belagert. Friedrich wird zum letztenmal verhört, und des Mordes als überwiesen erklärt, worauf ihn die Richter, unter dem Vorsitz von Vathek's Onkel ein- stimmig zum Tode verurtheilen. Der gegenwärtige Graf Assefeldt kann, obgleich tief betrübt, den Lauf des Gesetzes nicht aufhalten. Das empörte Volk sprengt zwar die Pforten, um Friedrich zu befreien, der Graf bezähmt aber die Meuterer durch eine wür- devolle Anrede, bei deren Schluß er ihnen sagt: daß das Gesetz über ihnen Allen stehen müsse, daß aber dennoch jede Hoffnung noch nicht verloren sey, da der General-Statthalter das Recht der Begnadigung üben könne, zu welchem er daher auch bereits, von dem Ausgang des Spruches unterrichtet, den Baron Steevens nach dem Haag abgeschickt habe. Vandryk's Feind benutzt jedoch den Aufruhr, um die Beschleu- nigung der Hinrichtung anzuordnen, und setzt den Vorstellungen des Grafen keck seine Pflicht als Ma- gistrat entgegen, die er zu verantworten wissen werde. Hier tritt Vandryk, oder vielmehr Polder ein, und bittet den Grafen fußfällig um Gnade für den Unglücklichen und der Aussage seiner Tochter nach, eben so unschuldigen Baron. Dieser beklagt jedoch, daß das Zeugniß seiner Tochter unter den obwaltenden Umständen keine Gültigkeit gegen die deutliche Anklage des Sterbenden haben könne, Friedrich jedenfalls, es sey nun auf welche Art es wolle, Vathek's Tod verschulde, und seine, des Gra- fen, Autorität nicht so weit gehe, den Lauf der Ge- setze hemmen zu können. Alles hänge jetzt nur von
belagert. Friedrich wird zum letztenmal verhört, und des Mordes als überwieſen erklärt, worauf ihn die Richter, unter dem Vorſitz von Vathek’s Onkel ein- ſtimmig zum Tode verurtheilen. Der gegenwärtige Graf Aſſefeldt kann, obgleich tief betrübt, den Lauf des Geſetzes nicht aufhalten. Das empörte Volk ſprengt zwar die Pforten, um Friedrich zu befreien, der Graf bezähmt aber die Meuterer durch eine wür- devolle Anrede, bei deren Schluß er ihnen ſagt: daß das Geſetz über ihnen Allen ſtehen müſſe, daß aber dennoch jede Hoffnung noch nicht verloren ſey, da der General-Statthalter das Recht der Begnadigung üben könne, zu welchem er daher auch bereits, von dem Ausgang des Spruches unterrichtet, den Baron Steevens nach dem Haag abgeſchickt habe. Vandryk’s Feind benutzt jedoch den Aufruhr, um die Beſchleu- nigung der Hinrichtung anzuordnen, und ſetzt den Vorſtellungen des Grafen keck ſeine Pflicht als Ma- giſtrat entgegen, die er zu verantworten wiſſen werde. Hier tritt Vandryk, oder vielmehr Polder ein, und bittet den Grafen fußfällig um Gnade für den Unglücklichen und der Ausſage ſeiner Tochter nach, eben ſo unſchuldigen Baron. Dieſer beklagt jedoch, daß das Zeugniß ſeiner Tochter unter den obwaltenden Umſtänden keine Gültigkeit gegen die deutliche Anklage des Sterbenden haben könne, Friedrich jedenfalls, es ſey nun auf welche Art es wolle, Vathek’s Tod verſchulde, und ſeine, des Gra- fen, Autorität nicht ſo weit gehe, den Lauf der Ge- ſetze hemmen zu können. Alles hänge jetzt nur von
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belagert. Friedrich wird zum letztenmal verhört, und
des Mordes als überwieſen erklärt, worauf ihn die
Richter, unter dem Vorſitz von Vathek’s Onkel ein-
ſtimmig zum Tode verurtheilen. Der gegenwärtige
Graf Aſſefeldt kann, obgleich tief betrübt, den Lauf
des Geſetzes nicht aufhalten. Das empörte Volk
ſprengt zwar die Pforten, um Friedrich zu befreien,
der Graf bezähmt aber die Meuterer durch eine wür-
devolle Anrede, bei deren Schluß er ihnen ſagt: daß
das Geſetz über ihnen Allen ſtehen müſſe, daß aber
dennoch jede Hoffnung noch nicht verloren ſey, da der
General-Statthalter das Recht der Begnadigung
üben könne, zu welchem er daher auch bereits, von
dem Ausgang des Spruches unterrichtet, den Baron
Steevens nach dem Haag abgeſchickt habe. Vandryk’s
Feind benutzt jedoch den Aufruhr, um die Beſchleu-
nigung der Hinrichtung anzuordnen, und ſetzt den
Vorſtellungen des Grafen keck ſeine Pflicht als Ma-
giſtrat entgegen, die er zu verantworten wiſſen
werde. Hier tritt Vandryk, oder vielmehr Polder
ein, und bittet den Grafen fußfällig um Gnade für
den Unglücklichen und der Ausſage ſeiner Tochter
nach, eben ſo unſchuldigen Baron. Dieſer beklagt
jedoch, daß das Zeugniß ſeiner Tochter unter den
obwaltenden Umſtänden keine Gültigkeit gegen die
deutliche Anklage des Sterbenden haben könne,
Friedrich jedenfalls, es ſey nun auf welche Art es
wolle, Vathek’s Tod verſchulde, und ſeine, des Gra-
fen, Autorität nicht ſo weit gehe, den Lauf der Ge-
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/394>, abgerufen am 22.11.2024.
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