an neue Bekanntschaften. Der Ennui aber, der mich in solcher Stimmung überfällt, steht zu sehr auf meinem undiplomatischen Gesichte verzeichnet, um sich nicht auch, ansteckend wie das Gähnen, den Andern mitzutheilen. Hie und da tritt dennoch eine Aus- nahme ein. So machte ich heute die Bekanntschaft des Herrn Morier, des geistreichen und höchs[t] lie- benswürdigen Verfassers Hadji Baba's, so wie [au]ch die des Herrn Hope, angeblichen Autors des [no]ch weit genialeren Anastasius. Dieses letztere Buch wäre Byrons würdig. Viele behaupten, Herr Hope, der im Aeussern mehr Zurückhaltung als Genialität zeigt, könne es ohnmöglich geschrieben haben. Dieser Zwei- fel gründet sich vorzüglich darauf, daß Herr Hope unter seinem Namen früher ein Werk über Ameu- blement herausgab, dessen Styl und Inhalt aller- dings ungemein mit dem glühenden, von Reichthum der Gefühle und Gedanken überströmenden Anasta- sius contrastirt. Einer meiner Bekannten sagte da- her: "Eins oder das Andere. Entweder Anasta- sius ist nicht von ihm, oder das Meubelwerk." Aber so verschiedner Stoff bringt wohl auch eben so verschiedne Behandlung mit sich, und wie ich Herrn Hope, vielleicht mit unwillkührlicher Vorliebe, beobach- tet habe, schien er mir durchaus kein gewöhnlicher Mensch. Er ist sehr reich, und sein Haus voller Kunstschätze und Luxus, worauf ich wohl noch ein- mal zurückkomme. Seine Meubles-Theorie, die dem Antiken nachgebildet ist, kann ich aber in der Aus- führung nicht loben, da die Stühle nicht zu regieren
an neue Bekanntſchaften. Der Ennui aber, der mich in ſolcher Stimmung überfällt, ſteht zu ſehr auf meinem undiplomatiſchen Geſichte verzeichnet, um ſich nicht auch, anſteckend wie das Gähnen, den Andern mitzutheilen. Hie und da tritt dennoch eine Aus- nahme ein. So machte ich heute die Bekanntſchaft des Herrn Morier, des geiſtreichen und höchſ[t] lie- benswürdigen Verfaſſers Hadji Baba’s, ſo wie [au]ch die des Herrn Hope, angeblichen Autors des [no]ch weit genialeren Anaſtaſius. Dieſes letztere Buch wäre Byrons würdig. Viele behaupten, Herr Hope, der im Aeuſſern mehr Zurückhaltung als Genialität zeigt, könne es ohnmöglich geſchrieben haben. Dieſer Zwei- fel gründet ſich vorzüglich darauf, daß Herr Hope unter ſeinem Namen früher ein Werk über Ameu- blement herausgab, deſſen Styl und Inhalt aller- dings ungemein mit dem glühenden, von Reichthum der Gefühle und Gedanken überſtrömenden Anaſta- ſius contraſtirt. Einer meiner Bekannten ſagte da- her: „Eins oder das Andere. Entweder Anaſta- ſius iſt nicht von ihm, oder das Meubelwerk.“ Aber ſo verſchiedner Stoff bringt wohl auch eben ſo verſchiedne Behandlung mit ſich, und wie ich Herrn Hope, vielleicht mit unwillkührlicher Vorliebe, beobach- tet habe, ſchien er mir durchaus kein gewöhnlicher Menſch. Er iſt ſehr reich, und ſein Haus voller Kunſtſchätze und Luxus, worauf ich wohl noch ein- mal zurückkomme. Seine Meubles-Theorie, die dem Antiken nachgebildet iſt, kann ich aber in der Aus- führung nicht loben, da die Stühle nicht zu regieren
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an neue Bekanntſchaften. Der Ennui aber, der mich
in ſolcher Stimmung überfällt, ſteht zu ſehr auf
meinem undiplomatiſchen Geſichte verzeichnet, um ſich
nicht auch, anſteckend wie das Gähnen, den Andern
mitzutheilen. Hie und da tritt dennoch eine Aus-
nahme ein. So machte ich heute die Bekanntſchaft
des Herrn Morier, des geiſtreichen und höchſt lie-
benswürdigen Verfaſſers Hadji Baba’s, ſo wie auch
die des Herrn Hope, angeblichen Autors des noch
weit genialeren Anaſtaſius. Dieſes letztere Buch wäre
Byrons würdig. Viele behaupten, Herr Hope, der
im Aeuſſern mehr Zurückhaltung als Genialität zeigt,
könne es ohnmöglich geſchrieben haben. Dieſer Zwei-
fel gründet ſich vorzüglich darauf, daß Herr Hope
unter ſeinem Namen früher ein Werk über Ameu-
blement herausgab, deſſen Styl und Inhalt aller-
dings ungemein mit dem glühenden, von Reichthum
der Gefühle und Gedanken überſtrömenden Anaſta-
ſius contraſtirt. Einer meiner Bekannten ſagte da-
her: „Eins oder das Andere. Entweder Anaſta-
ſius iſt nicht von ihm, oder das Meubelwerk.“
Aber ſo verſchiedner Stoff bringt wohl auch eben ſo
verſchiedne Behandlung mit ſich, und wie ich Herrn
Hope, vielleicht mit unwillkührlicher Vorliebe, beobach-
tet habe, ſchien er mir durchaus kein gewöhnlicher
Menſch. Er iſt ſehr reich, und ſein Haus voller
Kunſtſchätze und Luxus, worauf ich wohl noch ein-
mal zurückkomme. Seine Meubles-Theorie, die dem
Antiken nachgebildet iſt, kann ich aber in der Aus-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/214>, abgerufen am 24.11.2024.
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