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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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holländischen Garten mit Buchsbaum-Figuren und
Blumenbeeten, wo Maria in Reisekleidern ängstlich
ihres Bräutigams harrt. Friedrich tritt ein, und
nachdem sie unter vielen Thränen und geheimnißvol-
len Worten auf ewig von ihm Abschied genommen,
sagt sie, der Hauptzweck ihres Besuchs sey, ihn vor
Vathek zu warnen, der seinen Tod geschworen.
Friedrich glaubt jetzt, Vathek sey die Ursache ihrer
Trennung, und vielleicht nicht ganz unbegünstigt von
der Familie. Er überhäuft die unglückselige Maria
noch mit Vorwürfen, und sein Zorn erreicht den
höchsten Gipfel, als jetzt Vathek selbst hinter einer
Hecke hervortritt, und den Degen ziehend ihm spöt-
tisch zuruft: Gieb Maria auf, oder streite um sie
wie ein Ritter! Maria und ihre Amme schreien um
Hülfe, währendn die Jünglinge auf Tod und Leben
kämpfen. Der Baron und Graf Assefeldt in
Nachtkleidung, eilen mit einigen Dienern und Fa-
ckeln herbei, kommen aber nur in dem Augenblick
an, als Vathek, tödtlich getroffen, niedersinkt. Sich
und seinen Mörder verfluchend, erklärt er noch im
Sterben, daß er von Friedrich meuchlings überfal-
len worden sey, aber, schließt er: Vandryk wird mich
an meinem Mörder rächen -- Vandryk Polder, der
Henker von Amsterdam! Friedrich und der Baron
schaudern entsetzt zurück, Maria liegt ohnmächtig in
den Armen ihrer Amme, und Vathek stirbt. Hier
fällt der Vorhang zum zweitenmale.

Einige Tage scheinen vergangen. Die Scene zeigt
uns einen Gerichtssaal, dessen Thüren das Volk

holländiſchen Garten mit Buchsbaum-Figuren und
Blumenbeeten, wo Maria in Reiſekleidern ängſtlich
ihres Bräutigams harrt. Friedrich tritt ein, und
nachdem ſie unter vielen Thränen und geheimnißvol-
len Worten auf ewig von ihm Abſchied genommen,
ſagt ſie, der Hauptzweck ihres Beſuchs ſey, ihn vor
Vathek zu warnen, der ſeinen Tod geſchworen.
Friedrich glaubt jetzt, Vathek ſey die Urſache ihrer
Trennung, und vielleicht nicht ganz unbegünſtigt von
der Familie. Er überhäuft die unglückſelige Maria
noch mit Vorwürfen, und ſein Zorn erreicht den
höchſten Gipfel, als jetzt Vathek ſelbſt hinter einer
Hecke hervortritt, und den Degen ziehend ihm ſpöt-
tiſch zuruft: Gieb Maria auf, oder ſtreite um ſie
wie ein Ritter! Maria und ihre Amme ſchreien um
Hülfe, währendn die Jünglinge auf Tod und Leben
kämpfen. Der Baron und Graf Aſſefeldt in
Nachtkleidung, eilen mit einigen Dienern und Fa-
ckeln herbei, kommen aber nur in dem Augenblick
an, als Vathek, tödtlich getroffen, niederſinkt. Sich
und ſeinen Mörder verfluchend, erklärt er noch im
Sterben, daß er von Friedrich meuchlings überfal-
len worden ſey, aber, ſchließt er: Vandryk wird mich
an meinem Mörder rächen — Vandryk Polder, der
Henker von Amſterdam! Friedrich und der Baron
ſchaudern entſetzt zurück, Maria liegt ohnmächtig in
den Armen ihrer Amme, und Vathek ſtirbt. Hier
fällt der Vorhang zum zweitenmale.

Einige Tage ſcheinen vergangen. Die Scene zeigt
uns einen Gerichtsſaal, deſſen Thüren das Volk

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[371/0393] holländiſchen Garten mit Buchsbaum-Figuren und Blumenbeeten, wo Maria in Reiſekleidern ängſtlich ihres Bräutigams harrt. Friedrich tritt ein, und nachdem ſie unter vielen Thränen und geheimnißvol- len Worten auf ewig von ihm Abſchied genommen, ſagt ſie, der Hauptzweck ihres Beſuchs ſey, ihn vor Vathek zu warnen, der ſeinen Tod geſchworen. Friedrich glaubt jetzt, Vathek ſey die Urſache ihrer Trennung, und vielleicht nicht ganz unbegünſtigt von der Familie. Er überhäuft die unglückſelige Maria noch mit Vorwürfen, und ſein Zorn erreicht den höchſten Gipfel, als jetzt Vathek ſelbſt hinter einer Hecke hervortritt, und den Degen ziehend ihm ſpöt- tiſch zuruft: Gieb Maria auf, oder ſtreite um ſie wie ein Ritter! Maria und ihre Amme ſchreien um Hülfe, währendn die Jünglinge auf Tod und Leben kämpfen. Der Baron und Graf Aſſefeldt in Nachtkleidung, eilen mit einigen Dienern und Fa- ckeln herbei, kommen aber nur in dem Augenblick an, als Vathek, tödtlich getroffen, niederſinkt. Sich und ſeinen Mörder verfluchend, erklärt er noch im Sterben, daß er von Friedrich meuchlings überfal- len worden ſey, aber, ſchließt er: Vandryk wird mich an meinem Mörder rächen — Vandryk Polder, der Henker von Amſterdam! Friedrich und der Baron ſchaudern entſetzt zurück, Maria liegt ohnmächtig in den Armen ihrer Amme, und Vathek ſtirbt. Hier fällt der Vorhang zum zweitenmale. Einige Tage ſcheinen vergangen. Die Scene zeigt uns einen Gerichtsſaal, deſſen Thüren das Volk

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/393>, abgerufen am 22.11.2024.