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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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losgerissen, und den Arzt zur Thüre hinausgeworfen
hat. -- ob er aber dennoch in der Folge die Cur nicht
auf diese oder jene Art von neuem und freiwillig wird
wieder anfangen müssen, ist eine andere Frage. Eng-
land hat uns in der Civilisation vorgeleuchtet, und
ist dadurch größer und mächtiger als Alle geworden,
aber grade deshalb trägt es auch, nach den unwan-
delbaren Gesetzen der Natur, die hier Vollkommen-
heit des Einzelnen nicht gestattet, wieder den Keim
früheren Verwelkens in sich. Unverträgliche alte und
neue Elemente von gleicher Gewalt, die sich in ihm
bekämpfen, müssen es über kurz oder lang von dem
Gipfel herabziehen, auf dem es jetzt noch glänzt. Es
wird dann, im Laufe der Civilisation, Andern zum
Schemel dienen, (ja vielleicht geschah es schon) die
nächste Stufe zu erklimmen, nachdem es lange selbst
auf der höchsten wohnte, denn alles Irdische hat seine
zugemessene Zeit. Ist der Culminationspunkt ein-
mal erreicht, so geht ohnfehlbar die Rückkehr an --
und fast scheint es, als sey die Epoche von Waterlow
und der Sturz Napoleons ein solcher für England
gewesen.

Sonderbar bleibt es immer, daß von jenen Inseln
her die mächtigste Quelle der Freiheit und Aufklä-
rung uns zuströmte, und wir dennoch fremde Des-
potie grade dort zuletzt werden bekämpfen müssen.
Diese scheinbare Undankbarkeit herrscht aber fast
überall in der Geschichte. Einiges Nachdenken er-
klärt und rechtfertigt sie.



5*

losgeriſſen, und den Arzt zur Thüre hinausgeworfen
hat. — ob er aber dennoch in der Folge die Cur nicht
auf dieſe oder jene Art von neuem und freiwillig wird
wieder anfangen müſſen, iſt eine andere Frage. Eng-
land hat uns in der Civiliſation vorgeleuchtet, und
iſt dadurch größer und mächtiger als Alle geworden,
aber grade deshalb trägt es auch, nach den unwan-
delbaren Geſetzen der Natur, die hier Vollkommen-
heit des Einzelnen nicht geſtattet, wieder den Keim
früheren Verwelkens in ſich. Unverträgliche alte und
neue Elemente von gleicher Gewalt, die ſich in ihm
bekämpfen, müſſen es über kurz oder lang von dem
Gipfel herabziehen, auf dem es jetzt noch glänzt. Es
wird dann, im Laufe der Civiliſation, Andern zum
Schemel dienen, (ja vielleicht geſchah es ſchon) die
nächſte Stufe zu erklimmen, nachdem es lange ſelbſt
auf der höchſten wohnte, denn alles Irdiſche hat ſeine
zugemeſſene Zeit. Iſt der Culminationspunkt ein-
mal erreicht, ſo geht ohnfehlbar die Rückkehr an —
und faſt ſcheint es, als ſey die Epoche von Waterlow
und der Sturz Napoleons ein ſolcher für England
geweſen.

Sonderbar bleibt es immer, daß von jenen Inſeln
her die mächtigſte Quelle der Freiheit und Aufklä-
rung uns zuſtrömte, und wir dennoch fremde Des-
potie grade dort zuletzt werden bekämpfen müſſen.
Dieſe ſcheinbare Undankbarkeit herrſcht aber faſt
überall in der Geſchichte. Einiges Nachdenken er-
klärt und rechtfertigt ſie.



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[67/0089] losgeriſſen, und den Arzt zur Thüre hinausgeworfen hat. — ob er aber dennoch in der Folge die Cur nicht auf dieſe oder jene Art von neuem und freiwillig wird wieder anfangen müſſen, iſt eine andere Frage. Eng- land hat uns in der Civiliſation vorgeleuchtet, und iſt dadurch größer und mächtiger als Alle geworden, aber grade deshalb trägt es auch, nach den unwan- delbaren Geſetzen der Natur, die hier Vollkommen- heit des Einzelnen nicht geſtattet, wieder den Keim früheren Verwelkens in ſich. Unverträgliche alte und neue Elemente von gleicher Gewalt, die ſich in ihm bekämpfen, müſſen es über kurz oder lang von dem Gipfel herabziehen, auf dem es jetzt noch glänzt. Es wird dann, im Laufe der Civiliſation, Andern zum Schemel dienen, (ja vielleicht geſchah es ſchon) die nächſte Stufe zu erklimmen, nachdem es lange ſelbſt auf der höchſten wohnte, denn alles Irdiſche hat ſeine zugemeſſene Zeit. Iſt der Culminationspunkt ein- mal erreicht, ſo geht ohnfehlbar die Rückkehr an — und faſt ſcheint es, als ſey die Epoche von Waterlow und der Sturz Napoleons ein ſolcher für England geweſen. Sonderbar bleibt es immer, daß von jenen Inſeln her die mächtigſte Quelle der Freiheit und Aufklä- rung uns zuſtrömte, und wir dennoch fremde Des- potie grade dort zuletzt werden bekämpfen müſſen. Dieſe ſcheinbare Undankbarkeit herrſcht aber faſt überall in der Geſchichte. Einiges Nachdenken er- klärt und rechtfertigt ſie. 5*

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/89>, abgerufen am 25.11.2024.