oft an Grobheit streifender Uebermuth und die hohe Meinung von sich selbst noch nicht so übel an, bei den Weibern aber wird es eben so widrig, als bei andern Engländerinnen das vergebliche Bemühen, continen- tale Grazie und Leichtigkeit zu affektiren.
Ich lobte vorher die Zweckmäßigkeit der hiesigen Einrichtungen, und will Dir zum Beleg die Organi- sation des Spielsaals im Traveller-Club beschreiben. Es ist dieser Verein kein eigentlicher Spiel-Club, sondern wie sein Name schon anzeigt, ein speziell für Reisende bestimmter, daher auch nur Solche wirkliche Mit- glieder desselben seyn können, die eine gewisse bedeu- tende Anzahl von Meilen auf dem Continent gereist, oder vielmehr umhergefahren sind, doch findet man eben nicht, daß sie deßhalb weniger englisch gewor- den wären, was ich auch nicht tadeln will. Also, obgleich kein Spiel-Club, wird doch bei den Travel- lers sehr hoch Short Whist und Ecarte, aber kein Hazard gespielt.
In unsern Casinos, Resourcen u. s. w. muß sich der Spiellustige immer erst mühsam eine Parthie aus- suchen, und sind die Spieltische besetzt, vielleicht Stunden lang warten, ehe einer leer wird. Hier ist es Gesetz, daß Jeder, der kömmt, sobald an irgend einem Tische ein Rubber beendigt ist, sogleich in diese Parthie eintreten darf, und dann der, welcher bereits zwei Rubber nach einander gespielt, austreten muß. Dies hat auch das Angenehme, daß, wenn man an dem einen Tisch verloren hat, und glaubt, das Glück
oft an Grobheit ſtreifender Uebermuth und die hohe Meinung von ſich ſelbſt noch nicht ſo übel an, bei den Weibern aber wird es eben ſo widrig, als bei andern Engländerinnen das vergebliche Bemühen, continen- tale Grazie und Leichtigkeit zu affektiren.
Ich lobte vorher die Zweckmäßigkeit der hieſigen Einrichtungen, und will Dir zum Beleg die Organi- ſation des Spielſaals im Traveller-Club beſchreiben. Es iſt dieſer Verein kein eigentlicher Spiel-Club, ſondern wie ſein Name ſchon anzeigt, ein ſpeziell für Reiſende beſtimmter, daher auch nur Solche wirkliche Mit- glieder deſſelben ſeyn können, die eine gewiſſe bedeu- tende Anzahl von Meilen auf dem Continent gereist, oder vielmehr umhergefahren ſind, doch findet man eben nicht, daß ſie deßhalb weniger engliſch gewor- den wären, was ich auch nicht tadeln will. Alſo, obgleich kein Spiel-Club, wird doch bei den Travel- lers ſehr hoch Short Whist und Ecarté, aber kein Hazard geſpielt.
