſagen,
daß ich bei einem großen Lever heut früh dem Kö-
nige vorgeſtellt wurde, wobei ich es als eine Selt-
ſamkeit anführen muß, die in der ſo merkwürdigen
freiwilligen Sequeſtrirung des jetzigen Monarchen ih-
ren Grund hat, daß mit mir auch unſer Legations-
Secretär zum erſtenmal präſentirt wurde, obgleich
er ſchon ſeit zwei Jahren als ſolcher hier angeſtellt
iſt. Seine Majeſtät beſitzen ein ſehr gutes Gedächt-
niß und erinnerten ſich ſogleich meines früheren Auf-
enthalts in England, irrten ſich aber dennoch um
mehrere Jahre in der Epoche. Ich nahm die Gele-
genheit wahr, mein Compliment über die ungemei-
nen Verſchönerungen Londons ſeit dieſer Zeit anzu-
bringen, die in der That dem Könige faſt allein zu
danken ſind, und ging, nach gnädiger Erwiederung,
fürbaß, wo ich mich dann an einen bequemen Platz
ſtellte, um das Schauſpiel recht gemächlich im Gan-
zen zu beſchauen. Es war originell genug.
Alles ging der Reihe nach bei dem Könige verbei,
welcher, Kränklichkeitshalber, ſaß, machte dort ſeine
Verbeugung, wurde angeredet oder nicht, und ſtellte
ſich hierauf entweder auf der andern Seite in die
Reihe, oder verließ auch gleich den Saal. Alle, die
zu irgend etwas ernannt worden waren, knieten vor
dem Könige nieder und küßten ihm die Hand, wozu
der amerikaniſche Geſandte, neben dem ich zufällig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/217>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.