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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

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bieten, ferner, daß ihn fast immer Wald, Felsen oder
Wiesen, durch Gebäude belebt, selten nur Felder und
bebaute Fluren begränzen, denn diese letztern sind
zwar eine nützliche Sache, aber nicht malerisch. Die
vielen und kühnen Krümmungen machen, daß auch
die Ufer sich unaufhörlich verschieben, und so aus
denselben Gegenständen hundert verschiedne Schön-
heiten sich entfalten, wie die Stimme, nach mehreren
Seiten gewandt, ein vielfaches Echo hervorruft. Bei-
läufig gesagt, ist dies auch der Hauptgrund, warum
Landschaftsgärtner gekrümmte Wege den graden vor-
zogen. Diesen Gedanken hatten die Maler; nur
die Pinsel machten gewundene Korkzieher daraus,
indem sie glaubten, daß ihre imaginaire Schönheits-
linie, nicht die verschiedene Ansicht der Land-
schaft
, damit bezweckt werde.

Da die Gegenstände, die sich den River Wye ent-
lang darbieten, fast immer nur Wenige in großen
Massen sind, so bilden sie schöne Gemälde, weil
Gemälde eine kürzere Abgränzung verlangen. Die
Natur schafft nach einem Maaßstabe, den wir, in
seinem Totaleffekt, gar nicht beurtheilen können, dessen
höchste Harmonie uns daher verloren gehen muß
-- die Kunst also strebt darnach, nur einen Theil
derselben als ein für Menschen verständliches Ganze
idealisch zu formen, und dies ist meines Erachtens
nach, die auch der Landschaftsgärtnerei zum Grunde
liegende Idee. Doch die Natur selbst bietet für die-
sen Zweck oft schon einzeln vollendete Muster dar,

bieten, ferner, daß ihn faſt immer Wald, Felſen oder
Wieſen, durch Gebäude belebt, ſelten nur Felder und
bebaute Fluren begränzen, denn dieſe letztern ſind
zwar eine nützliche Sache, aber nicht maleriſch. Die
vielen und kühnen Krümmungen machen, daß auch
die Ufer ſich unaufhörlich verſchieben, und ſo aus
denſelben Gegenſtänden hundert verſchiedne Schön-
heiten ſich entfalten, wie die Stimme, nach mehreren
Seiten gewandt, ein vielfaches Echo hervorruft. Bei-
läufig geſagt, iſt dies auch der Hauptgrund, warum
Landſchaftsgärtner gekrümmte Wege den graden vor-
zogen. Dieſen Gedanken hatten die Maler; nur
die Pinſel machten gewundene Korkzieher daraus,
indem ſie glaubten, daß ihre imaginaire Schönheits-
linie, nicht die verſchiedene Anſicht der Land-
ſchaft
, damit bezweckt werde.

Da die Gegenſtände, die ſich den River Wye ent-
lang darbieten, faſt immer nur Wenige in großen
Maſſen ſind, ſo bilden ſie ſchöne Gemälde, weil
Gemälde eine kürzere Abgränzung verlangen. Die
Natur ſchafft nach einem Maaßſtabe, den wir, in
ſeinem Totaleffekt, gar nicht beurtheilen können, deſſen
höchſte Harmonie uns daher verloren gehen muß
— die Kunſt alſo ſtrebt darnach, nur einen Theil
derſelben als ein für Menſchen verſtändliches Ganze
idealiſch zu formen, und dies iſt meines Erachtens
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[264/0286] bieten, ferner, daß ihn faſt immer Wald, Felſen oder Wieſen, durch Gebäude belebt, ſelten nur Felder und bebaute Fluren begränzen, denn dieſe letztern ſind zwar eine nützliche Sache, aber nicht maleriſch. Die vielen und kühnen Krümmungen machen, daß auch die Ufer ſich unaufhörlich verſchieben, und ſo aus denſelben Gegenſtänden hundert verſchiedne Schön- heiten ſich entfalten, wie die Stimme, nach mehreren Seiten gewandt, ein vielfaches Echo hervorruft. Bei- läufig geſagt, iſt dies auch der Hauptgrund, warum Landſchaftsgärtner gekrümmte Wege den graden vor- zogen. Dieſen Gedanken hatten die Maler; nur die Pinſel machten gewundene Korkzieher daraus, indem ſie glaubten, daß ihre imaginaire Schönheits- linie, nicht die verſchiedene Anſicht der Land- ſchaft, damit bezweckt werde. Da die Gegenſtände, die ſich den River Wye ent- lang darbieten, faſt immer nur Wenige in großen Maſſen ſind, ſo bilden ſie ſchöne Gemälde, weil Gemälde eine kürzere Abgränzung verlangen. Die Natur ſchafft nach einem Maaßſtabe, den wir, in ſeinem Totaleffekt, gar nicht beurtheilen können, deſſen höchſte Harmonie uns daher verloren gehen muß — die Kunſt alſo ſtrebt darnach, nur einen Theil derſelben als ein für Menſchen verſtändliches Ganze idealiſch zu formen, und dies iſt meines Erachtens nach, die auch der Landſchaftsgärtnerei zum Grunde liegende Idee. Doch die Natur ſelbſt bietet für die- ſen Zweck oft ſchon einzeln vollendete Muſter dar,

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/286>, abgerufen am 25.11.2024.