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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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sten Nachrichten erhalten, von einer liederlichen Le-
bensart zu couriren, statt dem aber, von dessen an-
gestellten Freunden, selbst zu allen möglichen Leicht-
fertigkeiten verführt wird, ward ebenfalls mit aller
der komischen Laune und Gewandtheit dargestellt, die
diese französischen Riens so anmuthig und amüsant
in Paris, so leer und abgeschmackt in der deutschen
Uebersetzung erscheinen lassen. Denn so albern es ei-
gentlich ist, wenn, nachdem Mamsell Minette den al-
ten Martin, gleich im Anfang des Stücks, durch ihre
Coquetterieen dahin gebracht hat, ihr einen Kuß zu
geben, und in dem Augenblick ihr Liebhaber, der
Kellner, mit einem Schweinskopf hereintritt, dieser
sprachlos stehen bleibt, und indem er ruft: N'y-a-t'il
pas de quoi perdre la tete!
die Schüssel mit dem
Schweinskopf langsam aus den Händen gleiten läßt,
so muß man doch sehr stoisch gesinnt seyn, um bei
dem vortrefflich natürlichen Spiel nicht von Herzen
mit zu lachen. Die Folge ist eben so ergötzlich Mar-
tin, voller Schreck, auf einer solchen Avantüre ertappt
worden seyn, tröstet sich am Ende damit, daß man
ihn ja hier nicht kenne, und nimmt, in seinem em-
barras,
des dazu gekommenen Dorval's Einladung
zu einem dejeuner fogleich an, welches auch bald
darauf auf dem Theater statt findet. Im Anfang
bleibt Martin sehr mäßig, die Trüffel und Delikates-
sen tentiren ihn jedoch zuletzt, et puis, il faut abso-
lument les arroser d'un peu de Champagne.
Nach
vielem Nöthigen entschließt er sich endlich, immer
noch moralisirend, ein Glas a la vertau zu trinken.

ſten Nachrichten erhalten, von einer liederlichen Le-
bensart zu couriren, ſtatt dem aber, von deſſen an-
geſtellten Freunden, ſelbſt zu allen möglichen Leicht-
fertigkeiten verführt wird, ward ebenfalls mit aller
der komiſchen Laune und Gewandtheit dargeſtellt, die
dieſe franzöſiſchen Riens ſo anmuthig und amüſant
in Paris, ſo leer und abgeſchmackt in der deutſchen
Ueberſetzung erſcheinen laſſen. Denn ſo albern es ei-
gentlich iſt, wenn, nachdem Mamſell Minette den al-
ten Martin, gleich im Anfang des Stücks, durch ihre
Coquetterieen dahin gebracht hat, ihr einen Kuß zu
geben, und in dem Augenblick ihr Liebhaber, der
Kellner, mit einem Schweinskopf hereintritt, dieſer
ſprachlos ſtehen bleibt, und indem er ruft: N’y-a-t’il
pas de quoi perdre la tête!
die Schüſſel mit dem
Schweinskopf langſam aus den Händen gleiten läßt,
ſo muß man doch ſehr ſtoiſch geſinnt ſeyn, um bei
dem vortrefflich natürlichen Spiel nicht von Herzen
mit zu lachen. Die Folge iſt eben ſo ergötzlich Mar-
tin, voller Schreck, auf einer ſolchen Avantüre ertappt
worden ſeyn, tröſtet ſich am Ende damit, daß man
ihn ja hier nicht kenne, und nimmt, in ſeinem em-
barras,
des dazu gekommenen Dorval’s Einladung
zu einem dejeuner fogleich an, welches auch bald
darauf auf dem Theater ſtatt findet. Im Anfang
bleibt Martin ſehr mäßig, die Trüffel und Delikateſ-
ſen tentiren ihn jedoch zuletzt, et puis, il faut abso-
lument les arroser d’un peu de Champagne.
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vielem Nöthigen entſchließt er ſich endlich, immer
noch moraliſirend, ein Glas à la vertû zu trinken.

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[331/0353] ſten Nachrichten erhalten, von einer liederlichen Le- bensart zu couriren, ſtatt dem aber, von deſſen an- geſtellten Freunden, ſelbſt zu allen möglichen Leicht- fertigkeiten verführt wird, ward ebenfalls mit aller der komiſchen Laune und Gewandtheit dargeſtellt, die dieſe franzöſiſchen Riens ſo anmuthig und amüſant in Paris, ſo leer und abgeſchmackt in der deutſchen Ueberſetzung erſcheinen laſſen. Denn ſo albern es ei- gentlich iſt, wenn, nachdem Mamſell Minette den al- ten Martin, gleich im Anfang des Stücks, durch ihre Coquetterieen dahin gebracht hat, ihr einen Kuß zu geben, und in dem Augenblick ihr Liebhaber, der Kellner, mit einem Schweinskopf hereintritt, dieſer ſprachlos ſtehen bleibt, und indem er ruft: N’y-a-t’il pas de quoi perdre la tête! die Schüſſel mit dem Schweinskopf langſam aus den Händen gleiten läßt, ſo muß man doch ſehr ſtoiſch geſinnt ſeyn, um bei dem vortrefflich natürlichen Spiel nicht von Herzen mit zu lachen. Die Folge iſt eben ſo ergötzlich Mar- tin, voller Schreck, auf einer ſolchen Avantüre ertappt worden ſeyn, tröſtet ſich am Ende damit, daß man ihn ja hier nicht kenne, und nimmt, in ſeinem em- barras, des dazu gekommenen Dorval’s Einladung zu einem dejeuner fogleich an, welches auch bald darauf auf dem Theater ſtatt findet. Im Anfang bleibt Martin ſehr mäßig, die Trüffel und Delikateſ- ſen tentiren ihn jedoch zuletzt, et puis, il faut abso- lument les arroser d’un peu de Champagne. Nach vielem Nöthigen entſchließt er ſich endlich, immer noch moraliſirend, ein Glas à la vertû zu trinken.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/353>, abgerufen am 22.11.2024.