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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Polly; er ermannt sich indeß bald wieder, und macht
sogar verschiedene Bonmots über den hübschen Gal-
gen, den er mit einem Baume vergleicht, den man
wahrscheinlich zum bessern Prospekt für ihn hierher
gepflanzt habe. "Wie schön wird er erst werden,"
ruft er aus, "wenn er Blätter und Früchte be-
kömmt!" Einige Männer bringen jetzt einen Sarg,
den sie an den Fuß des Galgens hinstellen.

"Nun, was soll das vorstellen?" frägt Punch ...
"aha, das ist ohne Zweifel der Korb, um die Früchte
hineinzuthun."

Ketsch kehrt während dem zurück, und indem er
Punch grüßt und die Thür aufschließt, sagt er höflich
es sey nun Alles bereit, Punch könne kommen, wenn
es ihm beliebe. Man kann denken, daß dieser nicht
sehr empressirt ist, der Einladung zu folgen. Nach
mehreren Hin- und Herreden ruft Ketsch endlich un-
geduldig: "Es hilft nun weiter nichts, Ihr müßt
heraus und gehangen werden."

P. O, Ihr werdet doch nicht so grausam seyn?

K. Warum wart Ihr so grausam, Weib und Kind
umzubringen?

P. Aber ist das ein Grund, daß Ihr auch grau-
sam seyn, und mich auch umbringen müßt? *)

*) Welches vortreffliche Argument gegen die Todesstrafe!

Polly; er ermannt ſich indeß bald wieder, und macht
ſogar verſchiedene Bonmots über den hübſchen Gal-
gen, den er mit einem Baume vergleicht, den man
wahrſcheinlich zum beſſern Proſpekt für ihn hierher
gepflanzt habe. „Wie ſchön wird er erſt werden,“
ruft er aus, „wenn er Blätter und Früchte be-
kömmt!“ Einige Männer bringen jetzt einen Sarg,
den ſie an den Fuß des Galgens hinſtellen.

„Nun, was ſoll das vorſtellen?“ frägt Punch …
„aha, das iſt ohne Zweifel der Korb, um die Früchte
hineinzuthun.“

Ketſch kehrt während dem zurück, und indem er
Punch grüßt und die Thür aufſchließt, ſagt er höflich
es ſey nun Alles bereit, Punch könne kommen, wenn
es ihm beliebe. Man kann denken, daß dieſer nicht
ſehr empreſſirt iſt, der Einladung zu folgen. Nach
mehreren Hin- und Herreden ruft Ketſch endlich un-
geduldig: „Es hilft nun weiter nichts, Ihr müßt
heraus und gehangen werden.“

P. O, Ihr werdet doch nicht ſo grauſam ſeyn?

K. Warum wart Ihr ſo grauſam, Weib und Kind
umzubringen?

P. Aber iſt das ein Grund, daß Ihr auch grau-
ſam ſeyn, und mich auch umbringen müßt? *)

*) Welches vortreffliche Argument gegen die Todesſtrafe!
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[150/0194] Polly; er ermannt ſich indeß bald wieder, und macht ſogar verſchiedene Bonmots über den hübſchen Gal- gen, den er mit einem Baume vergleicht, den man wahrſcheinlich zum beſſern Proſpekt für ihn hierher gepflanzt habe. „Wie ſchön wird er erſt werden,“ ruft er aus, „wenn er Blätter und Früchte be- kömmt!“ Einige Männer bringen jetzt einen Sarg, den ſie an den Fuß des Galgens hinſtellen. „Nun, was ſoll das vorſtellen?“ frägt Punch … „aha, das iſt ohne Zweifel der Korb, um die Früchte hineinzuthun.“ Ketſch kehrt während dem zurück, und indem er Punch grüßt und die Thür aufſchließt, ſagt er höflich es ſey nun Alles bereit, Punch könne kommen, wenn es ihm beliebe. Man kann denken, daß dieſer nicht ſehr empreſſirt iſt, der Einladung zu folgen. Nach mehreren Hin- und Herreden ruft Ketſch endlich un- geduldig: „Es hilft nun weiter nichts, Ihr müßt heraus und gehangen werden.“ P. O, Ihr werdet doch nicht ſo grauſam ſeyn? K. Warum wart Ihr ſo grauſam, Weib und Kind umzubringen? P. Aber iſt das ein Grund, daß Ihr auch grau- ſam ſeyn, und mich auch umbringen müßt? *) *) Welches vortreffliche Argument gegen die Todesſtrafe!

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/194>, abgerufen am 24.11.2024.