In unſern Caſinos, Reſourcen u. ſ. w. muß ſich der Spielluſtige immer erſt mühſam eine Parthie aus- ſuchen, und ſind die Spieltiſche beſetzt, vielleicht Stunden lang warten, ehe einer leer wird. Hier iſt es Geſetz, daß Jeder, der kömmt, ſobald an irgend einem Tiſche ein Rubber beendigt iſt, ſogleich in dieſe Parthie eintreten darf, und dann der, welcher bereits zwei Rubber nach einander geſpielt, austreten muß. Dies hat auch das Angenehme, daß, wenn man an dem einen Tiſch verloren hat, und glaubt, das Glück
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0154"n="114"/>
oft an Grobheit ſtreifender Uebermuth und die hohe<lb/>
Meinung von ſich ſelbſt noch nicht ſo übel an, bei den<lb/>
Weibern aber wird es eben ſo widrig, als bei andern<lb/>
Engländerinnen das vergebliche Bemühen, continen-<lb/>
tale Grazie und Leichtigkeit zu affektiren.</p><lb/><p>Ich lobte vorher die Zweckmäßigkeit der hieſigen<lb/>
Einrichtungen, und will Dir zum Beleg die Organi-<lb/>ſation des Spielſaals im Traveller-Club beſchreiben. Es<lb/>
iſt dieſer Verein kein eigentlicher Spiel-Club, ſondern<lb/>
wie ſein Name ſchon anzeigt, ein ſpeziell für Reiſende<lb/>
beſtimmter, daher auch nur Solche <hirendition="#g">wirkliche</hi> Mit-<lb/>
glieder deſſelben ſeyn können, die eine gewiſſe bedeu-<lb/>
tende Anzahl von Meilen auf dem Continent gereist,<lb/>
oder vielmehr umhergefahren ſind, doch findet man<lb/>
eben nicht, daß ſie deßhalb weniger engliſch gewor-<lb/>
den wären, was ich auch nicht tadeln will. Alſo,<lb/>
obgleich kein Spiel-Club, wird doch bei den Travel-<lb/>
lers ſehr hoch Short Whist und Ecart<hirendition="#aq">é</hi>, aber kein<lb/>
Hazard geſpielt.</p><lb/><p>In unſern Caſinos, Reſourcen u. ſ. w. muß ſich<lb/>
der Spielluſtige immer erſt mühſam eine Parthie aus-<lb/>ſuchen, und ſind die Spieltiſche beſetzt, vielleicht<lb/>
Stunden lang warten, ehe einer leer wird. Hier iſt<lb/>
es Geſetz, daß Jeder, der kömmt, ſobald an irgend<lb/>
einem Tiſche ein Rubber beendigt iſt, ſogleich in dieſe<lb/>
Parthie eintreten darf, und dann der, welcher bereits<lb/>
zwei Rubber nach einander geſpielt, austreten muß.<lb/>
Dies hat auch das Angenehme, daß, wenn man an<lb/>
dem einen Tiſch verloren hat, und glaubt, das Glück<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0154]
oft an Grobheit ſtreifender Uebermuth und die hohe
Meinung von ſich ſelbſt noch nicht ſo übel an, bei den
Weibern aber wird es eben ſo widrig, als bei andern
Engländerinnen das vergebliche Bemühen, continen-
tale Grazie und Leichtigkeit zu affektiren.
Ich lobte vorher die Zweckmäßigkeit der hieſigen
Einrichtungen, und will Dir zum Beleg die Organi-
ſation des Spielſaals im Traveller-Club beſchreiben. Es
iſt dieſer Verein kein eigentlicher Spiel-Club, ſondern
wie ſein Name ſchon anzeigt, ein ſpeziell für Reiſende
beſtimmter, daher auch nur Solche wirkliche Mit-
glieder deſſelben ſeyn können, die eine gewiſſe bedeu-
tende Anzahl von Meilen auf dem Continent gereist,
oder vielmehr umhergefahren ſind, doch findet man
eben nicht, daß ſie deßhalb weniger engliſch gewor-
den wären, was ich auch nicht tadeln will. Alſo,
obgleich kein Spiel-Club, wird doch bei den Travel-
lers ſehr hoch Short Whist und Ecarté, aber kein
Hazard geſpielt.
In unſern Caſinos, Reſourcen u. ſ. w. muß ſich
der Spielluſtige immer erſt mühſam eine Parthie aus-
ſuchen, und ſind die Spieltiſche beſetzt, vielleicht
Stunden lang warten, ehe einer leer wird. Hier iſt
es Geſetz, daß Jeder, der kömmt, ſobald an irgend
einem Tiſche ein Rubber beendigt iſt, ſogleich in dieſe
Parthie eintreten darf, und dann der, welcher bereits
zwei Rubber nach einander geſpielt, austreten muß.
Dies hat auch das Angenehme, daß, wenn man an
dem einen Tiſch verloren hat, und glaubt, das Glück
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/154>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.