diese ganz neuen Tänzer tanzend empfangen, unter denen sich Maurice, fortwährend blasend, und nichts von allem gewahrend, schadenfroh mit herumdrehte. Doch, da theilen sich nochmals die Fluthen, und her- vorschwebt, in wollüstig reizendem Tanz, die schönste der Meerjungfrauen. -- Frisch wie der junge Morgen war ihr Antlitz, ihr langes Haar strömte herab über den schneeweißen Busen, gleich durchsichtigen Wellen, röther blühten die Lippen als des Oceans feurigste Corallen, blendender glänzten die Zähne als seine kostbarsten Perlen. Ihr silbernes Gewand aber schien gewebt aus dem Schaume der Wogen, mit unbe- kannten Seeblumen geschmückt, reicher schimmernd in brennenden Farben als Indiens funkelndster Edel- stein.
Man sah ihr an, daß Damen, unter wie über dem Wasser, viel Sorge auf ihre Toilette verwenden, be- sonders wenn sie eine Eroberung beabsichtigen. Der Aussage der Augenzeugen nach, hatte man nie einen verführerischeren, coquetterern Anzug gesehen, als den ihrigen, der so gut Schönes zu enthüllen, und noch viel besser errathen zu lassen wußte. Nur der arme Maurice sah von alle dem nichts, und doch war er es, auf den allein die Seekönigin es abgesehen hatte, denn wenige Augenblicke nur waren vergangen, als in der Verwirrung des Tanzes, ihre Arme ihn sanft umfingen, und eine melodische Stimme in süßen Tönen ihm zurief:
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dieſe ganz neuen Tänzer tanzend empfangen, unter denen ſich Maurice, fortwährend blaſend, und nichts von allem gewahrend, ſchadenfroh mit herumdrehte. Doch, da theilen ſich nochmals die Fluthen, und her- vorſchwebt, in wollüſtig reizendem Tanz, die ſchönſte der Meerjungfrauen. — Friſch wie der junge Morgen war ihr Antlitz, ihr langes Haar ſtrömte herab über den ſchneeweißen Buſen, gleich durchſichtigen Wellen, röther blühten die Lippen als des Oceans feurigſte Corallen, blendender glänzten die Zähne als ſeine koſtbarſten Perlen. Ihr ſilbernes Gewand aber ſchien gewebt aus dem Schaume der Wogen, mit unbe- kannten Seeblumen geſchmückt, reicher ſchimmernd in brennenden Farben als Indiens funkelndſter Edel- ſtein.
Man ſah ihr an, daß Damen, unter wie über dem Waſſer, viel Sorge auf ihre Toilette verwenden, be- ſonders wenn ſie eine Eroberung beabſichtigen. Der Ausſage der Augenzeugen nach, hatte man nie einen verführeriſcheren, coquetterern Anzug geſehen, als den ihrigen, der ſo gut Schönes zu enthüllen, und noch viel beſſer errathen zu laſſen wußte. Nur der arme Maurice ſah von alle dem nichts, und doch war er es, auf den allein die Seekönigin es abgeſehen hatte, denn wenige Augenblicke nur waren vergangen, als in der Verwirrung des Tanzes, ihre Arme ihn ſanft umfingen, und eine melodiſche Stimme in ſüßen Tönen ihm zurief:
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[51/0073]
dieſe ganz neuen Tänzer tanzend empfangen, unter
denen ſich Maurice, fortwährend blaſend, und nichts
von allem gewahrend, ſchadenfroh mit herumdrehte.
Doch, da theilen ſich nochmals die Fluthen, und her-
vorſchwebt, in wollüſtig reizendem Tanz, die ſchönſte
der Meerjungfrauen. — Friſch wie der junge Morgen
war ihr Antlitz, ihr langes Haar ſtrömte herab über
den ſchneeweißen Buſen, gleich durchſichtigen Wellen,
röther blühten die Lippen als des Oceans feurigſte
Corallen, blendender glänzten die Zähne als ſeine
koſtbarſten Perlen. Ihr ſilbernes Gewand aber ſchien
gewebt aus dem Schaume der Wogen, mit unbe-
kannten Seeblumen geſchmückt, reicher ſchimmernd in
brennenden Farben als Indiens funkelndſter Edel-
ſtein.
Man ſah ihr an, daß Damen, unter wie über dem
Waſſer, viel Sorge auf ihre Toilette verwenden, be-
ſonders wenn ſie eine Eroberung beabſichtigen. Der
Ausſage der Augenzeugen nach, hatte man nie einen
verführeriſcheren, coquetterern Anzug geſehen, als den
ihrigen, der ſo gut Schönes zu enthüllen, und noch
viel beſſer errathen zu laſſen wußte. Nur der arme
Maurice ſah von alle dem nichts, und doch war er
es, auf den allein die Seekönigin es abgeſehen hatte,
denn wenige Augenblicke nur waren vergangen, als in
der Verwirrung des Tanzes, ihre Arme ihn ſanft
umfingen, und eine melodiſche Stimme in ſüßen
Tönen ihm zurief:
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/73>, abgerufen am 22.11.2024.
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