Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.Vor einigen Tagen wohnte ich der interessanten In dem Saale des Oberhauses waren in der Mitte Um 2 Uhr verkündeten Kanonensalven den Anzug *) Mein Freund führte eine eigenthümliche Idee aus, die sei-
nen Hinterlassenen noch jetzt ein wehmüthiges Vergnügen gewährt. Er hatte nämlich viele große Foliobände mit Zeichnungen, Kupfern, Autographieen, mitunter auch klei- nen Broschüren angefüllt, aber nicht wie gewöhnlich Alles durcheinander, sondern nur dasjenige, was er selbst erlebt und gesehen, in derselben Ordnung, wie er es gesehen, darin aufgenommen, und jede Abbildung mit einer Note Vor einigen Tagen wohnte ich der intereſſanten In dem Saale des Oberhauſes waren in der Mitte Um 2 Uhr verkündeten Kanonenſalven den Anzug *) Mein Freund fuͤhrte eine eigenthuͤmliche Idee aus, die ſei-
nen Hinterlaſſenen noch jetzt ein wehmuͤthiges Vergnuͤgen gewaͤhrt. Er hatte naͤmlich viele große Foliobaͤnde mit Zeichnungen, Kupfern, Autographieen, mitunter auch klei- nen Broſchuͤren angefuͤllt, aber nicht wie gewoͤhnlich Alles durcheinander, ſondern nur dasjenige, was er ſelbſt erlebt und geſehen, in derſelben Ordnung, wie er es geſehen, darin aufgenommen, und jede Abbildung mit einer Note <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0198" n="154"/> <p>Vor einigen Tagen wohnte ich der intereſſanten<lb/> Eröffnung des Parlaments durch den König in Per-<lb/> ſon bei, eine Ceremonie, welche ſeit mehreren Jah-<lb/> ren nicht mehr ſtatt gefunden hat.</p><lb/> <p>In dem Saale des Oberhauſes waren in der Mitte<lb/> die Pairs verſammelt, ihre rothen Mäntel nur nach-<lb/> läſſig über die gewöhnliche Morgenkleidung geworfen.<lb/> An der vorderſten Wand ſtand der Thron des Kö-<lb/> nigs, auf Gradins links ſaßen viele Damen im<lb/> Schmuck, rechts das diplomatiſche Corps und die<lb/> Fremden, dem Throne gegenüber ſah man eine Bar-<lb/> riere und hinter dieſer die Mitglieder des Unterhau-<lb/> ſes in der bürgerlichen Kleidung unſrer Tage. Das<lb/> Haus auſſerhalb und die Treppen waren mit Die-<lb/> nern und Herolden im Coſtüme des vierzehnten Jahr-<lb/> hunderts bedeckt.</p><lb/> <p>Um 2 Uhr verkündeten Kanonenſalven den Anzug<lb/> des Königs im großen Staate. Viele prachtvolle<lb/> Wagen und Pferde bildeten den Zug, von dem ich<lb/> ſchon eine Abbildung in mein Erinnerungsbuch auf-<lb/> genommen <note xml:id="seg2pn_5_1" next="#seg2pn_5_2" place="foot" n="*)">Mein Freund fuͤhrte eine eigenthuͤmliche Idee aus, die ſei-<lb/> nen Hinterlaſſenen noch jetzt ein wehmuͤthiges Vergnuͤgen<lb/> gewaͤhrt. Er hatte naͤmlich viele große Foliobaͤnde mit<lb/> Zeichnungen, Kupfern, Autographieen, mitunter auch klei-<lb/> nen Broſchuͤren angefuͤllt, aber nicht wie gewoͤhnlich Alles<lb/> durcheinander, ſondern nur dasjenige, was er ſelbſt erlebt<lb/> und geſehen, in derſelben Ordnung, <hi rendition="#g">wie</hi> er es geſehen,<lb/> darin aufgenommen, und jede Abbildung mit einer Note</note> und zum Contraſt einen Triumphzug<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [154/0198]
Vor einigen Tagen wohnte ich der intereſſanten
Eröffnung des Parlaments durch den König in Per-
ſon bei, eine Ceremonie, welche ſeit mehreren Jah-
ren nicht mehr ſtatt gefunden hat.
In dem Saale des Oberhauſes waren in der Mitte
die Pairs verſammelt, ihre rothen Mäntel nur nach-
läſſig über die gewöhnliche Morgenkleidung geworfen.
An der vorderſten Wand ſtand der Thron des Kö-
nigs, auf Gradins links ſaßen viele Damen im
Schmuck, rechts das diplomatiſche Corps und die
Fremden, dem Throne gegenüber ſah man eine Bar-
riere und hinter dieſer die Mitglieder des Unterhau-
ſes in der bürgerlichen Kleidung unſrer Tage. Das
Haus auſſerhalb und die Treppen waren mit Die-
nern und Herolden im Coſtüme des vierzehnten Jahr-
hunderts bedeckt.
Um 2 Uhr verkündeten Kanonenſalven den Anzug
des Königs im großen Staate. Viele prachtvolle
Wagen und Pferde bildeten den Zug, von dem ich
ſchon eine Abbildung in mein Erinnerungsbuch auf-
genommen *) und zum Contraſt einen Triumphzug
*) Mein Freund fuͤhrte eine eigenthuͤmliche Idee aus, die ſei-
nen Hinterlaſſenen noch jetzt ein wehmuͤthiges Vergnuͤgen
gewaͤhrt. Er hatte naͤmlich viele große Foliobaͤnde mit
Zeichnungen, Kupfern, Autographieen, mitunter auch klei-
nen Broſchuͤren angefuͤllt, aber nicht wie gewoͤhnlich Alles
durcheinander, ſondern nur dasjenige, was er ſelbſt erlebt
und geſehen, in derſelben Ordnung, wie er es geſehen,
darin aufgenommen, und jede Abbildung mit einer Note
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |