werden. Dagegen ist man sehr ängstlich um die Beobachtung des Ranges besorgt, wobei man den der Fremden freilich sehr wenig versteht. Ich ver- wünschte heute den meinigen, der mich neben die Wirthin brachte, während mein Freund sich wohl- weislich zwischen die schönen Schwestern eingeschoben hatte. Auf französische Art findet man schon beim Eintritt den ganzen ersten Gang der Mahlzeit, die Releves ausgenommen, zugleich auf den Tisch ge- setzt, und sobald die Glocken abgehoben sind, legt auch, wie dort, nach der Suppe jeder von der Schüs- sel vor, die sich vor ihm befindet, und bietet seinem Nachbar davon an *), während er selbst, wenn er et- was anderes zu haben wünscht, über den Tisch darum bitten, oder einen Bedienten darnach schicken muß, im Grunde eine lästige Mode, weßhalb auch einige der elegantesten Gereisten jetzt die bequemere deutsche Sitte des Herumgebens der Schüsseln durch die Die- nerschaft angenommen haben.
Es ist nicht üblich, bei Tisch Wein zu trinken, ohne sein Glas mit einer andern Person zugleich zu leeren, wozu man das Glas aufhebt, sich starr an- sieht, mit dem Kopfe zunickt, und es dann erst gra- vitätisch austrinkt. Gewiß mancher uns sehr auf- fallende Gebrauch der Südseeinsulaner mag weniger
*) Zur englischen guten Erziehung gehört daher auch die Tran- chirkunst, welche in Deutschland zu sehr vernachlässigt wird.
werden. Dagegen iſt man ſehr ängſtlich um die Beobachtung des Ranges beſorgt, wobei man den der Fremden freilich ſehr wenig verſteht. Ich ver- wünſchte heute den meinigen, der mich neben die Wirthin brachte, während mein Freund ſich wohl- weislich zwiſchen die ſchönen Schweſtern eingeſchoben hatte. Auf franzöſiſche Art findet man ſchon beim Eintritt den ganzen erſten Gang der Mahlzeit, die Relevés ausgenommen, zugleich auf den Tiſch ge- ſetzt, und ſobald die Glocken abgehoben ſind, legt auch, wie dort, nach der Suppe jeder von der Schüſ- ſel vor, die ſich vor ihm befindet, und bietet ſeinem Nachbar davon an *), während er ſelbſt, wenn er et- was anderes zu haben wünſcht, über den Tiſch darum bitten, oder einen Bedienten darnach ſchicken muß, im Grunde eine läſtige Mode, weßhalb auch einige der eleganteſten Gereisten jetzt die bequemere deutſche Sitte des Herumgebens der Schüſſeln durch die Die- nerſchaft angenommen haben.
Es iſt nicht üblich, bei Tiſch Wein zu trinken, ohne ſein Glas mit einer andern Perſon zugleich zu leeren, wozu man das Glas aufhebt, ſich ſtarr an- ſieht, mit dem Kopfe zunickt, und es dann erſt gra- vitätiſch austrinkt. Gewiß mancher uns ſehr auf- fallende Gebrauch der Südſeeinſulaner mag weniger
*) Zur engliſchen guten Erziehung gehoͤrt daher auch die Tran- chirkunſt, welche in Deutſchland zu ſehr vernachlaͤſſigt wird.
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werden. Dagegen iſt man ſehr ängſtlich um die
Beobachtung des Ranges beſorgt, wobei man den
der Fremden freilich ſehr wenig verſteht. Ich ver-
wünſchte heute den meinigen, der mich neben die
Wirthin brachte, während mein Freund ſich wohl-
weislich zwiſchen die ſchönen Schweſtern eingeſchoben
hatte. Auf franzöſiſche Art findet man ſchon beim
Eintritt den ganzen erſten Gang der Mahlzeit, die
Relevés ausgenommen, zugleich auf den Tiſch ge-
ſetzt, und ſobald die Glocken abgehoben ſind, legt
auch, wie dort, nach der Suppe jeder von der Schüſ-
ſel vor, die ſich vor ihm befindet, und bietet ſeinem
Nachbar davon an *), während er ſelbſt, wenn er et-
was anderes zu haben wünſcht, über den Tiſch darum
bitten, oder einen Bedienten darnach ſchicken muß,
im Grunde eine läſtige Mode, weßhalb auch einige
der eleganteſten Gereisten jetzt die bequemere deutſche
Sitte des Herumgebens der Schüſſeln durch die Die-
nerſchaft angenommen haben.
Es iſt nicht üblich, bei Tiſch Wein zu trinken,
ohne ſein Glas mit einer andern Perſon zugleich zu
leeren, wozu man das Glas aufhebt, ſich ſtarr an-
ſieht, mit dem Kopfe zunickt, und es dann erſt gra-
vitätiſch austrinkt. Gewiß mancher uns ſehr auf-
fallende Gebrauch der Südſeeinſulaner mag weniger
*) Zur engliſchen guten Erziehung gehoͤrt daher auch die Tran-
chirkunſt, welche in Deutſchland zu ſehr vernachlaͤſſigt
wird.
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/126>, abgerufen am 22.11.2024.
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